Dresden, 14. Mai 2024 – Der Krankenstand in Sachsens Altenpflege liegt auf Rekordniveau. Auswertungen des Barmer Berufsatlas zeigen, dass Beschäftigte aus dieser Berufsgruppe im Jahr 2023 durchschnittlich mehr als fünf Wochen, nämlich 37,9 Tage, arbeitsunfähig erkrankt waren. Das sind 46 Prozent mehr als der sächsische Durchschnitt aller Berufsgruppen, welcher mit 25 Tagen bereits über dem Bundesdurchschnitt (24,3 Tagen) lag. Bezogen auf die Altenpflege steht das Saarland bei den Fehltagen mit 43,2 Tagen an der Spitze. Die wenigsten Fehlzeiten hatten Altenpflegekräfte in Hamburg, mit 31,1 Fehltagen im Jahr 2023.
„Pflegekräfte arbeiten häufig an der Belastungsgrenze und auch darüber hinaus. Deshalb müssen alle Beteiligten wirksame Strategien zur Bewältigung des Alltagsdrucks entwickeln. Neben besseren Arbeitsbedingungen sind Selbstfürsorge und eine verantwortungsvolle Führung zentrale Schlüsselfaktoren, um dieses Ziel zu erreichen“, sagt Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Sachsen. Seit dem Jahr 2022 liegen die Krankschreibungen in dieser Berufsgruppe auf derart hohem Niveau. Die Auswertungen müssten daher auch politische als Warnsignale verstanden werden. Ohne strukturelle Veränderungen in der Arbeitswelt Altenpflege lässt sich die gesundheitliche Belastung der Pflegekräfte nicht unter Kontrolle bekommen.
Muskel-Skelett-Erkrankungen sind Hauptursache
Aus dem Barmer Berufsatlas geht weiter hervor, dass Muskel-Skelett-Erkrankungen, die häufig in der Form von Rückenleiden auftreten, im Jahr 2023 ursächlich für die meisten Fehltage in Sachsens Altenpflege waren. Rund 8,7 Tage waren Beschäftigte aufgrund entsprechender Diagnosen krankgeschrieben. Psychische Erkrankungen führten zu im Schnitt rund 8,4 Arbeitsunfähigkeitstagen, Atemwegserkrankungen zu rund 6,2. Für im Schnitt rund 3,6 Fehltage seien Verletzungen ursächlich gewesen. „Hohe Krankenstände können zum Teufelskreis werden, wenn sich die Arbeitslast in krankheitsbedingt verkleinerten Teams auf immer weniger Schultern verteilt. Die dann entstehenden Überlastungen können zu weiteren, längeren Arbeitsunfähigkeiten führen“, so Welfens. Durch strukturelle Veränderungen müsse ein solcher Teufelskreis durchbrochen werden. Mit im Schnitt 52 Arbeitsunfähigkeitstagen pro Kopf im Jahr 2023 trugen Beschäftigte aus der Altersgruppe der 55- bis 69-Jährigen die höchste Krankheitslast.
Viele junge Pflegekräfte erwägen Berufsaufgabe
Aus einer aktuellen, repräsentativen Pflegestudie der Barmer und des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) geht hervor, dass knapp ein Drittel der jungen Pflegekräfte bereits darüber nachgedacht hat, den Beruf aufzugeben. Insbesondere Pflegekräfte im Alter bis zu 29 Jahren gaben an, in den zurückliegenden Monaten aufgrund von Stress und Druck häufiger daran gedacht zu haben. Mit einem Anteil von rund 28 Prozent lag der Wert in dieser Altersgruppe bei allen Befragten am höchsten. Am niedrigsten war dieser bei den 40- bis 49-Jährigen mit gut 18 Prozent. Als größte Herausforderungen empfanden die jungen Beschäftigten die hohen Belastungen und den zeitlichen Druck. Beides entstehe durch zu wenig Personal brächte eine geringe Flexibilität in der Arbeitszeiteinteilung und bei der Schichtarbeit mit sich. „Unsere Studie zeigt auch, dass Pflegerinnen und Pfleger, die angeben, in einer wertschätzenden Umgebung zu arbeiten und persönliche Entwicklungschancen zu haben, zufriedener mit ihrer Arbeit sind und ein besseres Wohlbefinden haben“, sagt die Barmer-Landeschefin und verweist auf spezielle Angebote der Barmer für die betriebliche Gesundheitsförderung von Pflegekräfte und Pflegeeinrichtungen. Sie böten neue Ansätze der gesundheitlichen Prävention, beispielsweise richte sich das Programm ‚Gesunder Start-Pflegeedition‘ speziell an junge Beschäftigte, um deren Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit, im beruflichen wie im auch im privatem Bereich zu fördern.
Weitere Informationen
Pflegestudie 2.0: Gemeinsam mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) hat die Barmer im Juli 2023 Pflegekräfte zu deren aktuellen Arbeitssituation befragt. Analysiert wurden Ressourcen und Belastungen von rund 1.000 Pflegekräften in der ambulanten und stationären Versorgung für das Jahr 2023. In der Stichprobe sind Pflegekräfte aus 15 Bundesländern vertreten. Sachsen war mit einem Anteil von knapp 7 Prozent vertreten.
- Gesundheitsförderung in der Pflege / Pflegestudie: Pflegestudie 2.0
- Barmer Gesundheitsreport Berufsatlas