Kiel, 23. Juli 2020 – Ein Drittel der Zwölfjährigen in Schleswig-Holstein hat bereits Karies im bleibenden Gebiss. Das geht aus dem aktuellen Barmer-Zahnreport hervor. Demnach wurde im Jahr 2018 bereits bei 32,4 Prozent der Zwölfjährigen, also rund 26.000 Kindern in Schleswig-Holstein, Karies behandelt. „Zahnpflege darf nicht erst im bleibenden Gebiss beginnen, sondern sollte schon bei den Milchzähnen zur täglichen Routine gehören. Dass hier offenbar deutliche Defizite bestehen, zeigt unser Zahnreport sehr eindrücklich. Das beste Mittel gegen Karies bleibt die Prävention. Dazu gehören neben der täglichen Zahnhygiene wie Zähneputzen auch die regelmäßigen Zahnarztbesuche und die Individualprophylaxe“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein.
Karies im Milchgebiss weit verbreitet
Wie aus dem Zahnreport weiter hervorgeht, haben Kinder oftmals bereits im Milchgebiss Karies. 54 Prozent der Zehnjährigen in Deutschland haben hier schon eine Kariesbehandlung benötigt. Diese Zahlen seien nicht nur aufgrund der Quantität alarmierend. „Wer schon im Milchgebiss Karies hat, wird oft auch Karies und Folgeschäden im bleibenden Gebiss haben. Nicht zuletzt verursacht auch die Milchzahnkaries zum Teil starke Schmerzen und führt dann zu psychischer Belastung von Kindern und Eltern“, sagt Hillebrandt. Um frühkindlichen Karies zu vermeiden, sollte die erste Früherkennungsuntersuchung bereits mit Durchbruch der ersten Milchzähne erfolgen. „Kleinkinder müssen bereits vom ersten Milchzahn an gut versorgt werden. Nur so können Karies und andere Zahnerkrankungen konsequent verhindert werden“, so Hillebrandt.
Früherkennung stärker nutzen
Wie der Zahnreport weiter zeigt, wurde die Früherkennung in Schleswig-Holstein unterdurchschnittlich wahrgenommen. Nur etwas mehr als jedes dritte Kleinkind unter 2,5 Jahren (36 Prozent) wurde von seinen Eltern beim Zahnarzt vorgestellt. Zwischen zweieinhalb und sechs Jahren sinkt die Quote sogar auf 31,6 Prozent. „Mit dem ersten Zahn sollte der erste Zahnarztbesuch einhergehen. So können Eltern die Früherkennungsuntersuchung als Chance nutzen, eine natürliche Beziehung zwischen ihren Kindern und dem Zahnarzt aufzubauen. Damit der erste Zahnarztbesuch bei Kindern in positiver Erinnerung bleibt, sollte er nicht erst bei Zahnschmerzen erfolgen“, sagt Hillebrandt.
15 Prozent der unter Sechsjährigen ohne Zahnarztkontakt
Der Anteil der Kinder, die über einen Zeitraum von sechs Jahren überhaupt keinen Kontakt zu einem Zahnarzt gehabt hätten, sei erstaunlich hoch. Bei den Kindern unter sechs Jahren seien es sogar mehr als 15 Prozent. Von den rund 150.000 unter Sechsjährigen in Schleswig-Holstein seien damit hochgerechnet 22.500 noch nie beim Zahnarzt gewesen. In den mittleren Altersgruppen sind es immerhin noch knapp zehn Prozent, die innerhalb von sechs Jahren keinen Zahnarzt besucht haben. Dieser Anteil steigt bei den 12- bis 17-Jährigen auf zwölf Prozent.
12-Jährige im Herzogtum Lauenburg haben meiste Karies-Erfahrung
Der Barmer-Zahnreport zeigt auch deutliche regionale Unterschiede in Schleswig-Holstein auf. So wird am häufigsten im Landkreis Herzogtum Lauenburg (34,4 Prozent) bei den Zwölfjährigen gebohrt und gezogen, am seltensten in Nordfriesland (29 Prozent). Die Ursachen dieser regionalen Besonderheiten sind unklar. „Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich, auch im Hinblick auf mögliche regionale Unterschiede bei der Präventionsarbeit in Kitas und Schulen“, sagt Hillebrandt.
Prävention stärker bei Karies-Risikogruppe ansetzen
Laut Barmer-Zahnreport gibt es offenbar einen Zusammenhang zwischen dem Therapiebedarf der Heranwachsenden unter 18 Jahre und dem Einkommen von Vater oder Mutter. Dies lege eine Analyse von bei der Barmer versicherten Eltern nahe. Je geringer deren Einkommen sei, desto häufiger seien auch die Therapieleistungen bei Heranwachsenden. Daher müssen wir allen voran diese Karies-Risikogruppe erreichen. Gerade bei ihnen ist unter anderem eine gute Mundhygiene besonders wichtig. Dazu gehört neben gründlichem Zähneputzen und dem Einsatz von Zahnseide auch der regelmäßige Kontrollbesuch beim Zahnarzt.
Karies konzentriert sich auf weniger Betroffene
In Industrie- und Schwellenländern gibt es bei der Karies eine zunehmende Polarisierung. Diesen Effekt stellt der Barmer-Zahnreport auch in Deutschland fest. „Wenige Kinder und Jugendliche haben besonders viel Karies. Wir müssen den Präventions-Fokus stärker auf diese Risikogruppe legen“, sagt Hillebrandt. Das zeigt sich eindrucksvoll, wenn man in der Gruppe der unter 18-Jährigen die zehn Prozent betrachtet, die die meisten Therapiekosten benötigen. Im Jahr 2010 zogen sie 78,7 Prozent der Therapiekosten auf sich, während es im Jahr 2018 bereits 85,2 Prozent waren.