Leipzig/Dresden, 28. November 2022 – Mehr als 600 Patientinnen und Patienten in Sachsen könnten von mehr Qualität bei planbaren Hüft-, Knie- und Herzoperationen profitieren, wenn sie in Kliniken behandelt würden, die entsprechende Behandlungen häufig und nicht nur gelegentlich ausführen. Die Behandlungssicherheit für Patienten würde deutlich gestärkt. Dabei müssten sie nur geringfügig längere Fahrzeiten zur Klinik in Kauf nehmen. Das geht aus dem aktuellen Krankenhausreport der BARMER hervor. Darin wurde für 4,2 Prozent der sächsischen Hüft- und Knieoperationen sowie für 2,3 Prozent der Herzinfarkt-Eingriffe geprüft, ob sie von Klinikstandorten mit der geringsten Routine hin zu Kliniken mit höheren Fallzahlen verlagern lassen, ohne dass sich die Anfahrtswege maßgeblich verlängern. Dort haben die Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal in der Regel mehr Fachkenntnis und Fachwissen. Sie haben jahrelange Praxiserfahrung und kennen die notwendigen Behandlungsschritte aus dem „Effeff“. Außerdem verfügen die Kliniken über die erforderliche spezialisierte Ausstattung. „Wenn es um die qualitativ bestmögliche Behandlung geht, schlägt Patientensicherheit die Wohnortnähe. Bei planbaren Eingriffen sollten Patienten auf die Spezialisierung des Krankenhauses achten“, sagt Dr. Fabian Magerl, Landesgeschäftsführer der BARMER in Sachsen. Für die meisten Sächsinnen und Sachsen entstünden bei einer Aufnahme in einem Krankenhaus mit höherer Expertise meist nur geringfügig längere Fahrzeiten. „Damit einhergehen aber deutliche Qualitätssteigerungen in der Behandlung. Wo immer eine Verlagerung in eine Klinik mit hoher Fallzahl und routinierten Eingriffen möglich ist, sollte sie erfolgen“, so der BARMER Chef.
Eingriffe am Knie, der Hüfte, dem Herzen analysiert
In Sachsen könnten pro Jahr 647 der insgesamt rund 30.000 Hüft- und Knie-OPs und 69 der mehr als 15.000 Eingriffe am Herzen an Klinikstandorten mit mehr Routine durchgeführt werden, ohne dass sich die Fahrzeit für die Patienten deutlich verlängert. „Hinter den Fallzahlen stehen Menschen mit Schmerzen oder lebensbedrohlichen Erkrankungen, die zu recht erwarten, dass Sie die bestmögliche Behandlung erfahren“, sagt Dr. Magerl. In der BARMER Studie wurde exemplarisch jeweils nur ein Bruchteil der Eingriffe am Knie, der Hüfte (je 4,2 Prozent, das entspricht mehr als 1.200 Behandlungsfällen) und des Herzens (2,3 Prozent, das entspricht etwa 350 Behandlungsfällen) auf eine Verlagerungsmöglichkeit in eine routinierte, größere Klinik untersucht. Bei der Analyse, ob eine Klinik mehr Eingriffe durchführt und damit über mehr Routine verfügt, lagen die Richtgrößen für eine qualitativ höhere Expertise des Krankenhauses für Knie- und Hüft OPs bei Schwellenwert von 187 Eingriffen, für Eingriffe am Herzen bei 186 durchgeführte Behandlungen pro Jahr. Auch wurde darauf geschaut, ob es Kliniken gibt, die für die Bevölkerung in den sächsischen Regionen innerhalb von 30 bis maximal 40 Minuten erreichbar sind.
Kliniken mit viel Erfahrung in Sachsen meist in 30 Minuten erreichbar
Für die Fahrtwegberechnungen seien anhand von Modellberechnungen ausgewählte Behandlungen aus Krankenhäusern mit wenigen Fallzahlen in solche mit höheren Fallzahlen verlagert und anschließend die Fahrzeiten der Patienten bestimmt worden. Laut den Ergebnissen ließen sich an sieben sächsischen Klinikstandorten, die unter dem Schwellenwert für Hüft- und Knieeingriffe pro Jahr lagen, Behandlungsfälle verlagern, ohne dass den Patienten maßgeblich längere Anfahrtswege entstünden. Bei fünf Kliniken wäre dies nicht möglich. Hinsichtlich der Eingriffe am Herzen ließen sich Behandlungen von sechs Krankenhäusern ohne spürbar längere Anreisen verlagern. Bei acht Kliniken wäre dies nicht machbar. Fazit: „In der Behandlungsqualität schlägt der Spezialist den Allrounder. In den allermeisten Fällen erreichten Sächsinnen und Sachsen ein Krankenhaus in weniger als 30 Minuten. Auch die Wahl von spezialisierten Kliniken ist oftmals nur mit einem geringfügigen längeren Anfahrtsweg verbunden. Dem steht allerdings für viele Patienten eine bessere Behandlungsqualität gegenüber“, darauf weist der BARMER Chef hin. Onlineportale wie beispielsweise ‚BARMER Kliniksuche‘ und die ‚Weiße Liste‘ der Bertelsmann Stiftung helfen Patientinnen und Patienten bei der Suche nach einem geeigneten Krankenhaus. Betroffene erhielten hier viele wichtige Informationen, wie zum Beispiel detaillierte Angaben zu Fachgebieten, Leistungsangeboten oder Ausstattung der Kliniken.
Schwerpunktbildung - Behandlung in spezialisierten Kliniken vorantreiben
„Derzeit gibt es auch in Sachsen noch mehrere kleinere Häuser, die in einzelnen Bereichen nur wenige Operationen durchführen. Mit mehr Erfahrung beim ärztlichen und pflegerisches Personal in Schwerpunktkliniken könnten jedoch die Behandlungsergebnisse für Patienten noch deutlich optimiert werden“, sagt Dr. Magerl. In der sächsischen Krankenhauslandschaft sei man auf einem guten Weg. Dennoch müsse in der aktuellen Krankenhausplanung des Freistaates das Potential für die Bildung von unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkten an den einzelnen Klinikstandorten noch stärker berücksichtigt werden. Kliniken, die Behandlungen in nur geringen Fallzahlen aufweisen, sollten diese nur im Ausnahmefall durchführen dürfen, fordert er. Denn Fachpersonal in spezialisierten Kliniken sei besser auf auftretende Komplikationen vorbereitet. Gleichzeitig können ganze Operationsteams oder Fachabteilungen durch den Erfahrungsgewinn häufiger Behandlungen ihre Strukturen anpassen, Versorgungsprozesse verbessern und somit bessere Versorgungsergebnisse erzielen. „Die Durchführung von speziellen Eingriffen an spezialisierten Kliniken ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Versorgungsqualität“, so BARMER-Landeschef. Dabei verstehe die BARMER ihren Krankenhausreport als einen Impuls für weiterführende Diskussionen im stationären Sektor. „Bereits heute schon kann durch die konsequente Verlagerung von Operationen in Kliniken mit mehr Erfahrung und besserer Ausstattung die Qualität und Behandlungssicherheit für viele Patienten deutlich erhöht werden. Diese Potenziale gilt es jetzt im Sinne der Patienten konsequent zu heben und in der Krankenhausplanung konsequent zu berücksichtigen“, fordert Dr. Fabian Magerl. Denn hinter den eingangs genannten rund 600 verlagerbaren Behandlungsfällen stünden Menschen, die nach Eingriffen wieder in ihren Alltag meistern müssten. Alle sächsischen Patientinnen und Patienten müssten den Zugang zu der bestmöglichen Versorgung in der Region erhalten. Eine zeitgemäße und bedarfsgerechte Krankenhausplanung müsse sich daher zwingend an Qualitätsparametern der Patientensicherheit orientieren. Diese Parameter müssten auch eine tiefgreifende Reform der Krankenhausversorgung samt Neuausrichtung der Krankenhausplanung maßgeblich bestimmen.
BARMER Krankenhausreport: www.barmer.de/krankenhausreport
BARMER Kliniksuche: barmer-kliniksuche.de
Bertelsmann Stiftung Weiße Liste https://www.weisse-liste.de/