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Barmer-Zahnreport – Zu viel Kieferorthopädie bei Mädchen?

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Kiel, 22. Juli 2024 – Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein werden kieferorthopädisch behandelt. Das belegt eine Analyse im aktuellen Barmer-Zahnreport. Demnach erhielten unter den Heranwachsenden im Land 55,7 Prozent eine entsprechende Behandlung auf Kassenkosten (Bund: 54,7 Prozent). Für die Analyse im Zahnreport wurden erstmalig Daten von bundesweit mehr als 50.000 Achtjährigen über einen Zeitraum von zehn Jahren, also bis zum 17. Lebensjahr, ausgewertet. „Unsere Auswertung legt den Schluss nahe, dass Mädchen in Schleswig-Holstein möglicherweise zu häufig kieferorthopädisch behandelt werden. Schönheitsideale, Gruppendruck und elterliche Fürsorge sind mögliche Gründe dafür, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Mädchen häufiger nachgefragt und behandelt werden als bei Jungen“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein. Es sei kein gutes Signal, wenn dahingehend ein gewisser Erwartungsdruck an Mädchen und junge Frauen entstehe. So falle die Inanspruchnahme bei Mädchen in allen Bundesländern konstant rund zehn Prozentpunkte höher aus als bei Jungen. In Schleswig-Holstein bekämen 60,6 Prozent aller Mädchen und 49,8 Prozent aller Jungen eine entsprechende Behandlung.

Hohe Behandlungsraten in Kiel und im Landkreis Segeberg

Der Analyse des Zahnreports zufolge gab es vor allem in den südlichen Bundesländern eine hohe Inanspruchnahme von Kieferorthopädie. Im Norden fällt diese eher geringer aus. Ausnahmen sind Hamburg (55,2 Prozent) und Schleswig-Holstein (55,7 Prozent). Den größten Anteil kieferorthopädisch behandelter Kinder und Jugendlicher haben Baden-Württemberg und Bayern mit 57,3 beziehungsweise 59,7 Prozent. Die niedrigsten Raten gab es in Bremen (45,9 Prozent) und Niedersachsen (47,5 Prozent). Auch innerhalb Schleswig-Holsteins variiert die Inanspruchnahme von kieferorthopädischen Behandlungen. Die höchsten Raten gab es demnach in Kiel und im Landkreis Segeberg (jeweils rund 57 Prozent), die geringste in Flensburg (rund 51 Prozent). Mit Kieferanomalien und Zahnfehlstellungen allein seien diese regionalen Unterschiede nicht erklärbar, sagt Hillebrandt. Ursächlich könnten vielmehr Unterschiede bei der Bewertung einer Behandlungsbedürftigkeit nach den Kriterien der gesetzlichen Krankenversicherung sein.

Kieferorthopädische Versorgung in Schleswig-Holstein genau dort, wo sie sein soll

Dem Zahnreport zufolge ist der Zugang zur kieferorthopädischen Versorgung für Kinder und Jugendliche deutschlandweit insgesamt zufriedenstellend, aber nicht in allen Bundesländern gleich gut gegeben. „Nach Umsatz geschätzt, finden in Schleswig-Holstein knapp 93 Prozent der kieferorthopädischen Behandlungen in fachzahnärztlichen Praxen für Kieferorthopädie statt, also genau dort, wo sie hingehören“, sagt Hillebrandt. Das sei ein Hinweis, dass der Zugang zur Kieferorthopädie im Land aktuell insgesamt sehr gut sei. Im Bundesdurchschnitt werden dagegen etwa 13 Prozent der kieferorthopädischen Behandlungen von allgemeinen Zahnarztpraxen ohne kieferorthopädischen Schwerpunkt erbracht. In allen ostdeutschen Flächenländern liegt dieser Anteil sogar noch über dem Bundesschnitt und beträgt dabei bis zu 19 Prozent.

Kinder in Schleswig-Holstein zu selten bei der Vorsorge in der Zahnarztpraxis

Neben der kieferorthopädischen nehme die Analyse im Zahnreport auch die zahnmedizinische Versorgung von Heranwachsenden in den Blick. Demnach seien Kinder und Jugendliche im Land zu selten bei Früherkennungsuntersuchungen in der Zahnarztpraxis. Vor allem im Kleinkindalter finde noch zu wenig Vorsorge statt. Lediglich ein Drittel der Kinder bis zum Ende des vierten Lebensjahrs (36,4 Prozent) wäre bei einer entsprechenden Untersuchung gewesen. „Prophylaxe ist wichtig, um Zahn- und Kieferkrankheiten möglichst frühzeitig zu entdecken und behandeln zu lassen“, so Barmer-Landeschef Hillebrandt. Er rate Eltern, mit ihren Kindern diese Prophylaxe-Untersuchungen regelmäßig wahrzunehmen. Bestenfalls sollte der Besuch in der Zahnarztpraxis mit dem Durchbruch des ersten Milchzahns zur Routine werden.

Hintergründe zum Barmer-Zahnreport

Für den Barmer-Zahnreport wurden Abrechnungsdaten von Achtjährigen eines Jahrgangs bis zu einem Alter von 17 Jahren über einen Zeitraum von zehn Jahren wissenschaftlich analysiert. Darunter die Daten von rund 2.500 Heranwachsenden aus Schleswig-Holstein „Der Wert unserer Ergebnisse liegt vor allem darin, dass wir nun erstmals derart valide Daten zum Anteil kieferorthopädisch behandelter Kinder und Jugendlicher zur Verfügung haben. Diese Zahlen fehlten bisher“, sagt Report-Autor Prof. Dr. Michael Walter von der Technischen Universität Dresden. 

Service für Redaktionen

Zusätzliche Informationen zu allgemeinen zahnärztlichen Versorgungsdaten des Zahnreports finden Interessierte unter https://www.bifg.de/reporte/zahnreport-2024.

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