Kiel, 29.06.2017 - Psychische Gesundheit ist eine wesentliche Grundlage für Lernen. Lehrkräfte sollten daher unterstützt werden, Anzeichen wie Trauer, Kopf- und Bauchschmerzen, Wut oder Aggressionen ihrer Schülerinnen und Schüler richtig einzuordnen. Das daraus resultierende herausfordernde Verhalten müssen Lehrkräfte verstehen, um dann pädagogisch sensibel und altersangemessen reagieren zu können.
„Psychische Auffälligkeiten und Probleme bei Schülerinnen und Schülern müssen sehr ernst genommen werden“, sagte Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Direktor des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) heute (29. Juni) bei der Begrüßung der über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachtagung "Gute Schule gestalten: psychische Gesundheit stärken ‒ zwischen Unterricht und Lebenswelt" im Sparkassen-Veranstaltungszentrum in Kiel-Mettenhof. „Psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler und auch der Lehrkräfte ist eine wesentliche Voraussetzung für gelingende Bildungsarbeit in der Schule“, so Riecke-Baulecke. Die große Resonanz auf die innerhalb weniger Tage ausgebuchte Fachtagung zeige, dass dieses erstmalig aufgegriffene Thema die Schulen beschäftige. „Psychische Probleme zeigen sich oft unspezifisch und der Umgang mit den Betroffenen wird von den Lehrkräften als herausfordernd wahrgenommen“, so Riecke-Baulecke. Hier wolle das IQSH die Lehrkräfte und Schulen unterstützen. „Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Barmer nehmen wir in Vorträgen und Workshops unterschiedliche Aspekte psychischer Gesundheit in den Blick, präsentieren die wissenschaftliche Sicht, stellen gute Ideen und Konzepte vor und benennen erste Schritte für eine Umsetzung an Schulen. So soll zum neuen Schuljahr mit dem Programm "MindMatters" das bestehende Angebot im Bereich der pädagogischen Prävention ergänzt werden.
Mehr als ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen zeigt psychische Auffälligkeiten. Daraus resultieren weitreichende Beeinträchtigungen im familiären, schulischen und sozialen Umfeld. Auch Lehrkräfte sind damit massiv belastet. Zudem bestehen psychische Probleme vielfach bis ins Erwachsenenalter fort. Vor diesem Hintergrund engagiert sich die Barmer intensiv zur Förderung der psychischen Gesundheit in der Schule. „Unser Ziel ist es, die psychische Gesundheit von Schülern und Lehrkräften zu stärken und ein gutes Schulklima zu entwickeln. Hierzu fördern wir beispielsweise das Präventionsprogramm ‘MindMatters‘, mit dem Lehrkräfte die entsprechenden Konzepte und Kompetenzen erhalten: Zum Umgang mit psychischen Auffälligkeiten und Störungen der Schüler, zur Sensibilisierung für ihre eigene Gesundheit und damit zur psychischen Gesundheit in der Schule. Wir wollen zu einer guten, gesunden Schule kommen, in der ein Klima der gegenseitigen Wertschätzung herrscht und in der man gern ist“, so Ulrike Wortmann, gesundheitspolitische Referentin der Barmer in Schleswig-Holstein, auf der Fachtagung.
„Die Bedeutung der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrkräften für die Bildung wird immer noch unterschätzt“, sagte Prof. Dr. Peter Paulus von der Leuphana-Universität Lüneburg in seinem Vortrag "Psychisch gesund – so geht Schule heute". „Forschungsergebnisse zeigen aber, dass sie eine Ressource für Bildung ist und nicht noch ein weiteres Thema, das der Schule aufgebürdet wird“, so Paulus. „Die Forschung zeigt allerdings auch, dass Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Herkunftsfamilien eine erheblich höhere psychische Belastung aufweisen als Kinder aus anderen Familien. Um psychisches Leiden zu begrenzen und um einen Beitrag zur Verringerung der sozialen Ungleichheit zu leisten, sind deshalb vor allem präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen in den Schulen notwendig“, sagte Paulus. Umfassende, die Schule in ihrer Entwicklung unterstützende Konzepte seien die sinnvollsten und nachhaltig wirksamsten.
In den wissenschaftlichen Impulsvorträgen zeigten Prof. Dr. Peter Paulus von der Leuphana-Universität Lüneburg "Psychisch gesund – so geht Schule heute" und
Prof. Dr. Ulrike Johannsen von der Europa-Universität Flensburg mit "Schule als Lebenswelt praktisch gestalten – individuelle Teilhabe fördern" unterschiedliche Ansätze, wie psychische Gesundheit in der Schule gefördert werden kann. Die Workshops nahmen das System Schule in den Blick, aber auch einzelne Themen sowie die Lehrkräfte und das pädagogische Personal wie zum Beispiel "Lebenskompetenzen stärken – systemischer Blick", "Verrückt, na und? - Seelische Krisen in der Schule besprechbar machen", "Die Lehrkraft als 'sicherer personaler Ort'“.
Ergänzende Informationen zu den von der Barmer geförderten Präventionsprogrammen/-projekten "MindMatters" und "Verrückt? Na und!" finden Interessierte nebenstehend zum herunterladen. Diese und weitere Gesundheitsangebote für Schulen gibt es hier.