STANDORTinfo für Schleswig-Holstein

Barmer GEK Expertenforum Krankenhaus

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Wer sich im Gesundheitssystem auskennt, weiß, worauf es im Falle einer planbaren Krankenhausbehandlung ankommt. Er recherchiert, welche Klinik die meiste Erfahrung bei dem betreffenden Krankheitsbild besitzt und damit die beste Qualität bietet. Dorthin wird er sich begeben. Für den „Normal-Bürger“ gibt es die einschlägigen Informationsmöglichkeiten, doch häufig wollen Patienten noch wohnortnah versorgt werden. Und das qualitativ hochwertig - nicht nur in Notfällen, sondern auch bei planbaren stationären Eingriffen. Selbst für die Politik ist die wohnortnahe Versorgung ein wichtiges Ziel, das jedoch häufig mit der Wirtschaftlichkeit kollidiert.

Spezialisierung und Zentralisierung

Vor diesem Hintergrund stand das Thema „Spezialisierung und Zentralisierung“ im Mittelpunkt des Barmer GEK Expertenforum Krankenhaus am 6. Dezember 2016 im Kieler Hotel Atlantic. Schleswig-Holsteins Barmer GEK Landesgeschäftsführer Thomas Wortmann begrüßte dazu rund 40 Fachleute aus Kliniken und Politik. Grundlage der Diskussionen war der aktuelle Faktencheck Gesundheit zur Krankenhausstruktur, herausgegeben von der Bertelsmann Stiftung. Ergebnis: Eine Spezialisierung der Kliniken erhöht deren Behandlungsqualität, ohne die wohnortnahe Versorgung zu gefährden.

Die wichtigsten Ergebnisse

"Eine hohe Behandlungsqualität hängt nicht zuletzt von der Ausstattung der Kliniken und der Erfahrung ihrer Mitarbeiter ab. Wird in einer Klinik oder von einem Operateur eine Behandlung häufig durchgeführt, steigt in der Regel die Qualität", erläuterte Dr. Jan Böcken, Senior Project Manager der Bertelsmann Stiftung. Dass dies nicht nur eine landläufige Meinung sei, habe einmal mehr der Faktencheck Krankenhausstruktur der Bertelsmann Stiftung aufgezeigt. Böcken fasste in seinem Vortrag die wesentlichen Essentials zusammen:

  • In Deutschland wird zu oft in wenig spezialisierten Krankenhäusern operiert
  • Die Qualität ist besser in Kliniken, die viele gleichartige Behandlungen durchführen
  • Die Konzentration von planbaren Eingriffen in spezialisierten Krankenhäusern verlängert die Fahrzeiten der Patienten in der Regel nur geringfügig
  • Die Vorteile der Spezialisierung dürfen nicht durch wirtschaftlich motivierte Fallzahlerhöhungen konterkariert werden

Daraus leitete er folgende Handlungsempfehlungen ab:

  • Qualitätsberichte verständlich machen
  • Zertifikate-Dschungel beseitigen
  • Qualitätskriterien verbindlich in die Krankenhausplanung einführen
  • Festlegung von Mindestmengen erleichtern und überwachen
  • Regionale Kooperationen für komplexe Eingriffe schaffen

Viele Kliniken und Klinikbetten

Die Zahl der Krankenhäuser und auch der Krankenhausbetten ist in Deutschland im internationalen Vergleich hoch. Dies hat zur Konsequenz, dass häufig in kleinen und nicht spezialisierten Kliniken operiert wird und viele Kliniken nur vergleichsweise geringe Fallzahlen aufweisen. Beispiel Hüft-Totalendoprothesen: Fast 229.000 Hüft-TEP Operationen wurden 2014 in Deutschland vorgenommen. In 176 Kliniken wurden weniger als 30 neue Hüften eingesetzt, in 311 Kliniken weniger als 50. Beispiel Prostata-Entfernungen: 43 Kliniken machten dies seltener als fünfmal im Jahr. Sowohl bei Hüft-TEP’s als auch bei Prostata-Entfernungen warten auch Kliniken in Schleswig-Holstein mit nur geringen Fallzahlen auf.

Dies sind nur einige Beispiele dafür, warum der Weg zu mehr Spezialisierung und größeren Behandlungsmengen bei planbaren Eingriffen im Sinne der Patienten konsequent eingeschlagen werden sollte. "Die Analysen der Bertelsmann Stiftung haben Defizite in der heutigen Struktur der deutschen Krankenhauslandschaft aufgezeigt. Da diese nicht gänzlich unbekannt sind, sollte es ein ‘weiter so‘ aber nicht geben", fordert Barmer GEK Chef Wortmann zum Umdenken und Handeln auf.

Politisches Ziel: Qualität

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hatte in seinem Statement zum Krankenhausstrukturgesetz die politische Ausrichtung deutlich gemacht: Eine gut erreichbare Versorgung vor Ort und eine hohe Qualität durch Spezialisierung. Ziel des Gesetzes ist eine klar gestufte, qualitätsorientierte und zukunftsfähige Versorgungslandschaft. "Krankenhäuser, Politik und Krankenkassen sollten es sich zur Aufgabe machen, den Bürgern und Versicherten gemeinsam und vor allem verständlich darzulegen, dass etwas weitere Wege zu einer spezialisierten Klinik mit einem Plus an Behandlungs- und damit auch an Lebensqualität verbunden sind", plädierte Wortmann zum Abschluss der Expertenrunde.

Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung zur Krankenhausstruktur: www.faktencheck-gesundheit.de