Kiel, 27. September 2024 – Drehen, Schwanken, Gleichgewichtsverlust: Im Jahr 2023 wurde bei rund 4,8 Prozent der Bevölkerung in Schleswig-Holstein, das entspricht etwa 141.000 Personen, die Diagnose Schwindel gestellt. Dies markiert einen Anstieg von rund 41 Prozent im Vergleich zu 2012, als nur rund 3,4 Prozent der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner entsprechend diagnostiziert wurden. Das zeigt eine Auswertung des aktuellen Barmer-Arztreports. „Schwindel ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein sogenanntes multisensorisches Syndrom, das auf einer gestörten Wahrnehmung verschiedener Sinne beruht. Die Ursachen können vielfältig sein. Wer häufig unter starkem Schwindel leidet, sollte unbedingt eine Arztpraxis aufsuchen, um ernsthafte Erkrankungen wie Nervenentzündungen auszuschließen und geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu finden“, empfiehlt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein. Häufig sei gutartiger Lagerungsschwindel die Ursache für die Beschwerden. Dieser werde von kristallinen Ablagerungen in einem der Bogengänge des Innenohrs verursacht. Diese Ablagerungen reizten die Sinneszellen und lösten den typischen Drehschwindel aus, der jedoch gut behandelbar sei.
Vor allem Ältere und Frauen betroffen
In der Altersgruppe der 70- bis 79-Jähringen sei im Jahr 2023 bei 10,4 Prozent der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner die Diagnose Schwindel gestellt worden. Bei den über 80-Jährigen Jahren habe sogar fast jeder fünfte Mensch in Schleswig-Holstein diese Diagnose erhalten. Zudem seien Frauen häufiger betroffen als Männer: Während die Diagnoserate bei Männern im Jahr 2023 bei 3,7 Prozent lag, waren es bei Frauen mit 5,8 Prozent deutlich mehr. „Schwindel, auch als Vertigo bekannt, kann Betroffene stark verunsichern, insbesondere wenn er regelmäßig im Alltag auftritt. Die Empfindungen von Dreh- oder Fallgefühlen, verbunden mit Übelkeit und Gangunsicherheit, können Ängste hervorrufen, den Anforderungen des Alltags nicht mehr gewachsen zu sein oder sich durch Stürze zu verletzen“, sagt Hillebrandt. Er rät Betroffenen daher, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Schwindelgefühle zu einer psychischen Belastung führen oder den Alltag erheblich einschränken. Eine gute erste Anlaufstelle sei die Hausarztpraxis.
Schwindel als potenzieller Ausdruck vieler Krankheiten
Rund jeder Dritte erlebt einmal im Leben einen Schwindelanfall, wobei die Anfälligkeit mit zunehmendem Alter deutlich steigt, so Hillebrandt. In den meisten Fällen bestehe jedoch kein Grund zur Sorge; der Schwindel vergehe oft so schnell, wie er gekommen ist. In einigen Fällen könne allerdings eine Erkrankung die Ursache für den Schwindel sein. Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Erkrankungen der Ohren könnten auch psychische Probleme zu Schwindel führen. Die Behandlungsmöglichkeiten seien entsprechend vielfältig und reichen von Medikamenten über Physiotherapie bis hin zu selteneren chirurgischen Eingriffen. Patientinnen und Patienten könnten die Diagnosestellung unterstützen, indem sie ihr Befinden genau beschreiben. „Der Begriff Schwindel wird im Alltag sehr unterschiedlich verwendet. Daher ist es für Betroffene wichtig, ihre Symptome so präzise wie möglich zu beschreiben. Dies erleichtert Ärztinnen und Ärzten die Diagnosestellung“, betont Hillebrandt. Sprachliche Analogien wie das Schwanken eines Schiffs, die Fahrt eines Aufzugs oder das Drehen eines Karussells könnten dabei helfen, verschiedene Krankheitsbilder zu identifizieren und voneinander abzugrenzen.
Hintergrund:
Untersucht wurde die Diagnose ICD-10 R42 „Schwindel und Taumel“. Dargestellt wird die Prävalenz der Erkrankung. Die Auswertung basiert auf Abrechnungsdaten der Barmer, die bundesweit rund 8,5 Millionen Menschen versichert, rund 360.000 davon in Schleswig-Holstein. Alle Daten wurden mittels Standardisierung und Hochrechnung an den tatsächlichen Bevölkerungsdurchschnitt angeglichen und erhalten deshalb repräsentative Aussagekraft über das Maß reiner Abrechnungsdaten hinaus.