(Dresden, 23.06.2016) Die Reduktion von Karies ist ein weltweit erklärtes Ziel in der Zahngesundheit. Waren die 1990er Jahre noch von einem deutlichen Rückgang der Karies bei Kindern und Jugendlichen geprägt, ist in den letzten Jahren eine Stagnation dieses Trends festzustellen. "Im Alter ab 12- bis 18 Jahren wird in Sachsen öfter Karies als bei Teenager in anderen Regionen Deutschlands festgestellt", beschreibt Paul-Friedrich Loose, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Sachsen, ein Ergebnis des diesjährigen Zahnreports der Kasse. Die meisten Sachsen haben keine Scheu vorm Zahnarzt, so lautet ein weiteres Ergebnis. 78 Prozent aller Bewohner besuchen ihn regelmäßig, meist sogar zwei Mal im Jahr. Dazu gehören auch die Kinder und Jugendliche. Früherkennung von Zahnerkrankungen wird in Sachsen ernst genommen.
"Werden Karies oder andere Zahnerkrankungen im Frühstadium festgestellt und rechtzeitig behandelt, können viele Zähne erhalten werden. Das führt zu höheren Zahlen, trägt jedoch dazu bei Zähne rechtzeitig zu erhalten und Kosten für weitere Behandlungen zu sparen", so Loose.
Trinken ja, auf den richtigen Inhalt kommt es an
Lange Schultage, Training im Sportverein, Radfahren oder einfach nur mit dem Rucksack durch die Stadt bummeln, eine Trinkflasche hat fast jeder Jugendliche dabei. Aber ist in der Flasche auch der richtige Inhalt? "Die Sporttrinkflasche, gefüllt mit zuckerhaltigen Getränken oder die Ernährungsgewohnheiten der Teenager insgesamt, können mögliche Gründe dafür sein, dass die Zähne leiden. Trink- und Ernährungsgewohnheiten sind eine, jedoch nicht die einzige Ursache für das Entstehen von Karies. Auch die persönliche Mundhygiene sowie Inanspruchnahme von Maßnahmen der Individual- und Gruppenprophylaxe spielen eine wichtige Rolle bei der Kariesvermeidung. Beruft man sich auf die Ergebnisse der Deutschen Mundgesundheitsstudien, ist ein Trend zur Polarisierung feststellbar", meint Dr. Michael Rädel, Zahnarzt an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, der Technischen Universität Dresden und Mitautor des Zahnreportes. "Eine kleine Zahl von Patienten trägt eine überproportional große Karieslast. Das ist sehr bedauerlich, denn man kann vermuten, dass der soziale Hintergrund dieser Kinder eine entscheidende Rolle dabei spielt", so Rädel. Jeder fünfte Teenager in Sachsen erfuhr 2014 eine nicht immer angenehme Zahnbehandlung. "Da wir aus den Vorgängerreporten wissen, dass Zahnfüllungen leider nicht lebenslang halten, ist jede Kariesbehandlung bei Kindern und Jugendlichen eine Behandlung zu viel", so Rädel weiter. Mit der zeitigen Ansprache der Eltern von Kleinkindern ist es den Zahnärzten und der Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (LAGZ) in Sachsen gelungen, die sogenannte "Nuckelflaschenkaries" bei den Ein- bis Dreijährigen einzudämmen. Nun sind auch die Großen dran. "Trinken ist wichtig, aber süße Getränke haben in Babyflaschen und auch in Sporttrinkflaschen nichts zu suchen. Außerdem sollten die Zähne regelmäßig kontrolliert werden", sagt Loose. Er verweist darauf, dass 73 Prozent aller Kinder und Jugendlichen 2014 eine Individualprophylaxe in Anspruch genommen haben. Bundesweit waren es nur 65 Prozent. In Sachsen zeigen auch die Eltern mit durchschnittlich zwei Zahnarztbesuchen Vorbildwirkung. "Es werden mehr Erkrankungen im Frühstadium festgestellt. Natürlich entstehen uns als Krankenkasse erst einmal mehr Kosten. Das jedoch ist gut angelegtes Geld", meint Loose.
Sachsen haben ihre Zähne länger
"Im Vergleich zu den übrigen neuen Bundesländern und Berlin weist Sachsen die niedrigste Rate für Zahnextraktionen bei Erwachsenen auf. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bei den Senioren allerdings ist Sachsen dagegen bundesweiter Extraktionsspitzenreiter", sagt Rädel. Die Möglichkeiten der zahnerhaltenden Therapie wie Zahn- und Wurzelfüllungen sowie parodontale Behandlungen, sind über die vergangenen Jahrzehnte beständig gewachsen. Diese wesentlichen Maßnahmen dienen dem Erhalt stark beeinträchtigter Zähne. Sächsische Zahnärzte nutzten sie. Mehr als die Hälfte (52,1 Prozent) aller über 65- Jährigen haben mindestens eine Wurzelfüllung. Lediglich 58 von 1.000 Versicherten zwischen 18 und 65 Jahren musste ein Zahn gezogen werden. Damit lag Sachsen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. In den Nachbarländern Sachsen-Anhalt waren 71, in Thüringen 65 von 1.000 Patienten betroffen. "Hier sieht man, dass die 3.445 Zahnärzte in Sachsen gute Arbeit leisten", sagt Loose. Ebenso wichtig wie die Therapie selbst, sind auch der Wille des Patienten zum Zahnerhalt sowie dessen aktive Mitwirkung. Zu einer erfolgreichen Therapie gehören persönliche Mundhygienemaßnahmen genauso wie die Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen, Begleit- und Vorbehandlungen.
Zahnersatz wird bald unbezahlbar!
Das stimmt für Sachsen so nicht, da sind sich Kasse und Zahnärzte einig. "Die Festzuschüsse sind so bemessen, dass der Zuschuss der Krankenkasse im Regelfall ohne Zusatzleistungen, etwa 50 Prozent der Gesamtkosten beträgt. In welcher Höhe Kosten als Eigenanteil für die Versicherten hinzukommen, hängt maßgeblich davon ab, ob der Patient eine andere Versorgung als die Regelversorgung wählt", sagt Professor Michael Walter, Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, der Technischen Universität Dresden und Mitautor des Zahnreportes. In Sachsen betrug der durchschnittliche Eigenanteil für Zahnersatz und Zahnkronen 49 Prozent, bundesweit dagegen 57 Prozent. "Der Eigenanteil bei ausschließlicher Inanspruchnahme der so genannten Regelversorgung könne unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Bonus theoretisch gerechnet bei unter 40 Prozent liegen", sagt er. Etwas mehr als ein Viertel der Patienten nutzen beispielsweise bei Zahnkronen ausschließlich die Regelversorgung. Die durchschnittlichen Kosten für die Neuanfertigung von Zahnersatz lagen in Sachsen mit 1.371 Euro ebenfalls unter dem Bundesdurchschnitt (1.467 Euro).
Beratung des Zahnarztes ist entscheidend
"Die Regelversorgung ist beispielsweise bei den Zahnkronen eine solide und sehr haltbare Versorgung, was sich auch durch Studien belegen lässt", sagt Walter. Wenn sich allerdings mehr als die Hälfte der Patienten dagegen entscheiden, ist die Ursache dafür zu hinterfragen. Ist es wirklich der Patientenwunsch nach höherwertigerer Ästhetik oder modernen Materialien? Die individuelle zahnärztliche Aufklärung des Patienten spielt hier auch eine entscheidende Rolle. Von der Wahl der konkreten Versorgung hängt immerhin auch die zahnärztliche Vergütung ab. Die Regelversorgung als Versorgungsform ist günstiger und in vielen Fällen wissenschaftlich belegt, auch haltbarer. "Der Patient sollte daher immer zuerst nach der Regelversorgung fragen, sich dann die Extras nach Haltbarkeit, Zusatzkosten, Vor- und Nachteilen erläutern lassen", empfiehlt Walter. Als Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der Technischen Universität Dresden ist er auch für die Ausbildung der Zahnärzte zuständig. Bereits hier steht das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Gespräch im Fokus. Nur gemeinsam kann eine Versorgungsform gefunden werden, die sowohl der gewünschten Haltbarkeit, den ästhetischen Wünschen und dem persönlichem Geldbeutel entspricht.