Pressemitteilung

Barmer-Arzneimittelreport - Schmerzmitteltherapie oft unnötig und riskant

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Magdeburg, 7. Mai 2024 – Patientinnen und Patienten in Sachsen-Anhalt bekommen häufig für sie ungeeignete Schmerzmittel verordnet. Das geht aus dem Arzneimittelreport der Barmer hervor. Er untersucht die medikamentöse Schmerztherapie von ambulant behandelten Barmer-Versicherten ab 18 Jahren ohne Tumordiagnose. Demnach haben knapp 39 Prozent der Sachsen-Anhalterinnen und 33 Prozent der Sachsen-Anhalter im Jahr 2021 mindestens ein Schmerzmedikament ambulant verordnet bekommen. In keinem anderen Bundesland war der Anteil der Bevölkerung mit einer medikamentösen Schmerztherapie so hoch. Hochgerechnet sind 597.200 Menschen in Sachsen-Anhalt betroffen. Bedenklich dabei ist, dass rund 26.000 Versicherten trotz Herzinsuffizienz nicht-steroidale Antirheumatika wie Ibuprofen oder Diclofenac verschrieben wurden. Dabei wird in medizinischen Leitlinien davon abgeraten, da auch ein nur kurzer Einsatz von Schmerzmedikamenten die Leistung des Herzens deutlich verschlechtern kann. Durch eine inadäquate Schmerzmitteltherapie könnte es sowohl zu vermehrten Krankenhausaufenthalten als auch zur Steigerung des Sterberisikos kommen. „Gerade die Kombination vermeintlich harmloser Schmerzmittel kann fatale Folgen haben. Die meist von verschiedenen Ärztinnen und Ärzten verordnete Therapie ist ohne digitale Unterstützung kaum mehr überschaubar“, sagt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt. Er fordert den konsequenten und verbindlichen Einsatz digitaler Helfer in der Arzneimittel-Versorgung, um den Überblick über die Gesamtmedikation und alle Neben- und Wechselwirkungen zu behalten.

Riskante Medikamenten-Kombinationen gerade bei Älteren

Der Arzneimittelreport der Barmer zeigt auch, dass Frauen in Sachsen-Anhalt über alle Altersgruppen hinweg häufiger Schmerzmittel-Verordnungen erhalten als Männer. Darüber hinaus ist die Verordnungshäufigkeit von Schmerzmitteln deutlich altersabhängig. Bei den Versicherten von 18 bis 64 Jahren hat etwa jeder Dritte, bei den Versicherten ab 80 Jahren sogar jeder Zweite eine entsprechende Verordnung bekommen. Dies ist umso bedenklicher, da der Report das tatsächliche Ausmaß der Schmerzmitteleinnahme nicht komplett abbilden kann, denn Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac und Co. sind auch rezeptfrei erhältlich. In diesen Fällen fehlt dem Arzt in aller Regel die Kenntnis der Medikamenteneinnahme, da Patienten ihre Ärzte häufig nicht darüber informieren, wenn sie rezeptfreie Präparate einnehmen. „Risiken der Selbstmedikation dürfen gerade bei Schmerzmitteln nicht unterschätzt werden. Sichere Selbstmedikation ist daher ein wichtiges Thema, bei dem die Barmer im Rahmen ihrer elektronischen Patientenakte eCare ihre Versicherten patientenspezifisch unterstützt“, sagt Wiedemann. So gebe es in der elektronischen Patientenakte der Barmer bereits die Möglichkeit, eine Behandlungshistorie zu generieren. Die Versicherten entscheiden, ob sie die Akte nutzen und ob sie diese Historie ihren Ärzten weitergeben. „Verschiedene Projekte, unter anderem der Barmer, haben zudem bewiesen, dass ein vollständiger und aktueller Medikationsplan digital generiert werden kann, ohne dass dabei Zusatzaufwand für Ärzte und Apotheken entsteht“, macht der Barmer-Landeschef deutlich. Nun gelte es, diese Möglichkeiten und Chancen endlich Versorgungsrealität werden zu lassen. Digitalisierung in der Arzneimitteltherapie könne Leben retten. Bis zur flächendeckenden Einführung der elektronischen Patientenakte solle der analoge Medikationsplan aktuell und aussagekräftig gehalten werden.

Viele chronisch Schmerzleidende in Sachsen-Anhalt

Besonders in Sachsen-Anhalt sei es wichtig, Schmerzpatienten bestmöglich zu versorgen. Die Auswertungen der Barmer zeigen, dass in Sachsen-Anhalt deutlich mehr chronische Schmerzpatienten leben als im Bundesschnitt. 711 je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner leiden hierzulande länger als sechs Monate an Schmerzen. Damit liegt Sachsen-Anhalt um 25 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 571 je 10.000 Einwohner. „Akute Schmerzen können meist gut mit schmerzlindernden Medikamenten behandelt werden. Bei andauernden Schmerzen ist es dagegen nicht ratsam, diese nur mit Medikamenten zu behandeln. Hier sollte ein ganzheitlicher Behandlungsansatz verfolgt werden“, so Wiedemann. Hinzu komme, dass chronischer Schmerz oftmals mit Begleiterkrankungen einhergehe. Mehr als zwei Drittel der chronisch Schmerzleidenden habe zugleich mit einer Depression zu kämpfen.

Kontakt für die Presse:

Annemarie Söder
Pressesprecherin Barmer Sachsen-Anhalt
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