Wie sich die Sicherheit der Arzneimitteltherapie an der Schnittschnelle von Klinik und Arztpraxis optimieren lässt, wird im Saarland derzeit beim Projekt „TOP“ getestet. TOP steht für „Transsektorale Optimierung der Patientensicherheit“ und wird vom Innovationsfonds des Bundes mit rund 9,3 Millionen Euro für vier Jahre gefördert. Bei dem Projekt arbeiten im Saarland die Barmer, das Klinikum Saarbrücken und die SHG-Kliniken Völklingen zusammen. Bei TOP sollen Patientinnen und Patienten durch das Schließen von Informationslücken vor Schaden aufgrund unzureichend abgestimmter Wirkstoffkombinationen geschützt werden. „Zu neuen Patientinnen und Patienten im Krankenhaus fehlen oft Angaben zur Behandlung von Krankheiten und dazu verordneten Arzneien. Gerade bei mehreren Erkrankungen und einer Versorgung durch verschiedene Ärztinnen und Ärzte steigt das Risiko für gesundheitsgefährdende Fehler“, sagt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Aktuelles Wissen sichergestellt
Das Projekt ermöglicht, alles Wichtige zur medizinischen Vorgeschichte aus Routinedaten der Krankenkasse ohne Zeitverzug den behandelnden Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus zu übermitteln. Sie erhalten eine Liste aller verordneten Arzneien und werden durch eine Software auf Risiken der Arzneimitteltherapie hingewiesen. „In der ambulanten Versorgung werden 1.860 Wirkstoffe in 445.000 Kombinationen verordnet. Diese Vielfalt kann niemand ohne elektronische Unterstützung beurteilen. TOP erhöht die Sicherheit für Patientinnen und Patienten, die mehrere Arzneien einnehmen“, sagt Kleis. Patientinnen und Patienten, die eine komplexe und riskante Arzneimitteltherapie erhielten, würden in chirurgischen Abteilungen durch eine Stationsapothekerin oder einen -apotheker mitbetreut. Sie unterstützten auch den Entlassungsprozess, damit beim Wechsel zurück in die hausärztliche Betreuung keine Informationen verloren gingen. „TOP ist Teil der Gesamtstrategie der Barmer für mehr Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie und wird in bundesweit 14 Kliniken praktisch erprobt“, erläutert Kleis. Projektpartner sei auch die AOK Nordost.
Aktive Rolle des Winterbergs bei Arzneimitteltherapiesicherheit
Der Geschäftsführer und Ärztliche Direktor des Klinikums Saarbrücken, Dr. Christian Braun, betont die bereits seit Jahren aktive Rolle des Winterbergs beim Thema Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS): „AMTS ist seit fast 20 Jahren ein wichtiges Thema auf dem Winterberg. Als erstes Krankenhaus in Deutschland haben wir elektronische Verordnungsunterstützung eingesetzt, den ersten Kongress für AMTS 2005 mit dem Bundesgesundheitsministerium veranstaltet. Auf nationaler Ebene geben wir seitdem durch Vorbildfunktion und Diskussionsbeiträge dem Thema Schwung.“ Das Klinikum erhoffe sich von dem Projekt Veränderungen auf der Systemebene: „Diese sind notwendig, damit Krankenhäuser besser sektorübergreifend zusammen mit den niedergelassenen Kollegen für eine sichere Arzneimitteltherapie der Patienten sorgen können.“
Bei vier von fünf Notfallpatienten fehlen wichtige Informationen
Professor Daniel Grandt, Chefarzt der Inneren Medizin I am Klinikum Saarbrücken, sagt: „Eine vom Deutschen Krankenhausinstitut durchgeführte Befragung von Krankenhäusern in Deutschland hat gezeigt, dass bei vier von fünf Notfallpatienten für Behandlungsentscheidungen wichtige Informationen zum Patienten fehlen. Studien zeigen, dass diese Informationsdefizite häufig Ursache von Medikationsfehlern sind. Obwohl Krankenhausärzte im Durchschnitt 22 Minuten pro Patient aufwenden, um fehlende Informationen zu recherchieren, bleibt die Übersicht über Erkrankungen und aktuelle Arzneimitteltherapie oft lückenhaft. Arzneimitteltherapie im Blindflug aber ist ein unkalkulierbares Risiko! Das Projekt TOP behebt dieses Problem.“
"Baustein zur Verbesserung der Patientensicherheit im Krankenhaus"
Professor Harald Schäfer, Chefarzt Medizinische Klinik II an den SHG-Kliniken Völklingen, sagt: „Das Projekt ist ein weiterer wichtiger Baustein zur Verbesserung der Patientensicherheit im Krankenhaus. Krankheits- und medikamentenrelevante Vorinformationen der Patienten stehen für die Krankenhausärzte bei Aufnahme zur Verfügung. Kritische Medikamenteninteraktionen können vermieden werden. Patienten und Hausärzte erhalten bei Entlassung wichtige Zusatzinformation bezüglich der Arzneimitteltherapie“.