Magdeburg, 12. April 2017 - Auf Grund der bekannten demografischen Entwicklungen gehört Sachsen-Anhalt zu den Bundesländern mit dem höchsten Anteil an Senioren und somit auch an Pflegebedürftigen. Doch wie entwickelt sich die Situation in der Zukunft? Was heißt das für den Bedarf an Pflegekräften? Und wie sieht dies in den Kreisen und großen Städten von Sachsen-Anhalt aus? In einer gemeinsamen Pressekonferenz werden die Barmer Sachsen-Anhalt und der Sozialverband VdK auf diese und weitere Fragen eingehen.
Sachsen-Anhalt zählt zu den Bundesländern mit dem höchsten Anteil an Pflegebedürftigen: „Denn rund 99.000 Pflegebedürftige im Jahr 2015 bedeuten, dass nahezu jeder 20. Sachsen-Anhalter Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält“, sagt Barmer-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann bei der Vorstellung des Pflegereports in Magdeburg. „Und wenn wir auf die Entwicklung der Pflegezahlen seit 1999 schauen, dann liegt unser Bundesland mit einem Anstieg der zu Pflegenden von 39 Prozent erwartungsgemäß weit vor vielen anderen Flächenländern. Doch überraschender Weise liegen wir nicht nur hinter Thüringen (+ 44%), Mecklenburg-Vorpommern (+ 59%) und Brandenburg (+ 60%) sondern mittlerweile auch hinter Hessen (+ 41%) und Baden-Württemberg (+ 42%)“, ergänzt Wiedemann. Es scheint, dass hier einige demografische Entwicklungen schneller aufgeholt wurden, als gedacht.
„Mit dem aktuellen Barmer Pflegereport haben wir zudem eine Abschätzung der künftigen Entwicklung vorgenommen“, so der Landesgeschäftsführer. Demnach wird die Zahl der pflegebedürftigen Personen in Sachsen-Anhalt bis etwa zum Jahr 2050 ansteigen, geht dann aber zurück. „Für den Zeitraum 2015 bis 2060 erwarten wir eine moderate Zunahme der Pflegebedürftigen in unserem Bundesland um 19 Prozent. Das ist im Ländervergleich der mit Abstand niedrigste Wert bundesweit!“, sagt Wiedemann. Selbst Thüringen (+ 27%), Sachsen (+ 29%) und Mecklenburg-Vorpommern (+ 34%) liegen deutlich höher. Die höchsten Zuwächse erwartet die BARMER für Berlin (+92%), Bayern (+ 88%) und Baden-Württemberg (+ 86%).
Angehörige sind oft „Pflegedienst der Nation“
„Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Pflegedienste – stationär wie ambulant – und die Bedarfe an Pflegekräften“, so Wiedemann. So sind gegenwärtig etwa 31 Prozent der zu Pflegenden in Sachsen-Anhalt vollstationär in Pflegeheimen untergebracht. Das ist einer der höchsten Werte bundesweit. Hingegen bedeuten 25 Prozent Pflege durch ambulante Dienste eher einen durchschnittlichen Satz im Bundesvergleich. Ob diese Verteilung die Wünsche der Pflegebedürftigen und ihrer Familien abbildet oder nur den vor Ort verfügbaren Angeboten geschuldet ist, bleibt offen.
Damit Betroffene auch künftig die Pflege erhalten, die für sie individuell am sinnvollsten ist, fordert die Barmer gute Informationsangebote sowie flächendeckend greifende Unterstützungsleistungen. „Wir sollten die Pflegeangebote in den Regionen transparenter machen und die vernetzte Pflegeberatung in Sachsen-Anhalt weiter bedarfsgerecht ausbauen, damit Versicherte die für sie beste Pflege auswählen können“, so Wiedemann. Doch dazu bedarf es auch einer zielgerichteten Unterstützung für Angehörige, um Pflege in der Familie dauerhaft zu ermöglichen. Hierzu bietet die Barmer bereits Kurse und Online-Seminare an.
Auch der Sozialverband VdK Sachsen-Anhalt fordert, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen im Alltag Verbesserungen erfahren. „Wir müssen Pflegebedürftige und deren Angehörige, die zu Recht als ‚Pflegedienst der Nation‘ bezeichnet werden, weiter entlasten. Dazu gehört auch, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen im Alltag die Verbesserungen nutzen können, die durch die Pflegestärkungsgesetze beschlossen wurden“, so Tino Sorge, Landesvorsitzender des Sozialverbands VdK Sachsen-Anhalt. Dieses ist die Erwartungshaltung des Sozialverbandes VdK Sachsen-Anhalt.
Pflegebedürftige müssen noch viel besser informiert werden. Auch Hilfs- und Unterstützungsangebote müssen bei den Betroffenen und ihren Angehörigen ankommen. „Da der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff einen Paradigmenwechsel darstellt, müssen wir diesen den Menschen schneller und besser erklären. Aus diesem Grund wird sich der VdK auch dafür einsetzen, dass gerade im ländlichen Raum die gesetzlich vorgeschriebene, flächendeckende Pflegeberatung umgesetzt wird!“, sagt Tino Sorge.
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gab es im Jahr 2015 in Sachsen-Anhalt 560 Pflegeheime mit rd. 21.000 Mitarbeitern und 564 ambulante Pflegedienste mit rd. 10.800 Mitarbeitern.
Regionale Unterschiede
Die Analysen des Barmer Pflegereports haben zwischen den Regionen Sachsen-Anhalts z.T. erhebliche Unterschiede registriert. So sind nur 19,5 Prozent aller Pflegebedürftigen im Saalekreis in vollstationärer Dauerpflege, gefolgt vom Burgenlandkreis (21,2 %) und dem Kreis Mansfeld-Südharz (24,3 %). Auch die Stadt Halle (Saale) liegt mit 26 Prozent noch unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt. Die höchsten Werte für stationäre Dauerpflege markieren hingegen Magdeburg (34,5 %), Dessau-Roßlau (32,8 %), der Salzlandkreis und das Jerichower Land (je 31,7 %).
Hingegen hat Halle (Saale) mit 42,3 Prozent bei der ambulanten Pflege landesweit den höchsten Wert, gefolgt vom Burgenlandkreis (38,1 %) und dem Altmarkkreis Salzwedel (37,6 %). Die geringsten Anteile bei ambulanter Pflege haben der Kreis Mansfeld-Südharz (24,4 %), der Salzlandkreis (29,5 %) und der Landkreis Stendal (29,9 %)