Barmer GEK Pflegereport 2016
Leipzig, 18. Januar 2017 – In Sachsen ist die Pflege längst kein Nischenthema mehr. Sie steht im gesellschaftlichen Fokus. Der aktuelle Barmer GEK Pflegereport 2016 zeigt, wie sich die Gesetzesvorgaben der letzten Jahre im Bereich der Pflege ausgewirkt haben. In der fachärztlichen Versorgung konnten, wie erwartet, besonders Pflegeheimbewohner von den Reformen profitieren. Zudem fällt auf, dass Pflegebedürftige in Sachsen durch Fachärzte vergleichsweise gut versorgt werden. So erreichte Sachsen im Bundesvergleich den Spitzenplatz bei der zahnmedizinischen Behandlung. In keinem anderen Bundesland war die Versorgung besser. Auch bei den Behandlungen durch Nervenärzte und Orthopäden steht der Freistaat auf Platz zwei und drei. „Das ist beispielhaft“, sagt Dr. Fabian Magerl, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen, dem das Thema Pflege sehr am Herzen liegt. “Der Pflegereport zeigt, was gut funktioniert. Er zeigt aber auch, wo wir in Zukunft noch genauer hinschauen müssen. Die Pflegeversicherung hat bei all ihren Erfolgen auch Schwächen und Probleme, die dringend angegangen werden müssen“, so Magerl. Denn der Report zeigt auch, dass Menschen nicht immer die Pflege bekommen, die sie brauchen, sondern die, die vor Ort gerade verfügbar ist. Hier fordert Magerl mehr transparente und unkomplizierte Informationsangebote sowie flächendeckende Unterstützungsleistungen.
Pflege in Sachsen findet überwiegend zu Hause statt
Die Mehrzahl der rund 167.000 Pflegebedürftigen in Sachsen entschied sich 2015 für eine häusliche Pflege. Rund 40 Prozent der Pflegebedürftigen wurden durch Angehörige, rund 29 Prozent durch ambulante Pflegedienste und 31 Prozent in Heimen betreut. Laut Statistischem Landesamt waren 2015 in Sachsen bei rund 1.100 ambulanten Pflegediensten mehr als 24.000 Menschen beschäftigt, rund 4.800 mehr als noch 2011. Auch die Anzahl der Pflegeeinrichtungen hat sich seit 2011 um mehr als 80 Einrichtungen, auf 885 im Jahr 2015 erhöht. Etwa 38.500 Beschäftigte arbeiteten 2015 im stationären Pflegebereich. Das waren rund 4.700 mehr als 2011. „Wie die Menschen in Deutschland gepflegt und medizinisch versorgt werden, hängt maßgeblich vom Wohnort ab. Unser aktueller Pflegereport zeigt: Je mehr Pflegedienste oder Pflegeheime es gibt, desto mehr Betroffene werden von ihnen betreut. Je besser die Zusammenarbeit mit den Ärzten vor Ort erfolgt, desto besser ist die medizinische Versorgung“, so Magerl. "Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen müssen im Alltag die Verbesserungen nutzen können, die durch das Pflegestärkungsgesetz beschlossen wurden - das ist die Erwartungshaltung des Sozialverbandes VdK Sachsen e. V. Dazu gehört, dass Pflegebedürftige gut informiert werden. Hilfs- und Unterstützungsangebote müssen bei den Betroffenen und ihren Angehörigen auch ankommen. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff haben wir einen Paradigmenwechsel in der Pflege. Das muss den Menschen erklärt werden. Aus diesem Grund werden wir uns unter anderem dafür einsetzen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Pflegeberatung flächendeckend auch im ländlichen Raum umgesetzt wird", sagt Ralph Beckert, Landesgeschäftsführer des Sozialverbandes VdK Sachsen e. V.
Hier sind Pflegekassen, Land, Kommunen und Gemeinden aufgefordert, in einen regelmäßigen, strukturierten Austausch zu gehen, um praxisnahe Angebote zu schaffen. Auch sollten Betroffene die Möglichkeit bekommen, sich vor Ort besser zu vernetzen, um gegenseitig von Erfahrungen zu profitieren.
Zahnärztliche Versorgung – Spitzenplatz für Sachsen
Bereits 2008 im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit für Kooperationsverträge zwischen Pflegeheimen, niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten festgeschrieben. Mit mehreren nachfolgenden Gesetzgebungen hat er insbesondere die Zahnärzte den anderen Ärzten im Bereich der Pflege gleichgestellt und die Möglichkeit von Haus- oder Pflegeheimbesuchen und deren zusätzliche Vergütung fixiert. Bundesweit haben diese Neuregelungen in der fach- und zahnärztlichen Versorgung Pflegebedürftiger von 2011 bis 2015 zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgung geführt. So stieg bundesweit die zahnärztliche Behandlungsquote je Quartal bei den Pflegebedürftigen von 22,1 Prozent auf 24,8 Prozent. Den größten Behandlungszuwachs gab es im Pflegeheim. Beim Spitzenreiter Sachsen wurden 2015 sogar mehr als 28 Prozent aller Pflegebedürftigen zahnärztlich versorgt. „Darüber können wir uns hier in Sachsen freuen“, sagt Magerl und verweist auf die rund 200 von 885 Pflegeheime, die registrierte Kooperationsverträge mit Zahnärzten vorhalten. Allerdings liegen die Steigerungsraten für die in eigener Häuslichkeit versorgten Pflegebedürftigen nicht sehr viel höher als im Bevölkerungsdurchschnitt.
Fachärztliche Versorgung ist noch ausbaufähig
Auch in der fachärztlichen Versorgung durch Nervenärzte und Orthopäden haben die neuen Gesetzgebungen zu deutlichen Verbesserungen geführt. Besonders deutlich wurden sie auch hier bei den Pflegeheimbewohnern. So stieg die fachärztliche Versorgung der Pflegebedürftigen durch Nervenärzte deutlich. Die Behandlungsquote erhöhte sich bundesweit von 26,7 Prozent (2011) auf 28,2 Prozent (2015). Im Ländervergleich befindet sich Sachsen (rund 35 Prozent) auch hier wieder in der Spitzengruppe auf dem zweiten Platz und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Ebenso sind die Behandlungsquoten durch Orthopäden beim genannten Personenkreis bundesweit von 8,8 Prozent (2011) auf fast 9,3 Prozent (2015) gestiegen. Im Bundesvergleich hat Sachsen (rund 12 Prozent) hier ebenfalls einen Platz in der Spitzengruppe. Mit Platz drei liegt der Freistaat damit wieder deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
Allgemeinmedizinische Versorgung - kaum Veränderungen
In der allgemeinärztlichen Versorgung bei Pflegebedürftigen gibt es in den Jahren 2011 bis 2015 kaum Veränderungen. Pflegebedürftige werden im Durchschnitt deutlich häufiger allgemeinärztlich behandelt als Nichtpflegebedürftige. In diesem ärztlichen Versorgungsbereich gibt es keine Steigerung der Behandlungsquote von Pflegebedürftigen durch Allgemeinärzte. Hier wird sogar ein leichter Rückgang in den Behandlungsquoten registriert. „Die Versorgung ist auf einem hohen Niveau. 70 Prozent aller Pflegebedürftigen und fast 80 Prozent der Pflegebedürftigen im Pflegeheim wurden hausärztlich betreut“, sagt Magerl. In Pflegeheimen sind die Behandlungsquoten auch hier am höchsten. Im Vergleich der Länder hat Sachsen (70,3 Prozent) allerdings nur einen Platz im unteren Mittelfeld und liegt damit unter dem Bundesdurchschnitt (71,5 Prozent). „Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind strukturelle Veränderungen Grund für den Rückgang. So war Anzahl der Allgemeinärzte leicht rückläufig. Parallel dazu übernahmen aber auch andere Ärzte, beispielsweise Internisten, die hausärztliche Versorgung“, so Magerl.
Gesetzgebung greift
Die gesetzlichen Neuerungen haben Anreize und Verpflichtungen für eine Ausweitung der medizinischen Versorgung gegeben. Dies betrifft insbesondere die zahnärztliche Versorgung und vor allem die Versorgung im Pflegeheim. In der Summe scheinen einige Steigerungen der Behandlungsquoten Pflegebedürftiger mit den Erwartungen aus den gesetzlichen Neuerungen zusammenzulaufen.