Auswertung der Barmer
Kiel, 11. Januar 2017 – Der Anteil von Personen, die Magensäureblocker, sogenannte Protonenpumpen-Hemmer oder Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) verordnet bekommen, ist in Schleswig-Holstein von 2011 bis 2015 von 15 auf 18 Prozent angestiegen. Dies zeigen aktuelle Auswertungen von Arzneimittel-Verordnungsdaten der Barmer. Bedenklich sind dabei vor allem hohe Steigerungsraten bei jungen Menschen. Während bei der Barmer in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen 2011 noch 7,1 Prozent der weiblichen Versicherten und 4,6 Prozent der männlichen Versicherten in Schleswig-Holstein PPI verordnet wurden, waren es 2015 über ein Drittel mehr: 9,7 Prozent der weiblichen Versicherten und 6,1 Prozent der männlichen Versicherten. „Dass jungen Menschen immer häufiger Protonenpumpen-Hemmer verordnet werden, gibt Anlass zur Sorge. Ein Grund dafür könnte womöglich sein, dass sich junge Menschen immer häufiger unter Druck fühlen, was ihnen buchstäblich auf den Magen schlägt“, erklärt Schleswig-Holsteins Barmer Landesgeschäftsführer Thomas Wortmann.
Präparate können abhängig machen
Protonenpumpen-Hemmer sind bei einem medizinisch begründeten Einsatz sehr hilfreich. Sie kommen zum Beispiel zur Anwendung, wenn die Betroffenen unter Sodbrennen leiden, eine entzündete Magenschleimhaut oder gar Geschwüre haben. Immer häufiger werden sie zudem verordnet, wenn Schmerzmittel oder über längere Zeit Cortison eingenommen werden muss. Hier verhindern PPI die drohenden Magenschmerzen. Sie reduzieren die Magensäure und sollen so dem Magen helfen, sich wieder zu regenerieren. Da die Präparate auch ohne Rezept erhältlich sind, geht Wortmann davon aus, dass deutlich mehr Menschen Protonenpumpen-Hemmer nehmen als aus den Krankenkassendaten hervorgeht.
Obwohl PPI als sichere Medikamente gelten, ist deren zunehmender Einsatz nicht unbedenklich. Immer mehr Studien deuten auf gesundheitliche Risiken durch eine dauerhafte Einnahme von Protonenpumpen-Hemmern hin. PPI können zum Beispiel das Osteoporose-Risiko erhöhen, weil der Körper Kalzium nicht mehr ohne weiteres aus der Nahrung aufnehmen kann. Studien zeigen auch eine höhere Rate an Nierenerkrankungen und Magnesiummangel unter der Einnahme von Magensäureblockern. Weil die keimtötende Wirkung der Magensäure beeinträchtigt wird, kann es auch häufiger zu Darminfektionen kommen. „Wer zu lange Magensäureblocker schluckt, kann außerdem in eine Art Teufelskreis geraten, weil der Körper sich an die Medikamente gewöhnt. Wenn die PPI dann abgesetzt werden, kann es zu einer überschießenden Magensäureproduktion kommen, die schnell zu neuen Magenschmerzen oder Sodbrennen führen kann“, so Wortmann. Die Betroffenen werden daraufhin wieder zu PPI greifen. Um unnötige Risiken zu vermeiden, sollten die Betroffenen aber bei Reizmagen-Symptomen wie Blähungen, Übelkeit oder Bauchschmerzen ohne schwere Erkrankung in Absprache mit ihrem Arzt lieber andere Präparate nehmen.
Höchste Verordnungszahlen bei betagten und hochbetagten Versicherten
Bei über 60-Jährigen zeigen die Auswertungen der Barmer, dass unabhängig vom Geschlecht mehr als jeder vierte Schleswig-Holsteiner Magensäureblocker erhält. Dies mag vor allem daran liegen, dass ältere Menschen häufig wegen anderweitiger Erkrankungen Medikamente nehmen müssen, die wiederum den Magen angreifen. Daraus resultiert der verstärkte Einsatz von PPI.