Dresden, 02. August 2023 – Drei Viertel (75 Prozent) aller Sächsinnen und Sachsen gehen regelmäßig zum Zahnarzt. Im bundesweiten Vergleich ist das ein Spitzenwert. Denn deutschlandweit sind es nur 70 Prozent. „Allerdings bedeutet das auch, dass ein Viertel die Zähne nicht regelmäßig kontrollieren lässt, mitunter mit schmerzhaften und kostspieligen Folgen“, sagt Monika Welfens Landesgeschäftsführerin der Barmer in Sachsen und weist darauf hin, dass präventive Maßnahmen und frühzeitige Versorgungsangebote die Menschen nicht in allen Lebenslagen erreichten. So hingen beispielsweise Bildungsstand und Mundgesundheit zusammen. Auch würden sich die Ansprüche an die persönliche Mundhygiene im Verlauf des Lebens ändern. Einen deutlichen Knick bei den regelmäßigen Zahnarztbesuchen und damit beim Vorsorgeverhalten mache der aktuelle Zahnreport beispielsweise bei den jungen Erwachsenen deutlich. Bei den 20- bis 34-Jährigen sinke die zahnärztliche Inanspruchnahme auf 65 Prozent. Mit dem Start ins eigene Leben und der damit wachsenden Eigenverantwortung verliere die Zahnvorsorge scheinbar an Bedeutung. Ein Zahnarztbesuch werde gern ‚vertagt‘.
„Unser Ziel muss es sein, ein Verständnis von Vorbeugung, Entstehung und Verlauf von Zahnerkrankungen zu vermitteln und zu einer eigenverantwortlichen Mundhygiene über die gesamte Lebensspanne hin zu befähigen“, sagt Welfens. Hier sei die Vermittlung von Gesundheitskompetenzen in Schule und Berufsausbildung genauso wichtig, wie kreative, unterhaltsam aufgemachte Kampagnen zur Mundhygiene auf Social-Media-Kanälen, ebenso könnten Aufklärungs- und Erinnerungsfunktionen über Apps im Handy unterstützen. Diese müssten bestenfalls lebenslang begleiten. Welfens lobt die Arbeit der mehr als 2.500 ambulant tätigen, Zahnärztinnen und Zahnärzte in Sachsen, fordere jedoch dazu auf, dass Zahn-, Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, pädagogische Einrichtungen und Eltern noch enger zusammenarbeiten und die Politik geeignete Rahmenbedingungen schaffe.
Zahnersatz und Bildung hängen zusammen
Im Zahnreport wurde ein Zusammenhang von Zahngesundheit und Bildungsstand festgestellt. Je höher der Ausbildungsgrad der Betroffenen, desto seltener treten langfristige Gebissschäden auf. Eine Analyse fand hierzu exemplarisch bei Beschäftigten für den Versorgungsbereich Zahnersatz statt, in den Altersgruppen zwischen 25 und 54 Jahren. „Ein großer lebenslang kumulierter Gebissschaden, repräsentiert durch viele fehlende Zähne, und die mengenmäßig hohe Inanspruchnahme von Zahnersatz, stehen offensichtlich im direkten Zusammenhang mit einem niedrigeren Ausbildungsgrad der Betroffenen“, beschreibt die Barmer Chefin das Ergebnis. Es sei sichtbar geworden, dass es unter Versicherten mit Diplom, Magister, Master, Bachelor oder Staatsexamen im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt rund 35 Prozent weniger Personen mit hoher Inanspruchnahme von Zahnersatz gegeben habe. „Damit belegt der Zahnreport eindrücklich, dass das Bildungsniveau und der damit einhergehende soziale Status weitere Faktoren sind, die bei der Analyse und Planung prophylaktischer und therapeutischer Leistungen stärker berücksichtigt werden sollten“, sagt Welfens.
Prävention auf Gruppen mit hohem Therapiebedarf fokussieren
Die deutsche Bevölkerung hat eine überwiegend gute Mundgesundheit. Stark geschädigte Gebisse konzentrieren sich auf relativ wenige Betroffene. So auch in Sachsen. Rückblickend auf einen Zeitraum von zehn Jahren (2012 bis 2021) tragen in Sachsen bis zu 14 Prozent aller Patientinnen und Patienten zwischen 25 und 74 Jahren eine zum Teil relativ hohe Krankheitslast, das heißt viele ihrer Zähne wurden gefüllt oder mussten ersetzt werden. „Viele Füllungen und schließlich Zahnersatz sprechen für kontinuierliche und zum Teil erhebliche Zahnschädigung, die neben unangenehmen Zahnschmerzen über Jahre für erhöhten Behandlungsbedarf sorgen“, sagt die Barmer-Landeschefin. So seien in Sachsen bei etwa 14,3 Prozent, knapp 205.000, Patientinnen und Patienten überdurchschnittlich viele Füllungen gelegt worden, 18 pro Patient oder Patientin, in Einzelfällen sogar mehr als 30. Rund 11,4 Prozent, etwa 164.000 Versicherte, erhielten aufgrund ihres schlechten Gebisszustandes mehrfachen oder sehr aufwendigen Zahnersatz. „Schulungen und Demonstrationen allein im Kindesalter reichen nicht aus“, sagt Welfens und empfiehlt den regelmäßigen Besuch einer Zahnarztpraxis. Der Zahnarzt oder die Zahnärztin könne Zahnschäden frühzeitig erkennen und behandeln. Gleichzeitig böte sich Raum für individuelle Beratung zur Mundhygiene. Denn die Erhaltung einer guten Mundgesundheit sei auch für Erwachsene ein fortwährender Lernprozess, gekennzeichnet durch Wissensvermittlung, wiederholen und trainieren, verbunden mit der Motivation zur disziplinierten, regelmäßigen Durchführung von persönlichen Mundhygienemaßnahmen.
Persönliches Vorsorgeverhalten hilft Kosten sparen
Aus hohen Inanspruchnahmen ergäben sich für die Betroffenen auch erhebliche finanzielle Belastungen, insbesondere beim Zahnersatz. „Die Höhe des Kassenzuschusses hat man selbst in der Hand. Er richtet sich nach dem persönlichen Vorsorgeverhalten. Das wird monetär belohnt“, sagt Welfens, auch mit Blick auf die jungen Erwachsenen, die eine regelmäßige Vorsorge zum Teil auf die lange Bank schöben. So könne die Kasse bis zu 75 Prozent der Gesamtkosten für die Regelversorgung übernehmen, wenn der Nachweis vorläge, dass jährlich eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt aufgesucht wurde. Diese Besuche würden automatisch, im digitale Zahnbonusheft des Gesundheitsmanagers, in der Barmer-App gespeichert. Außerdem könnten Barmer-Versicherte mit dem digitalen Vorsorgeplaner in der App ihre Termine gut im Blick behalten. In finanziellen Härtefällen oder bei Geringverdienenden würden auf Antrag sogar 100 Prozent dieser Kosten übernommen. Eine gute Mundgesundheit beeinflusst den allgemeinen Gesundheitszustand erheblich. „Durch die Pflege von Zähnen, Zahnfleisch und regelmäßige Prophylaxemaßnahmen können viele Zahnprobleme vermieden oder frühzeitig erkannt und effektiv bekämpft werden. Das hilft nicht nur, Schmerzen und Unannehmlichkeiten zu vermeiden, sondern trägt auch dazu bei, langwierige und kostspielige Eingriffe zu verhindern“, sagt die Barmer-Landeschefin.
Informationen zu Kosten und Zuschüsse für den Ersatz von Zähnen
Service für die Redaktionen
Der aktuelle Barmer Zahnreport blickt exemplarisch auf zehn Behandlungsjahre von Patientinnen und Patienten zurück. Weitere Analyseergebnisse: https://www.bifg.de/publikationen/reporte/zahnreport-2023.