Magdeburg, 22. Februar 2023 – Männer und Frauen in Sachsen-Anhalt sind wegen unterschiedlicher Erkrankungen arbeitsunfähig. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Barmer hervor, der die Krankschreibungen der Barmer-versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auswertet. Demnach sind die 15- bis 29-jährigen Männer in Sachsen-Anhalt aufgrund von Verletzungen doppelt so lange krankgeschrieben als Frauen derselben Altersgruppe. Die Fehltage der jungen Sachsen-Anhalterinnen wegen psychischer Leiden liegen dagegen um den Faktor 1,7 höher als die der gleichaltrigen Männer. „Jeder und jede Einzelne profitiert davon, um geschlechtsspezifische Unterschiede zu wissen und individuelle Symptome erkennen zu können. Ich sehe einen großen Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung, wenn es darum geht, falschen Annahmen und Vorurteilen etwas entgegenzusetzen. Außerdem sollten Geschlechterunterschiede bei Präventionsangeboten und der Gesundheitsversorgung insgesamt stärker berücksichtigt werden“, sagt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt. Die medizinische Versorgung orientiere sich aktuell noch immer zu stark an männlichen Standardmodellen.
Männer sind oft verletzt
Wie aus dem Barmer-Gesundheitsreport hervorgeht, sind die 15- bis 29-jährigen Männer in Sachsen-Anhalt aufgrund von Handverletzungen siebenmal länger krankgeschrieben als Frauen derselben Altersgruppe. Während die jungen Sachsen-Anhalter wegen Frakturen im Bereich des Handgelenkes und der Hand etwa 35 Tage je 100 Versicherte arbeitsunfähig sind, kommen die gleichaltrigen Sachsen-Anhalterinnen auf lediglich 4,8 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherte. „Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern können einerseits mit der Risikobereitschaft zusammenhängen. Gerade junge Männer neigen in Beruf und Freizeit zu risikofreudigerem Verhalten, während Frauen mitunter zurückhaltender und vorsichtiger agieren. Andererseits kann die Berufswahl einen Einfluss haben“, so Wiedemann. Noch immer würden mehr Männer in Berufen arbeiten, in denen die ausgeübten Tätigkeiten mit einem erhöhten Risiko für Verletzungen einhergehen, beispielsweise im Handwerk.
Psyche macht Frauen zu schaffen
Laut Barmer-Gesundheitsreport verzeichnen die 15- bis 29-jährigen Sachsen-Anhalterinnen deutlich mehr Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen als die gleichaltrigen Männer. Demnach kommen weibliche Beschäftigte hierzulande wegen psychischer Leiden auf 4,5 AU-Tage je 100 Versicherte, männliche Erwerbstätige auf 2,6 AU-Tage je 100 Versicherte. Hinsichtlich der Einzeldiagnosen fällt auf, dass Frauen hierzulande doppelt so lange von Depressionen und vier Mal länger von Angststörungen betroffen sind als Männer. Die Sachsen-Anhalter weisen dagegen sechs Mal längere Fehlzeiten aufgrund von psychischer und Verhaltensstörungen durch Alkohol auf als die Sachsen-Anhalterinnen. „Es gibt Erkenntnisse darüber, dass sich die Symptome psychischer Probleme bei Frauen und Männern unterschiedlich äußern. Hierzu bedarf es mehr Aufklärung“, so Landeschef Wiedemann. Man könne nicht pauschal davon ausgehen, dass die psychische Gesundheit der Frauen schlechter sei als die der Männer. Vielmehr seien Frauen eher geneigt, bei körperlichen oder seelischen Beschwerden medizinische oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Krebs betrifft Männer und Frauen
Die Fehlzeiten aufgrund von Neubildungen fallen bei den 50- bis 64-jährigen Frauen in Sachsen-Anhalt höher aus als bei den Männern der gleichen Altersgruppe. Das geht aus dem Gesundheitsreport der Barmer hervor. Demnach lagen die Fehltage wegen Neubildungen bei den Sachsen-Anhalterinnen um den Faktor 1,6 höher als bei den Männern. Die häufigste Diagnose unter den Neubildungen, die Frauen betrifft, ist Brustkrebs. Bei Männern war dieser Diagnose nur ein AU-Tag je 100 Versicherte zuzuordnen. Bei Frauen lagen die Fehlzeiten mit einer entsprechenden Diagnose um den Faktor 118 höher. Bei Darmkrebs sind die Unterschiede zwischen Frauen und Männern nicht ganz so drastisch. Die Fehlzeiten der Männer im Zusammenhang mit Darmkrebs sind mit dem Faktor drei dennoch deutlich länger als die der Frauen. „Frauen nehmen im Vergleich zu Männern regelmäßiger an Früherkennungsuntersuchungen teil. Gerade beim Thema Darmkrebs können durch die rechtzeitige Entdeckung von Veränderungen Risiken für schwerwiegende Verläufe reduziert werden“, sagt Wiedemann.
Kreislauferkrankungen bei Vorsorgemuffeln
Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen laut Barmer-Gesundheitsreport in Sachsen-Anhalt zu deutlich mehr Fehltagen bei Männern (334 AU-Tage je 100 Versicherte) als bei Frauen (161 AU-Tage je 100 Versicherte). Insbesondere bei den Einzeldiagnosen „Chronische ischämische Herzkrankheit“ sowie „Akuter Myokardinfarkt“ verzeichnen Männer deutlich höhere Fehlzeiten. „Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich maßgeblich durch das Verhalten und die Ernährung in jüngeren Jahren beeinflussen. Der Lebensstil ist also ausschlaggebend. Da Männer noch immer in vielerlei Hinsicht Vorsorgemuffel sind, sind sie vermutlich von Bluthochdruck und Herzinfarkten stärker betroffen als Frauen“, so Wiedemann. Gleichzeitig gelte der Herzinfarkt als ein Paradebeispiel für mangelnde Sensibilität hinsichtlich geschlechtertypischer Unterschiede. Ein Herzinfarkt löse bei Frauen mitunter andere Symptome aus als bei Männern. Statt Schmerzen in der Brust oder im linken Arm könne es eher zu Übelkeit und Rückenschmerzen kommen. Das führe mitunter zu einer verzögerten Notfallbehandlung, weil der Infarkt nicht gleich als solcher erkannt werde.
Den aktuellen Barmer-Gesundheitsreport sowie interaktive Grafiken zum Thema finden Sie hier.