STANDORTinfo für Schleswig-Holstein

Barmer macht Vorschläge zur Weiterentwicklung der stationären Versorgungsstrukturen und der Krankenhausfinanzierung

Lesedauer unter 4 Minuten

Chart mit Text Reformvorschläge für eine Weiterentwicklung der stationären Versorgungsstrukturen und der Krankenhausfinanzierung

Die stationäre Versorgung in Deutschland ist durch ein umfangreiches, ausdifferenziertes und ortsnahes Versorgungsangebot geprägt. Dabei zeigen sich jedoch strukturelle Probleme. Aufgrund der hohen Krankenhausdichte konkurrieren die Krankenhäuser sowohl um Personal als auch um Betriebs- und Investitionsmittel. Andererseits fehlt vielen kleinen Krankenhäusern die nötige technische und personelle Ausstattung und Routine, um lebensbedrohliche Notfälle oder bestimmte planbare Leistungen adäquat behandeln zu können.

Die Krankenhausplanung der Bundesländer hat sich in diesem Zusammenhang als zu undifferenziert erwiesen. Bestehende Strukturen werden fortgeschrieben, es fehlen klare Versorgungsaufträge an die Krankenhäuser. Das Leistungsangebot der Kliniken wird aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und nicht mit Blick auf den tatsächlichen Versorgungsbedarf festgelegt. Es kommt zu Mengenausweitungen bei den stationären Leistungen, ohne dass sich diese mit der Morbidität der Bevölkerung erklären ließen. Gleichzeitig beklagen kleine wie große Krankenhäuser, dass die unterschiedlichen regionalen Kostenstrukturen nicht berücksichtigt werden und ihre Vorhaltekosten unzureichend refinanziert seien.

Hinzu kommt, dass die Fördermittel der Bundesländer bereits seit Langem den Investitionsbedarf der Kliniken nicht mehr abdecken. Dies hat zur Folge, dass in großem Umfang die Mittel der Krankenkassen für die Patientenversorgung für die Refinanzierung notwendiger Investitionen zweckentfremdet werden.

Barmer-Konzept für Reform der Krankenhausstruktur

Die Barmer spricht sich für eine zügige Qualitätsoffensive in der Krankenhausversorgung nach der Regierungsbildung aus. Wie die erforderlichen Schritte aussehen könnten, hat die BARMER in einem Konzept beschrieben. Zentrale Elemente sind eine neue Versorgungsplanung mit einem Stufenkonzept, mehr Konzentration in der Krankenhausversorgung und ein weiterentwickeltes Vergütungssystem. Bei einer derartigen Neuordnung der Krankenhauslandschaft steht nicht die Anzahl der Kliniken oder deren Reduktion im Fokus, sondern die Qualität der Versorgung und die Patientensicherheit. Nur solche Krankenhäuser sollten Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen behandeln, die über die entsprechende technische und personelle Ausstattung verfügen. Notwendig ist daher eine Konzentration von Leistungen: Insbesondere die Behandlung von seltenen und schweren Erkrankungen sowie die Durchführung von komplexen Eingriffen sollten an ausgewählten Standorten mit entsprechender Spezialisierung konzentriert werden.

Planung nach Versorgungsstufen für mehr Sicherheit und Qualität

Das Konzept der Barmer sieht in einem ersten Schritt eine Reform der bisherigen Krankenhausplanung vor, basierend auf drei Versorgungsstufen. Demnach sollte es weiterhin ausreichend Kliniken geben, die die wohnortnahe Grund- und Regelversorgung abdeckten. Leistungen der Grundversorgung können beispielsweise in intersektoralen Gesundheitszentren erbracht werden, während Maximal- und Spezialversorger komplexere Behandlungen und Eingriffe vornähmen. Forschungsorientierte Kompetenzzentren sollten komplizierte und seltene Erkrankungen behandeln. Darüber hinaus müssten Instrumente zur Qualitätssicherung stärker in den Mittelpunkt rücken. Die Einhaltung von bestehenden Mindestmengen ohne Ausnahmen sollte in Krankenhäusern verpflichtend werden, damit medizinische Eingriffe nur dort stattfinden, wo Behandlungsteams über die erforderliche Erfahrung verfügen und die Abläufe eingespielt sind. Dies würde zu einer Spezialisierung der Krankenhäuser führen und wäre ein enormes Plus an Sicherheit im Sinne der Patientinnen und Patienten. Erfahrung und Routine sind und bleiben die entscheidenden Schlüssel für mehr Qualität im Krankenhaus und bessere Behandlungsergebnisse. Neben den Regelungen zu Mindestmengen müssten weitere verbindliche Anforderungen an die Struktur-und Prozessqualität festgelegt werden. Leistungen sollten grundsätzlich nur dann vergütet werden, wenn Mindestanforderungen an Strukturen und Prozesse eingehalten würden. Krankenhäuser, die Leistungen erbringen, ohne etwa eine festgelegte Mindestmenge zu erreichen, dürften künftig keine Vergütung mehr dafür erhalten.

Krankenhausvergütung weiterentwickeln

Das Barmer-Konzept plädiert zudem für eine Reform der Krankenhausvergütung. Die Bezahlung nach Fallpauschalen habe sich grundsätzlich bewährt, allerdings müssten auch sie weiterentwickelt werden. Die Pauschalen sollten künftig nach Versorgungsstufen differenziert werden. Dies würde auch den Anreiz zu mehr Qualität in den Krankenhäusern stärken. Zielgenauere Fallpauschalen seien aber nur ein erster Schritt. „Um die Grenzen zwischen dem ambulanten und dem stationären Bereich zu überwinden, benötigen wir perspektivisch ein sektorenübergreifendes Vergütungssystem. Dieses sollte Anreize zur Ambulantisierung stationärer Leistungen mit vertragsärztlicher Leistungserbringung, zu sektorenübergreifender Kooperation und zu bedarfszentrierter Patientenorientierung setzen“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein. Ein Ausgangspunkt dafür könne die Überarbeitung und deutliche Ausweitung des Katalogs für Ambulante Operationen in Richtung auf einen Katalog ambulanter Leistungen sein. Die erweiterten ambulanten Behandlungsmöglichkeiten könnten somit noch stärker genutzt und ausgebaut werden, gemäß dem Grundsatz „ambulant vor stationär“.

Mehr Mittel zur Finanzierung der Investitionskosten

Darüber hinaus gibt es auch Handlungsbedarf bei den Investitionskosten im Krankenhausbereich. Weil die Bundesländer ihren Verpflichtungen nicht ausreichend nachkommen, müssen die Kliniken ihre laufenden Betriebsmittel verstärkt zweckentfremden. Das Barmer-Konzept fordert daher eine deutliche Anhebung der Mittel zur Finanzierung von Investitionen, an der sich neben dem Bund auch die Krankenkassen beteiligen könnten. Dafür müssten sie ein Mitwirkungsrecht bei der Krankenhausplanung bekommen. „Eine neue Bundesregierung sollte den Umbau der Krankenhauslandschaft zügig in Angriff nehmen. Je schneller, desto besser“, sagt Hillebrandt.

Eine solche Anpassung der Krankenhauslandschaft bildete die Grundlage für eine Weiterentwicklung des DRG-Vergütungssystems, das sich als Finanzierungsinstrument aufgrund seiner Leistungsorientierung grundsätzlich bewährt hätte. Dabei sollten zuerst die Pflegekosten in die DRG wiedereingegliedert werden. Denn die Ausgliederung setze Fehlanreize, da sie zur teilweisen Wiedereinführung des Selbstkostendeckungsprinzips geführt hätte.

Fazit

Die Pandemie bestätigt die Notwendigkeit einer Reform hin zu mehr Konzentration, Kooperation und Spezialisierung. Was in der Krise deutlich wird, gilt auch in normalen Zeiten. Nur solche Krankenhäuser sollten Patientinnen und Patienten behandeln, die über die entsprechende technische Ausstattung und personelle Expertise verfügen. Für gute Behandlungsergebnisse ist nicht die Nähe, sondern die Ausstattung der Krankenhausstandorte ausschlaggebend.

Zwingende Voraussetzung für eine Neuordnung der Krankenhauslandschaft ist eine klare Rollenverteilung zwischen Bund, Land und Kostenträgern. Den Kompetenzen und Finanzierungsverantwortungen im Krankenhaussektor liegt bislang kein ordnungspolitisch stringentes Konzept zugrunde, dies haben die Erkenntnisse der Corona-Pandemie noch einmal deutlich gezeigt.