Pressemitteilungen aus Sachsen-Anhalt

Report Krankenhaus 2016 der Barmer GEK: 445.000 Sachsen-Anhalter leiden unter Adipositas

Lesedauer unter 4 Minuten

Die Häufigkeit von Adipositas (Fettleibigkeit) hat deutschlandweit in den vergangenen Jahren um 22 Prozent zugenommen. So stieg die Adipositasprävalenz von 12,9 Prozent im Jahr 2003 auf 15,7 Prozent im Jahr 2013. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Anteil fettleibiger Menschen in Sachsen-Anhalt von 17,0 auf 20,2 Prozent. Damit leiden 445.000 Menschen zwischen Arendsee und Zeitz unter Adipositas. "Nur in Mecklenburg-Vorpommern gibt es verhältnismäßig mehr Menschen mit Fettleibigkeit und krankhaftem Übergewicht", sagte Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK bei der Vorstellung des aktuellen Krankenhausreports 2016.

"Doch es leiden nicht nur immer mehr Menschen unter Adipositas, sondern leider auch immer jüngere", so Wiedemann. Denn mittlerweile sind bereits 6 Prozent aller Kinder und Jugendlichen adipös. Die Betroffenenrate unter den 3- bis 6-Jährigen liegt bei 2,9 Prozent. "Diese Entwicklung ist besonders alarmierend, weil bereits in der Jugend betroffene Personen häufig ein Leben lang an dieser Krankheit leiden", so Wiedemann. Zudem ist bekannt, dass Adipositas die Lebensqualität deutlich vermindert. Auch erhöht sich das Risiko für Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, orthopädische Leiden sowie Krebserkrankungen bei stark übergewichtigen Menschen erheblich.

"Nach unserer Analyse wurden 2014 bundesweit mehr als 7 Millionen Patienten ambulant wegen Adipositas behandelt, 13 Prozent mehr als 2006. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Krankenhausfälle mit der Hauptdiagnose Adipositas auf rund 15.000 nahezu vervierfacht", erläutert Wiedemann. Die Nebendiagnosen Adipositas erreichten 2014 sogar knapp 1 Million Krankenhausfälle bundesweit. "Adipöse Patienten werden deutlich häufiger im Krankenhaus behandelt als nicht-adipöse Patienten. Bei gleicher Diagnose haben sie im Durchschnitt 55 Prozent mehr Krankenhausaufenthalte, insbesondere Diabetes Typ 2 und Schlafstörungen treten bei Adipösen etwa vier Mal häufiger auf."

Adipositas-Chirurgie bietet Chancen – und Risiken

"Beim Großteil der Patienten ist Übergewicht ernährungsbedingt", sagt Prof. Dr. Stefanie Wolff, Leiterin des Adipositas-Zentrums des Magdeburger Universitätsklinikums. Zu energiereiche Ernährung und/oder zu wenig Bewegung sind die Hauptursachen. Hier kann mit konservativen Therapien wie Ernährungsberatung, Diäten und Bewegungstherapie schon deutlich gegengesteuert werden. Dennoch geht es Medizinern und der Barmer GEK nicht um eine pauschale Schuldzuweisung. "Manchmal sind psychische Ursachen oder auch Erkrankungen wie z.B. an der Schilddrüse verantwortlich für eine starke Gewichtszunahme. Das muss natürlich mit gezielten Therapien behandelt werden", ergänzt die erfahrene Ärztin. "Eine dauerhafte Gewichtsreduzierung ist bei Patienten, die ein Gewicht von 130 Kilogramm oder einen Body-Mass-Index größer als 40 erreicht haben, jedoch sehr schwierig. Die Chancen, dass Patienten mit einem so großen Übergewicht allein wieder Normalgewicht erreichen, ist sehr gering", ergänzt Stefanie Wolff.

Für diese Extremfälle bietet die Adipositas-Chirurgie durchaus eine wirksame Behandlungsmethode. In Magdeburg praktizieren die Ärzte seit dem Jahr 1997 diese sogenannten bariatrischen Eingriffe. 2012 wurde die Magdeburger Klinik Sachsen-Anhalts einziges zertifiziertes Kompetenzzentrum für Adipositas-Medizin. Deutschlandweit gibt es bisher 44 solcher Zentren. "Im Vergleich zu früheren Jahren ist deutschlandweit der Anteil der Magenband-Operationen fast gegen Null zurückgegangen. Dafür sind Resektions- und Bypassoperationen erheblich angestiegen", erläutert Wolff. Im vergangenen Jahr führte ihr Team etwa 50 von bundesweit rund 9.000 Adipositas-Operationen durch. Damit verzeichneten die gesetzlichen Krankenversicherungen gut fünfmal so viele Fälle wie noch im Jahr 2006. Doch jede Operation ist mit Risiken verbunden und nicht mehr rückgängig zu machen.

Nach Auswertung der Barmer GEK wurde nur etwa die Hälfte dieser Operationen in einem zertifizierten Kompetenzzentrum durchgeführt. "In einer zertifizierten Klinik sind jedoch die Komplikationen bei einem bariatrischen Eingriff geringer als in einem herkömmlichen Krankenhaus, auch das Sterberisiko ist um 15 Prozent geringer", informiert Axel Wiedemann. Aus Sicht der Krankenkasse sprechen zudem wirtschaftliche Aspekte für den Eingriff in einem zertifizierten Zentrum. Dort sind Operationen und die Folgebehandlungen nach fünf Jahren im Schnitt günstiger als in nicht zertifizierten Einrichtungen, und zwar um rund 6.000 Euro beim Magenbypass und rund 1.700 Euro bei einem Schlauchmagen.

Nachsorge und Rehabilitation sind wichtig

Aber mit einer bariatrischen Operation allein ist es nicht getan. "Nach einer Adipositas-Operation sollte immer eine engmaschige und interdisziplinäre Nachsorge erfolgen, wie sie beispielsweise das Adipositas-Zentrum der Magdeburger Universitätsklinik praktiziert", sagt Axel Wiedemann von der Barmer GEK. Und Dr. Henner Montanus, Ärztlicher Direktor der Elbe Saale Klinik Barby, ergänzt: "Die bariatrische Chirurgie ist nur eine Teillösung, die ergänzt werden muss durch ein vorgeschaltetes Gewichtsreduktions- und nachgeschaltetes Gewichtsstabilisierungsprogramm. Beides lässt sich ideal im Rahmen einer Rehabilitation realisieren."

Für die Behandlung von extrem übergewichtigen Patienten verfügt die Elbe Saale Klinik über spezielle Ausstattungen wie größere Betten, breitere Türen und Rollstühle. "Um die multimodale Therapie gezielt auf die Bedürfnisse der adipösen Patienten anzupassen, arbeiten die Fachdisziplinen Diabetologie, Stoffwechsel, Ernährungsmedizin, Kardiologie und Orthopädie eng zusammen", erläutert Montanus. Auch Bewegungsangebote, verhaltens- oder psychotherapeutische Ansätze begleiten die Reha-Angebote in der Klinik.

Grafik-Adipositasdiagnosen

Mehr zum Thema

Weitere Informationen zum Krankenhaus-Report 2016 unter www.barmer-gek.de/547387

Kontakt für die Presse:

Annemarie Söder
Pressesprecherin Barmer Sachsen-Anhalt
Telefon: 0391 56938340
E-Mailpresse.st@barmer.de
Twitter: twitter.com/BARMER_ST