Dresden, 22. Januar 2024 – Im Jahr 2022 wurden in Sachsen hochgerechnet 87.053 Männer und Frauen mit Alkoholsucht ambulant oder stationär behandelt. Wie aus den Auswertung des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervorgeht, waren damit 2,13 Prozent der sächsischen Bevölkerung betroffen. Damit liegt der Freistaat deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Dieser lag bei 1,71 Prozent Betroffenenrate.
„Sowohl das Suchtpotenzial als auch die gesundheitlichen Risiken von Alkohol werden von vielen unterschätzt. Das hat auch damit zu tun, dass Alkohol in Deutschland ein Kulturgut und gesellschaftlich akzeptiert ist. Dabei ist Alkohol ein Zellgift, dass für die Entstehung von mehr als 200 Krankheiten mit verantwortlich ist“, sagt Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Sachsen. Darunter seien Krankheiten wie Krebs, psychische Störungen und Leberzirrhose.
Regionale Unterschiede medizinisch nicht erklärbar
Noch mehr Betroffene als in Sachsen gab es in Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Berlin. Dort waren im vergangenen Jahr 2,35 Prozent, 2,28 Prozent und 2,14 Prozent der Bevölkerung wegen Alkoholabhängigkeit medizinischer Behandlung. Die geringsten Anteile gab es in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit 1,45 beziehungsweise 1,5 Prozent. „Die massiven regionalen Unterschiede bei der Alkoholabhängigkeit sind rein medizinisch nicht erklärbar. Hier dürften auch soziodemographische Faktoren eine Rolle spielen“, sagt Barmer-Chefin Welfens.
Der Rausch ist jung, die Sucht ist alt
Insbesondere von Alkoholabhängigkeit betroffen waren Menschen in der zweiten Lebenshälfte. „Alkoholismus entwickelt sich in der Regel über viele Jahre. Eine Sucht wird aktuell verstärkt bei Personen diagnostiziert, die in den 50er- und 60er-Jahren geboren wurden. Wichtig ist, dass die Betroffenen eine passgenaue Hilfe suchen und bekommen“, sagt Welfens und verweist darauf, dass ein Alkohol-Selbsttest helfen könne, Risiken aufzuspüren. Wer den Verdacht habe, ein Alkoholproblem zu haben, könne online einen anonymen Selbsttest machen oder sich ärztlichen Rat einholen. Je nach Ergebnis werde dann entschieden, welche nächsten Schritte sinnvoll sind. Auch eine Suchtberatung oder Selbsthilfegruppen seien gute, erste Anlaufstellen sowohl für Betroffene als auch für deren Angehörige.
Bundesweiter Anstieg
Laut Barmer-Analyse wurden in Deutschland im vergangenen Jahr 1.058.000 Männer und 467.000 Frauen mit Alkoholsucht ambulant oder stationär behandelt. Dies bedeutet einen leichten Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Dabei waren vor allem Menschen in der zweiten Lebenshälfte betroffen. Unter den 55- bis 64-Jährigen wurde bei rund 303.000 Männern und bei rund 116.000 Frauen eine Alkoholsucht diagnostiziert. Obwohl die Risiken von übermäßigem Alkoholkonsum heutzutage stärker im Vordergrund stünden, sei die Zahl alkoholabhängiger Menschen in Behandlung in den vergangenen Jahren leicht gestiegen. Im Jahr 2017 seien bundesweit 1.020.000 Männer und 453.000 Frauen nachweislich alkoholabhängig gewesen.