Die Umsetzung der Gesundheitsförderung an Hochschulen in Deutschland braucht mehr Unterstützung. Nötig sind dafür vor allem klare politische Signale. So sollte Gesundheitsförderung dazu in den Hochschulgesetzen der Länder verankert werden. Notwendig ist zudem eine einheitliche fachliche Qualifizierung der Beauftragten für Gesundheitsförderung an Hochschulen. Zu diesem Fazit kommen die Autorinnen und Autoren der Publikation „Gesundheitsförderung an deutschen Hochschulen“. Die von der Barmer geförderte Publikation fasst Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zur aktuellen Situation und daraus resultierende Herausforderungen für die Förderung der Gesundheit von Studierenden und des wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Personals zusammen.
Gesundheitsförderung als Teil des Managementprozesses
Die Untersuchung zeigt, dass Gesundheitsförderung zwar ein Thema an den Hochschulen ist, jedoch weiter vorangetrieben werden sollte. Die aktuellen Angebote richten sich mit 32 Prozent vor allem an die Beschäftigten der Hochschulverwaltung und zu 24 Prozent an die Lehrenden. An Studierende richteten sich zum Erhebungszeitpunkt vor über zwei Jahren nur 13 Prozent der Angebote. Studentinnen und Studenten sind jedoch mit bundesweit rund 2,8 Millionen die weitaus größte Gruppe in den Hochschulen. Zugleich zeigen verschiedene Untersuchungen, so auch Ergebnisse der Versorgungsforschung der Barmer, dass ein Teil der Studierenden gesundheitlich teils erheblich belastet ist. Gesundheitsförderung muss nach Ansicht der Herausgeberinnen und Herausgeber ein systematisch eingebundenes Querschnittsthema werden, wovon die Hochschulen jedoch noch weit entfernt sind.
Beispiel Kopfschmerzen – Ein von der Barmer gefördertes Pilotprojekt soll den Studierenden helfen
Deutschlands akademischem Nachwuchs machen Kopfschmerzen stark zu schaffen. Insgesamt leiden rund 64 Prozent der Studierenden darunter. Fast jeder Dritte der Betroffenen ist durch Kopfschmerzen sehr schwer beeinträchtigt. Durchschnittlich 2,4 Arbeitstage an der Hochschule gehen ihnen dadurch monatlich verloren. Bei Studierenden mit Migräne sind es sogar 2,7 Arbeitstage. Dies geht aus einer repräsentativen wissenschaftlichen Befragung für das Pilotprojekt ‚KopfHoch‘ hervor.
Partnerschaftliche Kooperation
Das Pilotprojekt soll Studierenden sowie Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeitern dabei helfen, Kopfschmerzen effektiv und nachhaltig vorzubeugen. Entwickelt wurde ‚KopfHoch‘ von der ZIES gGmbH (Frankfurt am Main) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel als wissenschaftlichem Leiter und der Barmer als kooperierender Krankenkasse. Als Partnerhochschulen konnten bislang die Technische Universität Dresden, die Humboldt-Universität zu Berlin und die Fachhochschule Kiel gewonnen werden. „Das Projekt ‚KopfHoch‘ ist für mich ein gutes Beispiel für das partnerschaftliche Zusammenwirken von Hochschulen, Medizin und Krankenversicherung. So kann konkreten gesundheitlichen Problemen gemeinsam entgegengetreten werden. Dass fast 75 Prozent der Studentinnen und fast 57 Prozent der Studenten unter Kopfschmerzen leiden, unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf“, erläutert Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer für Schleswig-Holstein.
Schmerzmittel ohne ärztlichen Rat
Rund 62 Prozent der Studierenden leiden unter Migräne, gut 35 Prozent unter Kopfschmerz vom Spannungstyp und drei Prozent unter sogenanntem Medikamentenübergebrauchskopfschmerz. Doch gerade einmal 25,7 Prozent kennen ihren Kopfschmerztyp. „Die Vorbeugung von Kopfschmerzen beginnt mit dem Verstehen der Erkrankung und ihrer Erscheinungsweisen. Das Projekt ‚KopfHoch‘ setzt genau hier an“, erklärt Prof. Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel. Symptomatisch für das fehlende Problembewusstsein ist auch ein unreflektierter Umgang mit Kopfschmerzmedikamenten: Von denen, die ihr Leiden mit Schmerzmitteln bekämpfen, nehmen diese über 90 Prozent ohne ärztliche Verordnung ein.
Präventionskampagne vermittelt Wissen
Herzstück des Projekts ist die innovative Präventionskampagne „Headache Hurts“, mit der Studierende für das Thema sensibilisiert werden sollen. Nach dem Prinzip Wissen – Verstehen – Handeln werden das grundlegende medizinische Wissen sowie die wichtigsten Do‘s and Dont's der Kopfschmerzprävention vermittelt. Neben einer kompakten Informationsbroschüre gibt es eine Website mit weiterführenden und vertiefenden Inhalten, einen sechsminütigen Film sowie eine als Medizinprodukt zertifizierte App. Die Materialien zeichnen sich durch eine zeitgenössisch-markante Bildsprache aus, die der Kampagne breite Aufmerksamkeit sichern soll.
Enge Zusammenarbeit mit den Hochschulen
„Unser Pilotprojekt bietet die Chance, das Thema Kopfschmerzprävention in den Köpfen der jungen Generation zu verankern und kopfschmerzbedingten Arbeitsausfall im Studium sowie im späteren Berufsleben erheblich zu verringern“, erläutert Karin Frisch von der ZIES gGmbH das Ziel der Kampagne. Besonders wichtig ist den Initiatoren die enge Zusammenarbeit mit den Partnerhochschulen. In repräsentativ besetzten Expertenrunden wird ein kontinuierlicher Austausch gepflegt und gemeinsam erörtert, wie das Programm an den spezifischen Bedarf der jeweiligen Hochschule angepasst werden kann.
Neben dem Präventionsprogramm für Studierende gibt es auch ein Programm für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulen.