Kiel, 27. November 2018 – Zentralisierung und Spezialisierung von Kliniken führen zu einer besseren Versorgung der Patienten. Um mehr Qualität in die Krankenhausversorgung zu bringen, bedarf es auch in Schleswig-Holstein angepasster Strukturen in der Krankenhauslandschaft. Ein Beispiel dafür liefert die Barmer in ihrem Krankenhausreport 2018, für den sie Operationen an der Bauchschlagader untersucht hat. Bundesweit leiden rund 200.000 Frauen und Männer über 65 Jahren, davon etwa 7.000 in Schleswig-Holstein, an einer erweiterten Bauchschlagader, einer im schlimmsten Falle tödlichen Gefahr. Der Erfolg der Behandlung im Falle einer planbaren Operation hängt davon ab, wie und in welchem Krankenhaus operiert wird. Männer ab 65 Jahren sind deutlich häufiger betroffen als Frauen und können daher ein Screening per Ultraschall-Untersuchung nutzen, um krankhafte Erweiterungen der Bauchschlagader zu erkennen, bevor sie gefährlich werden.
Deutliche regionale Unterschiede beim Operationsverfahren
Die Analysen der Barmer zu über 65-jährigen Patienten, die an der Bauchaorta operiert wurden, offenbaren deutliche regionale Unterschiede beim Operationsverfahren. Während in Sachsen zwischen den Jahren 2014 und 2016 fast 86 Prozent der Patienten an ihrer erweiterten Bauchschlagader minimal-invasiv operiert wurden, waren es in Schleswig-Holstein 81 Prozent, in Niedersachsen aber nur gut 69 Prozent und im Saarland sogar nur 61 Prozent. „Die Analysen im Krankenhausreport zeigen, dass der minimal-invasive Eingriff mit einer geringeren Sterblichkeit einhergeht. Daher sollte diese Eingriffsart favorisiert werden, wenn die medizinischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind“, erläutert Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer für Schleswig-Holstein.
Indikator Sterblichkeitsrate fordert konsequente Qualitätskriterien
Drei Jahre nach einem planbaren Eingriff war die Sterberate um zwei Prozentpunkte geringer, wenn die Operation nicht offen-chirurgisch, sondern minimal-invasiv erfolgte. Zudem war die Sterblichkeitsrate um 2,3 Prozentpunkte geringer, wenn der minimal-invasive Eingriff in einem zertifizierten Gefäßzentrum durchgeführt wurde. Aber auch Krankenhäuser mit hohen Fallzahlen schnitten besser ab. Dort lag die Sterberate nach der Operation um 2,6 Prozentpunkte niedriger als in Häusern mit niedriger Fallzahl. „Die Versorgung von Patienten mit einer planbaren Operation an der Bauchschlagader muss besser werden. In Schleswig-Holstein haben 2016 mehr als 30 Kliniken Operationen an der Bauchaorta durchgeführt, viele davon weniger als zehn Mal. Künftig sollten die Eingriffe nur noch in zertifizierten Gefäßzentren oder Kliniken mit einer hohen Fallzahl erfolgen. Denn für diesen anspruchsvollen Eingriff sind Erfahrung und Routine nötig. Je häufiger ein Operateur einen Eingriff durchführt, umso mehr Erfahrung und Kompetenz besitzt er und kann Leben retten. Daher wäre die Einführung von Mindestmengen pro Standort und Operateur sinnvoll“, so Hillebrandt. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe bereits Anforderungen an die Qualität der Kliniken zur Behandlung von Bauchaortenaneurysmen festgelegt und sei gefragt, für Eingriffe auch Richtgrößen pro Standort und Operateur festzulegen. „Operationen sollten dann konsequent auch nur noch in solchen Krankenhäusern durchgeführt werden, die die festgelegte Menge erreichen“, ergänzt der Barmer-Landeschef. Die flächendeckende Versorgung bliebe sichergestellt, auch wenn nicht jede Klinik mit geringer Fallzahl planbare Operationen an der Bauchschlagader vornehme.
Schleswig-Holsteins Krankenhauslandschaft qualitätsorientiert strukturieren
Schon im Koalitionsvertrag des schleswig-holsteinischen Jamaika-Bündnisses wurde eine ‘zukunftsorientierte Krankenhausplanung‘ angekündigt. Ein Beispiel dafür, wie diese aussehen könnte, liefert ein Gutachten des Berliner IGES-Instituts. Im Auftrag des Landesgesundheitsministeriums wurde darin die Krankenhausversorgung im Kreis Ostholstein unter die Lupe genommen und Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen gegeben. Fazit der Gutachter: Die somatische Krankenhausversorgung sollte sowohl durch Schließung und Zusammenführung von Standorten als auch durch stärkere Schwerpunktbildung deutlich konzentriert werden. „Darüber, wo und in welchem Umfang stationäre Leistungen erbracht werden, darf ausschließlich die Qualität der medizinischen Versorgung entscheiden. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss vorgegebenen Qualitätsindikatoren müssen daher bereits bei der Krankenhausplanung des Landes konsequent berücksichtigt werden. Die daraus resultierende Spezialisierung von Krankenhäusern erhöht die Qualität der medizinischen Versorgung und ist für die Patientensicherheit mehr als nur sinnvoll. Weniger Komplikationen bei planbaren Operationen und auch weniger Todesfälle sind das Ergebnis“, erläutert Hillebrandt, dass sich auch bei den Menschen im Land für planbare Krankenhausaufenthalte die Denke vom ‘Krankenhaus um die Ecke‘ zum Krankenhaus der besten Qualität entwickeln müsse. Für die Grund- und Regelversorgung einschließlich der Akut- und Notfallversorgung bedürfe es daneben einer wohnortnahen und flächendeckenden Versorgungsstruktur. Grundlage dafür bietet das vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene gestufte System von Notfallstrukturen. Diskutiert werden sollte dabei auch die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eingebrachte Idee von ambulanten Zentren mit erweitertem Betreuungsangebot (Intersektorale Gesundheitszentren).