Immer mehr Menschen zieht es zeitweise ins Ausland. Work-&-Travel oder ein Auslandsstudium sind beliebte Formate. In einer Berufsausbildung ist ein Auslandsaufenthalt jedoch nicht unbedingt die gängige Praxis. Anders bei einer Berufsschule in Halle (Saale), die auch die Barmer-Auszubildende Becky Marie Kleid besucht. Sie hat im Oktober des vergangenen Jahres im Rahmen des Austauschprogramms Erasmus+ die Möglichkeit genutzt, ein Praktikum in Finnland zu absolvieren. Das Besondere: Ihr Berufsbild gibt es in Finnland gar nicht, weil die Krankenversicherung dort ganz anders aufgebaut ist. Daher hat Becky sich im Patientenmanagement eines Krankenhauses engagiert und dort einiges über das finnische Gesundheitswesen gelernt.
Auf sich allein gestellt
Also zog es Becky für drei Wochen in die Nähe von Oulu, der nördlichsten Großstadt der EU. An den ersten Tagen lernten sie und die anderen neun Schülerinnen, die sich für den Auslandsaufenthalt beworben hatten, die Partnerschule kennen. Dabei waren sie begeistert von der Ausstattung der Bildungseinrichtung. „Mit Simulationsräumen, interaktiven Tafeln und moderner Technik sind die Schülerinnen und Schüler in Finnland doch besser aufgestellt als wir“, findet Becky. Die Lehrerinnen und Lehrer begleiteten sie während der ersten Tage, reisten dann aber nach Deutschland zurück. Die jungen Erwachsenen waren von nun an auf sich allein gestellt und pendelten jeden Morgen zu ihrer jeweiligen Praktikumseinrichtung. Becky assistierte im Krankenhaus von Oulu bei Terminvergaben, Neuaufnahmen und Entlassungen und schnupperte so hinter die Kulissen der medizinischen Einrichtung.
Land und Leute kennenlernen
Untergebracht waren Becky und die anderen Azubis im Vorort Nallikari. Dort lebten sie in Ferienhäusern nahe des Ostseestrands. Die Freizeit nutzten die jungen Frauen, um Land und Leute kennenzulernen. So unternahmen sie an den Wochenenden gemeinsam Ausflüge. Becky und die anderen Auszubildenden besuchten Rovaniemi, eine kleine Stadt in Nordfinnland, bekannt als offizielle Heimat des Weihnachtsmannes. Ein anderes Mal fuhr die Gruppe neun Stunden im Bus, um sich Helsinki anzuschauen. Das Highlight allerdings war, dass die jungen Frauen an einem Abend am Strand die Nordlichter sehen konnten. „Dieses Erlebnis wird unvergessen bleiben“, sagt Becky.
In Finnland gibt es eine einheitliche Krankenversicherung, die für alle Einwohner Pflicht ist. Sie ist in zwei Bereiche unterteilt. Die medizinische Versicherung erstattet die Kosten für ärztliche Leistungen, verordnete Medikamente und Krankentransporte. Der zweite Bestandteil ist die Einkommensversicherung, die bei Einkommensausfällen im Krankheitsfall und bei Elternschaft aufkommt. Der Großteil des Gesundheitssystems wird über Steuergelder finanziert.
Wertvolle Erfahrungen im Ausland
Im Juli beendet Becky ihre Ausbildung bei der Barmer und bleibt in der Regionalgeschäftsstelle in Halle (Saale). Sie hofft, dass die aktuellen Auszubildenden in ihre Fußstapfen treten werden. „Ich bestärke meine Kolleginnen hier auf jeden Fall darin, auch an dem Austausch teilzunehmen, weil ich selbst sehr wertvolle Erfahrungen auf der Reise gesammelt habe“, sagt sie. Während der Zeit in Finnland habe sie viel über sich selbst gelernt. Schon allein das Zusammenleben in einer größeren Gruppe inklusive der Planung von Einkauf und Ausflügen habe sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung vorangebracht. Als der Rückflug unangekündigt vorgezogen wurde und die Gruppe den Flieger verpasste, herrschte Unruhe. Beim nächsten Mal wissen Becky und die anderen, was zu tun und organisieren ist. „Solche Erlebnisse sind manchmal nicht schön, bringen einen aber weiter“, resümiert die gebürtige Sächsin. Initiiert durch die Berufsschulen haben in den letzten Jahren ein gutes Dutzend Barmer-Azubis das Programm durchlaufen. Die Barmer unterstützt das Auslandspraktikum durch eine bezahlte Freistellung, wenn die Leistungen der Auszubildenden stimmen, es in den Ausbildungsabschnitt passt und die Ausbilder und Führungskräfte einverstanden sind.
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