Die Optimierung der medizinischen Versorgung von Pflegeheimbewohnern im Saarland kommt voran. Das hierzu vor rund einem Jahr gestartete und durch den Innovationsfonds des Bundes geförderte Projekt „SaarPHIR“ ist nach Abschluss der Pilotphase in Saarbrücken seit dem 1. April dieses Jahres auf das gesamte Saarland ausgeweitet worden.
Bisher haben Ärzte und Pflegeheime in der Pilotregion Saarbrücken ein Rahmenhandbuch mit Handlungsempfehlungen für die medizinische Versorgung von Pflegeheimbewohnern entwickelt und seine Anwendung getestet. Zu den Empfehlungen gehören unter anderem, dass Praxisärzte Versorgerteams bilden, die sich mit Pflegekräften zu Standards für die medizinische Betreuung von Pflegeheimbewohnern organisatorisch und fachlich abstimmen. Das betrifft zum Beispiel die Arzneimitteltherapiesicherheit und Sturzprophylaxe oder die Ernährung am Lebensende. Ziele des SaarPHIR-Projekts sind, Bewohnern unnötige Krankenhauseinweisungen zu ersparen und durch eine gelingende Kooperation die Arbeitszufriedenheit der Pflegekräfte und der heimversorgenden Ärzte zu verbessern.
Projekt wird von Barmer geleitet
Geleitet wird das Innovationsfondsprojekts SaarPHIR von der Krankenkasse Barmer. „Die Entwicklungs- und Pilotphase wird von den Projektbeteiligten in der Pilotregion Saarbrücken als sehr gut und erfolgversprechend bewertet“, sagt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Besonders hervorzuheben sei die konstruktive Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten im Sinne der Projektziele. Kleis betont: „Wir sind zuversichtlich, dass viele Versicherte im Saarland die Vorteile einer engeren zeitlichen und medizinischen-pflegerischen Abstimmung der Haus- und Fachärzte mit dem Pflegepersonal zu einer Teilnahme an SaarPHIR bewegen werden.“ Die Versicherten würden über eine direkte Ansprache in den Pflegeheimen über die Möglichkeit einer Teilnahme informiert.
Meiser: „Hohes Maß an Zufriedenheit mit dem neuen Versorgungsmodell“
Um für eine Teilnahme an SaarPHIR ab dem 1. April zu werben, hatten die Projektpartner Informationsveranstaltungen im Saarland für Ärzte und Pflegeheime organisiert. Laut Dr. Joachim Meiser, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland, ist es erfreulich, dass bei den Veranstaltungen über 30 Ärzte und viele Pflegeinrichtungen Interesse bekundeten: „Wir können von einer dynamischen Entwicklung in den nächsten Monaten ausgehen.“ Schnell hätten sich auch in der Pilotphase in Saarbrücken acht Ärzteteams mit fast 20 Ärzten gebildet. Die Kooperation mit den beteiligten Pflegeeinrichtungen sei in Teamkonferenzen gefestigt worden. „Regelmäßige Visiten, eine verbesserte Erreichbarkeit und erste Schritte zur Optimierung der Arzneimitteltherapie sind fest etabliert. Bei den beteiligten Ärzten gibt es ein hohes Maß an Zufriedenheit mit dem neuen Versorgungsmodell“, sagt Meiser. Die nächsten Schritte seien eine Stabilisierung der Arzneimitteltherapie und eine Etablierung regelmäßiger Fallkonferenzen.
Kilian: „Zusammenarbeit in Versorgerteams auf Augenhöhe“
An der Pilotphase haben sechs Pflegeeinrichtungen in Saarbrücken teilgenommen. „Das Modellprojekt ist gut gestartet. In der Pilotphase gab es eine deutlich positive Entwicklung in der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften“, lobt der Vorstandsvorsitzende der Saarländischen Pflegegesellschaft (SPG), Harald Kilian. „Jeder unnötige Klinikaufenthalt, der durch die optimierte Zusammenarbeit vermieden werden kann, ist ein Gewinn ist für Pflegebedürftige und Pflegekräfte.“ Das gemeinsam mit der Ärzteschaft entwickelte Rahmenhandbuch enthalte Hinweise und Empfehlungen für eine auf Dauer angelegte fachlich und organisatorisch strukturierte Zusammenarbeit. Kilian sagt: „Bei SaarPHIR arbeiten Ärzte und Pflegekräfte auf Augenhöhe miteinander. Die positiven Effekte im Arbeitsalltag sind sehr erfreulich.“ Die SPG erhoffe sich vor dem Hintergrund der jetzt schon erkennbaren positiven Effekte eine hohe Beteiligung von Pflegeeinrichtungen.
Wissenschaftlich begleitetes Projekt
Wissenschaftlich begleitet wird SaarPHIR von der Bergischen Universität Wuppertal (BUW) im Bereich der Gesundheitsökonomie, der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes im Bereich „Kooperation zwischen Ärzten und Pflegekräften“ sowie der Universität des Saarlandes beim Schwerpunkt Arzneimitteltherapiesicherheit. Alexandra Piotrowski, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung der BUW, erklärt die begleitende Forschung zu SaarPHIR: „Es wird zwei Beobachtungsgruppen geben, für die die sechs saarländischen Landkreise aufgeteilt werden zu je drei Landkreisen. Eine Gruppe wird mit der neuen, durch SaarPHIR entwickelten Form medizinischer Versorgung betreut. Für die zweite Gruppe von Pflegeheimbewohnern ändert sich die medizinische Versorgung erst einmal nicht.“ Beide Gruppen sollten je 23 Pflegeheime mit rund 2.300 Pflegeheimbewohnern umfassen. Beobachtet werde die Häufigkeit von Klinikeinweisungen der Pflegeheimbewohner. Auch würden die Veränderungen für die Ärzte und Pflegeheimmitarbeiter per Fragebogen erfasst und ausgewertet.
SaarPHIR steht für „Saarländische Pflegeheimversorgung Integriert Regelhaft“ und ist dank einer Förderung aus dem Innovationsfonds des Bundes in Höhe von 5,5 Millionen Euro möglich. Durch den Fonds werden Projekte gefördert, die neue Erkenntnisse zur Verbesserung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung bringen. Bis März 2021 läuft das Projekt noch. Neben Barmer, KV Saarland und SPG beteiligen sich an SaarPHIR die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, die Knappschaft Bochum – Regionaldirektion Saarbrücken, die DAK Rheinland-Pfalz/Saarland, die IKK Südwest, die Techniker Krankenkasse Saarland, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau - Landwirtschaftliche Krankenkasse, der BKK Landesverband Mitte, die Kaufmännische Krankenkasse und der Verband der Ersatzkassen. Weitere Projektpartner sind die Apothekerkammer des Saarlandes, die Ärztekammer des Saarlandes, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung im Saarland, der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar sowie die Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz.
Präsentieren das Rahmenhandbuch, das bei SaarPHIR genutzt wird (v.l.n.r.): Dunja Kleis (Barmer), Harald Kilian (Saarländische Pflegegesellschaft), Alexandra Piotrowski (Bergische Universität Wuppertal) und Dr. Joachim Meiser (Kassenärztliche Vereinigung Saarland). Foto: Barmer/C. Schu