Land muss sich an Investitionskosten beteiligen
Die Barmer appelliert an die künftigen Regierungsparteien in Sachsen-Anhalt, Investitionshilfen für Pflegeheime in den Koalitionsvertrag zu verankern. Aktuell ist Sachsen-Anhalt neben Rheinland-Pfalz und Sachsen eines von nur drei Bundesländern, die sich nicht an den Investitionskosten der Heime beteiligen. Die Kosten werden vollständig auf die Bewohner umgelegt, was die zu zahlenden Eigenanteile immer stärker steigen lässt. Die meisten Länder übernehmen zumindest einen Teil der Kosten oder fördern bestimmte Maßnahmen.
In stationären Pflegeeinrichtungen werden in Sachsen-Anhalt rund 30.000 Frauen und Männer betreut, für sie fällt aktuell ein Eigenanteil von durchschnittlich 1465 Euro pro Monat an (Bundeschnitt: 2068 Euro) – das sind 35,4 Prozent mehr als noch im Jahr 2018, als hier 1082 Euro fällig wurden. Die Summe setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: einem vom Pflegegrad abhängigen Betrag für die pflegerische Versorgung, den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie den Investitionskosten. Der dritte Baustein schlägt in Sachsen-Anhalts Einrichtungen im Schnitt aktuell mit 292 Euro zu Buche.
Qualitätssicherung in allen Wohnformen
Die Pflege von Menschen erfolgt in ganz unterschiedlichen Settings – je nachdem, welche Hilfebedarfe Pflegebedürftige haben. Pflegebedürftige haben ein Recht auf gute Pflege. Aus diesem Grund gibt es insbesondere für stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen Qualitätsprüfungen, die in den vergangenen Jahren immer wieder an die aktuellen Anforderungen angepasst wurden. Neue Wohnformen, die nicht mehr in das klassische Raster einer stationären oder ambulanten Pflegeeinrichtung einzuordnen sind, müssen aus unserer Sicht ebenfalls eine qualitativ hochwertige Pflege sicherstellen. Deshalb muss gelten: Wo professionell gepflegt wird, muss es Qualitätsprüfungen geben. Ein Pflege-TÜV für neue Wohnformen wie Pflege-WGs wäre ein wichtiger Schritt für mehr Qualität und Transparenz. Außerdem sollte die Einführung bislang fehlender landesrechtlicher Regeln diskutiert werden. Dazu gehören beispielsweise Personalvorgaben oder räumliche Anforderungen an Pflege-WGs. Landesrechtliche Regelungen für betreutes Wohnen sollten ebenfalls diskutiert werden – wie zum Beispiel eine Meldepflicht für derartige Einrichtungen.
Prävention ist auch in der Pflege wichtig. Stationäre Pflegeeinrichtungen sollten dafür strukturelle Voraussetzungen schaffen. Dazu gehört beispielsweise die Kooperation mit Zahnärzten. Idealerweise werden diese verbindlich durch Kooperationsverträge geregelt (§119b SGB V).
Entlastung von Angehörigen
Die pflegenden Angehörigen leisten einen herausragenden und unverzichtbaren Beitrag bei der gesellschaftlichen Aufgabe Pflege. Sie gilt es, durch gezielte Maßnahmen so gut wie möglich zu unterstützen. Zu solchen Maßnahmen gehört auch, pflegende Angehörige bei den Antragsverfahren zu unterstützen. Die Barmer tut dies beispielsweise durch die Möglichkeit des digitalen Pflegeantrags auf der Website und in der Barmer-App. Außerdem gestalten wir als aktiver Partner erfolgreich die „Vernetzte Pflegeberatung“. Pflegestützpunkte sind für uns kein geeignetes Mittel. Stattdessen sollte das Konzept der vernetzten Pflegeberatung weiter ausgebaut und stärker bekannt gemacht werden. Das Land sollte die Landkreise hier unterstützen.
Zur Entlastung der Angehörigen gehören insbesondere Angebote zur Tages- und Kurzzeitpflege. Aus unserer Sicht sind solche Angebote bislang zu wenig verbreitet. Bedarfe solcher Angebote sind vorhanden und zu fördern. Allerdings muss auch hier gelten: Qualitätsanforderungen müssen in allen Wohnformen geregelt und überprüfbar sein. Eine qualitativ hochwertige Pflege muss unabhängig von der Wohnform gewährleistet werden.
Kleinräumige Sozialraumplanung
Um eine adäquate Einschätzung über die örtlichen Pflegebedarfe treffen zu können, ist eine kleinräumigere Sozialraumplanung durch das Land, die Landkreise und Kommunen zu entwickeln. Versorgungsstrukturen in der Pflege sollten transparenter aufbereitet werden. Nur so kann eine Grundlage für die Berechnung der notwendigen Investitionen in der Pflege bereitgestellt werden.
Kurzzeitpflege durch Krankenhäuser Die Krankenhäuser haben die Möglichkeit, Kurzzeitpflege anzubieten und gegenüber den Pflegekassen abzurechnen. Im Rahmen des Entlassmanagements können Krankenhäuser die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt für maximal acht Wochen überbrücken. Damit wird ein Zeitfenster für die Nachsorge von Patientinnen und Patienten geschaffen. Wir begrüßen diese Möglichkeit für die Krankenhäuser und Patienten. Insbesondere dort, wo Kurzzeitpflegeplätze Mangelware oder räumlich weit entfernt sind, können Krankenhäuser reibungsloser im Sinne des Entlassmanagements für die Nachsorge ihrer Patienten sorgen.