Barmer-Pflegereport – Zahl Pflegebedürftiger steigt stärker als angenommen

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Kiel, 7. Februar 2022 – Der Pflegenotstand in Schleswig-Holstein wird nach neuesten Hochrechnungen der Barmer brisanter als bisher angenommen. Bis zum Jahr 2030 werden rund 9.000 Pflegekräfte in Schleswig-Holstein mehr benötigt als derzeit, auch weil es dann mit insgesamt rund 196.000 Pflegebedürftigen im Land 36.000 Betroffene mehr geben wird als bisher angenommen. Das geht aus dem aktuellen Pflegereport der Barmer hervor. „Die Analysen zeigen einen alarmierenden Zukunftstrend und die Zeit drängt. Bereits heute fehlen Pflegekräfte. Es müssen rasch die Weichen für eine verlässliche und qualitativ hochwertige Pflege gestellt werden“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein. Bisherige Vorausberechnungen der Zahl der Pflegebedürftigen und des benötigten Pflegepersonals hätten ausschließlich demografieabhängige Effekte berücksichtigt. Für die Analysen der Barmer wurden, neben Lebenserwartung, Geburtenzahlen und Wanderungssalden, auch Einführungseffekte der Gesetzgebung hinzugezogen. Durch diese steige die Zahl der Anspruchsberechtigten und des benötigten Pflegepersonals zusätzlich.

Mehr Nachwuchs für die Pflege gewinnen

„Da bereits heute tausende Pflegekräfte fehlen, muss es ein zentrales Anliegen werden, den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen“, so Hillebrandt. Den Reportergebnissen zufolge fehlten in Schleswig-Holstein bis zum Jahr 2030 etwa 4.000 Pflegefachkräfte, 2.000 Pflegehilfskräfte mit Ausbildung und 3.000 Pflegehilfskräfte ohne Ausbildung. Um dem bereits bestehenden Arbeitskräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken, müsse insbesondere die Ausbildung im Fokus stehen. Mit der seit 2020 einheitlichen Pflegeausbildung und dem Wegfall des Schulgeldes seien bereits wichtige erste Schritte getan. „Es muss allerdings weiter gezielt für die Ausbildung in der Pflege geworben werden. Hier ist auch die Eigeninitiative der Einrichtungen gefragt“, sagt Hillebrandt. Eine angemessene Bezahlung sei hier nur ein Schritt. Ebenso wichtig seien bessere Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Geteilte Dienste müssten abgeschafft und der Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten eingeführt werden. Außerdem müsse mehr getan werden, um die Belastungen dieser enorm anstrengenden Arbeit abzufedern.

Pflegende Angehörige und deren Belange mitdenken

Entsprechend der laut Barmer-Pflegereport steigenden Zahl an Pflegebedürftigen wird auch die Zahl der pflegenden Angehörigen anwachsen. Schätzungen zufolge würden rund die Hälfte der pflegebedürftigen Menschen von ihren Angehörigen versorgt. Deren Zahl liege demnach in Schleswig-Holstein bei aktuell rund 65.000. „Mehr als 40 Prozent der pflegenden Angehörigen sind im erwerbsfähigen Alter. Diese Menschen sind ein unverzichtbarer Pfeiler des Pflegesystems. Sie müssen frühzeitig unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden. Unter dem Aspekt des allgemeinen Fachkräftemangels ist die Gesundheit pflegender Angehöriger auch in der Arbeitswelt ein wichtiges Thema“, so Barmer-Landeschef Hillebrandt.

Zahl der von Angehörigen gepflegten Menschen steigt stark

Wie aus dem Barmer-Pflegereport weiter hervorgeht, werden in Schleswig-Holstein in weniger als zehn Jahren 84.000 Pflegebedürftige ausschließlich von ihren Angehörigen gepflegt und damit knapp ein Drittel (+20.000) mehr als im Jahr 2020. Zudem wird es insgesamt 44.000 Menschen vollstationär und 39.000 durch ambulante Pflegedienste versorgte Menschen geben. Dies entspricht einem Anstieg um 10.000 Betroffene (+29 Prozent) in Pflegeheimen und 7.000 Personen, die ambulant versorgt werden (+22 Prozent). „Angesichts der steigenden Zahl Pflegebedürftiger und der bereits heute großen Zahl an fehlenden Pflegekräften ist Deutschland auf dem besten Wege, in einen dramatischen Pflegenotstand zu geraten. Darüber hinaus können wir es uns nicht leisten, dass die Hilfsbereitschaft der pflegenden Angehörigen an der Last der Pflege zerbricht und an der Tatsache, dass sie Pflege zum Nulltarif leisten müssen“, betont Hillebrandt.

Finanzielle Überforderung Pflegebedürftiger vermeiden

„Entscheidend ist auch, dass Pflege qualitativ hochwertig und gleichzeitig bezahlbar bleibt“, so Hillebrandt weiter. Ein wichtiger Baustein dabei sei, dass das Land Schleswig-Holstein seiner gesetzlichen Pflicht nachkomme, die Investitionskosten zu übernehmen. Bereits dadurch würde eine Entlastung bei den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen erreicht werden. „Bisher stellen die Pflegeheime die Investitionskosten in der Regel den Bewohnerinnen und Bewohnern in Rechnung. Das führt nicht selten zur finanziellen Überforderung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen“, sagt Barmer-Landeschef Hillebrandt. Das wiederum führe zu zusätzlichen Belastungen der Kommunen und Landkreise, die dann Sozialhilfe leisten müssten.

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