Der Wahlkampf läuft. Am 26. März 2017 finden die Wahlen für den 16. Saarländischen Landtag statt.
Telemedizin, Klinikfinanzierung, Pflegekammer, Pflegepakt – die Liste der Themen in der aktuellen gesundheitspolitischen Debatte des Saarlands ist lang. Die Redaktion der STANDORTinfo befragt bis zur Wahl die im saarländischen Landtag vertretenen Parteien nach ihren Zielen und Vorstellung für die Gesundheitspolitik. Den Fragen stellten sich die gesundheitspolitischen Sprecher von SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen, Volker Schmidt und Klaus Kessler. Die Fragen wurden den Interviewten unabhängig voneinander gestellt.
Klaus Kessler, Fotoquelle: Grüne-Fraktion Saar
Volker Schmidt, Fotoquelle: SPD-Fraktion im Regionalverband Saarbrücken
Mit dem Landeskrankenhausplan gestaltet die Landesregierung die stationäre Versorgung. Welche Erwartungen haben Sie an die Aufstellung des neuen Krankenhausplanes?
Volker Schmidt: Mit Verabschiedung des neuen saarländischen Krankenhausgesetzes hat der Landtag den Vertragsparteien einen größeren eigenen Gestaltungsspielraum eingeräumt. Ich erwarte mir, dass die Vertragspartner diese neuen Gestaltungsspielräume verantwortungsvoll im Sinne unserer Patienten nutzen. Die Grundversorgung in Krankenhäusern muss in allen Regionen des Landes weiterhin gewährleistet bleiben, das heißt die Krankenhäuser in den Kreisen müssen so erhalten bleiben, dass sie auch wirtschaftlich überleben können. Der Krankenhausplan sollte so gestaltet sein, dass auf entsprechende Entwicklungen flexibel reagiert werden kann. Auf der Zeitschiene muss es allerdings zu stärkeren Spezialisierungen kommen, wobei die Maxime gelten sollte, dass nicht jeder alles machen muss.
Klaus Kessler: Wir setzen uns dafür ein, dass die stationäre Pflege in der Fläche möglichst wohnortnah gesichert ist. Dies gilt insbesondere für den ländlichen Raum. Das Leistungsangebot der Krankenhäuser muss der demografischen Entwicklung Rechnung tragen, denn einerseits schrumpft die Bevölkerung im Saarland, andererseits geht mit diesem Prozess eine Alterung der Bevölkerungsstruktur einher. Dies muss Konsequenzen für die Krankenhäuser sowie die Pflegeplanung haben. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass es genügend Ausbildungskapazitäten für die Gesundheitsfachberufe gibt, um den gestiegenen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung in qualitativer wie quantitativer Weise Rechnung tragen zu können.
Mit der Novelle des Landesheimgesetzes und der Initiierung des Landespflegepakts setzt sich die Landesregierung für bessere Bedingungen in der Pflege ein. Wie beurteilen Sie diese Ansätze?
Volker Schmidt: Die große Koalition hat von Beginn an das Thema Pflege ganz vorn auf ihre Agenda gesetzt. Uns war und ist klar, dass das Image der professionell Pflegenden dringend verbessert werden und das gesellschaftliche Ansehen dieser wichtigen Berufe gesteigert werden muss. In der saarländischen Politik wurde noch nie so viel über das Thema Pflege diskutiert wie in den letzten fünf Jahren. Das ist auch gut so! Wir benötigen dringend mehr qualifizierte junge Menschen, die sich für diese Berufe entscheiden. Grundsätzlich ist die Pflege im Saarland gut aufgestellt. Mit dem Landespflegepakt werden alle Fachleute in die Diskussion einbezogen, die einen Beitrag zur weiteren Verbesserung in der Pflegelandschaft leisten möchten. Das ist zielführend und ebenfalls gut so. Die Novelle des Landesheimgesetzes ist derzeit in der Anhörung beziehungsweise Auswertung der Anhörung. Neuere Entwicklungen sind in den Entwurf eingearbeitet, so wird zum Beispiel die Heimaufsicht auch zuständig für den ambulanten Bereich und bestimmte Formen von sogenannten Wohngemeinschaften. Grundsätzlich stehe ich voll hinter dem Entwurf für die Novellierung des Landesheimgesetzes in vorliegender Form. Gewisse Änderungen kann und wird es aber durchaus noch geben.
Klaus Kessler: Grundsätzlich stehen wir den im Pflegepakt genannten Zielen positiv gegenüber, wenngleich wir in einigen Punkten eine differenzierte Sichtweise haben, so zum Beispiel bei der generalistischen Ausbildung ohne jegliche Fachspezialisierung und der generellen Akademisierung des Pflegeberufs. Die geplante Ausweitung der Kontrollbefugnisse der Heimaufsicht durch eine Novellierung des Landesheimgesetzes halten wir angesichts der jüngsten Vorfälle im Pflegebereich für notwendig und zielführend, gerade vor dem Hintergrund der besonderen Schutzbedürftigkeit von pflegebedürftigen und behinderten Menschen.
Welches gesundheitspolitische Thema sollte im Hinblick auf die nächste Legislaturperiode noch stärker in den Blick genommen werden?
Volker Schmidt: Die ärztliche Versorgung im ländlichen Bereich wird zunehmend problematischer. Hier muss es zu einer stärkeren Verzahnung aller Anbieterbereiche kommen. Im Krankenhausbereich gilt es trägerübergreifend zu mehr Zusammenarbeit zu finden. Wenn jeder weiterhin alles machen will, führt dies zur gegenseitigen Kannibalisierung. Krankenhäuser, auch gemeinnützige, müssen wirtschaftlich auskömmlich arbeiten können. Wenn das mehr Geld kostet, dann muss mehr Geld ins System. Die, nicht neuen, Krankenhausschließungsforderungen einiger Krankenkassen sind meines Erachtens nicht wirklich zielführend. Es wird eine wichtige Aufgabe der neuen Landesregierung sein, weitere Zusammenschlüsse und Spezialisierungen an einem Standort anzuschieben und zu begleiten. Beim Thema Pflege stehen wir erst am Fuße des Eisbergs. Die Nachkriegsgeneration und vor allem die geburtenstarke Jahrgänge kommen in den nächsten ein bis drei Jahrzehnten erst in das Alter, in dem das Risiko pflegebedürftig zu werden, erheblich steigt. Wir müssen dort, wo Pflegebedürftigkeit noch nicht eingetreten, das Risiko aber vorhanden ist, stärker präventiv tätig werden, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit wenigstens hinauszuzögern. Hier sind vor allem die Kommunen in der Verantwortung. Es wird Aufgabe des Landes sein, den Kommunen diese Themenstellung näherzubringen und vor allem sie auch finanziell in die Lage zu versetzen, entsprechend agieren zu können.
Klaus Kessler: Wir Grüne setzen uns insbesondere für eine gesicherte und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung des ländlichen Raums ein. Dabei geht es uns auch um eine Stärkung der ansässigen Hausärzte. Im Übrigen muss sichergestellt sein, dass wir genügend qualifizierte Nachwuchskräfte im Pflegesektor heranbilden, um dem Pflegenotstand entgegen zu wirken.