Magdeburg, 3. Juni 2021 – Die Corona-Pandemie hat vor Augen geführt, dass Patientinnen und Patienten telemedizinische Anwendungen nutzen, wenn sie denn angeboten werden. Allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 ist die Zahl der von Ärztinnen und Ärzten abgerechneten Videosprechstunden in Sachsen-Anhalt auf rund 19.000 angestiegen. Zweieinhalb Jahre nach Aufhebung des Fernbehandlungsverbots in Sachsen-Anhalt plädiert die Barmer deshalb für einen noch zügigeren Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitswesen. „Insbesondere im Bereich der Telemedizin muss mehr passieren. Die Telemedizin kann ein Schlüssel dafür sein, die medizinische Versorgung auf dem Land zu erhalten und sogar zu verbessern. Dazu müssen Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und die Landespolitik ihre Anstrengungen zur Etablierung telemedizinischer Angebote erhöhen“, sagt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt. Telemedizinische Angebote sollen die klassische ärztliche Versorgung wie beispielsweise eine körperliche Begutachtung nicht ersetzen, diese jedoch ergänzen. So kann die Telemedizin den Menschen einige Wege in Arztpraxen ersparen.
Verbünde niedergelassener Ärztinnen und Ärzte notwendig
Insbesondere für den ländlichen Raum muss es in Zukunft telemedizinische Verbünde niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in regionalen Clustern geben. So können diese von ihrem Praxissitz aus gleichzeitig die Versorgung von Menschen gewährleisten, die fernab der Arztpraxis leben. Hinzu kommen andere Akteure der Gesundheitsversorgung, die sich in diese Netzwerke einbringen können, zum Beispiel Apotheken oder Physiotherapeuten. „Gewissermaßen stellen diese Verbünde dann digitale Medizinische Versorgungszentren dar, in denen Einzelpraxen digital zusammenkommen und als gebündelte Angebote für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Eine gemeinsame Termin- und Servicekoordination könnte die Leistungserbringer von organisatorischen Aufwänden entlasten und als zentrale Stelle Ansprechpartner im Sinne eines digitalen ‚Service-Desks‘ in der Region sein“, so Wiedemann.
Modellprojekte nach der Landtagswahl nötig
Der Chef der Barmer in Sachsen-Anhalt fordert deshalb, dass die neue Landesregierung zum Anschub solcher Kooperationen nach der Landtagswahl im Juni Modellprojekte auf den Weg bringt. „Gerade im hausärztlichen Bereich bietet die Telesprechstunde ganz neue Möglichkeiten in der Versorgung. Um Medikationsfragen zu klären, müssen Patientinnen und Patienten nicht mehr extra in die Praxis kommen. Das geht auch mit dem Tablet von Zuhause aus“, sagt Wiedemann. Wichtig sei außerdem, neue Berufsbilder in telemedizinische Angebote zu integrieren. „In Köthen gibt es mit den Physician Assistant eine neue Studienrichtung. Diese Studierenden in Sachsen-Anhalt zu halten, heißt, sie in die Organisation der telemedizinischen Versorgung als Manager einzubinden. Auch können sie nach entsprechender Qualifizierung weitergehende Versorgungsaufgaben wie zum Beispiel Wundversorgung oder Diabetikerbetreuung übernehmen“, so der Landeschef der Barmer. Auch Kommunen könnten sich stärker einbringen und beispielsweise Räumlichkeiten bereitstellen, in denen niedergelassene Ärzte eine ambulante Zweigpraxis mit medizinischem Personal betreiben könnten.