Das Gesundheitswesen in Hessen und Rheinland-Pfalz muss effizienter und zukunftsorientierter werden. So lautet ein Ergebnis des 7. Barmer-Länderforums, zu dem die Landesvertretungen in Hessen und Rheinland-Pfalz der Krankenkasse eingeladen hatten. „Damit die Folgen der Pandemie und die Kosten der Gesetzgebung nicht weiter zur finanziellen Belastung der Beitragszahlerinnen und -zahler werden, müssen wir die Nutzung vorhandener Ressourcen weiter optimieren. Zu viele der vorhandenen Mittel versickern in doppelt vorhandenen Versorgungsangeboten, statt die Versorgung tatsächlich zu verbessern“, sagte Martin Till, Landeschef der Barmer in Hessen bei der Veranstaltung in der Handwerkskammer Wiesbaden, bei der die Beiträge der Referenten online für die Teilnehmer übertragen wurden.
Um die Gesundheitsversorgung zukünftig ohne belastende Kostensteigerungen weiter zu verbessern, müsse sich das Gesundheitswesen strukturell verändern. Es gelte, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und effizienter zu werden, so Martin Till. Das bedeute konkret, die Qualität der Versorgung durch Innovation und Digitalisierung zu erhöhen, die ambulante und stationäre Versorgung konsequenter zu planen und zu vernetzen und Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen. Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland, ergänzte: „In erster Linie darf es bei den nötigen Reformen im Gesundheitswesen nicht um die Einsparung von Finanzmitteln gehen, sondern um die Patientensicherheit und die bestmögliche Versorgungsqualität. Wichtig ist, den Anforderungen der modernen Medizin gerecht zu werden und dafür die Strukturen der Versorgung zu optimieren.“ Sie forderte eine konsequente Reorganisation des Gesundheitswesens nach dem Prinzip „ambulant vor stationär“.
Ambulante Versorgung stärken und vernetzen
Laut aktuellen Studien kann zukünftig jeder fünfte Krankenhausaufenthalt vermieden werden, wenn Lücken in der ambulanten Versorgung geschlossen, Patientinnen und Patienten noch enger betreut und die Kommunikation zwischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Krankenhäusern gestärkt werden. Für Dr. Andreas Bartels, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, ist diese Entwicklung eine Frage des gesundheitspolitischen Willens. Er sagte: „Chancen zur Ambulantisierung im deutschen Gesundheitssystem bleiben ungenutzt. Es gibt viele Möglichkeiten – jedoch muss man auch auf Seiten der Kostenträger bereit sein, eine Entwicklung zu stützen um die Etablierung neuer Versorgungsformen zu gewährleisten!“
Pandemie hinterlässt „Blaupause“ für bessere Krankenhausversorgung
Krankenhäuser in Hessen sollten auch in Zukunft jene Aufgaben übernehmen, für die sie je nach Kompetenz, Größe und Auslastung am besten geeignet sind. Diese Lehre zog Clemens Maurer, Geschäftsführer des Klinikum Darmstadt zur Koordination und Kooperation im Rahmen des Hessischen Stufenkonzeptes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie: „Durch die Pandemie wurde offensichtlich, wie wichtig die großen Krankenhäuser für die Patientenversorgung in Bezug auf Menge, Qualität und Verfügbarkeit sind. Deutlich wurde aber auch, dass kleine Krankenhäuser für die Versorgung einfacher Fälle gut aufgestellt sind. Über das Thema koordinierende Krankenhäuser in Hessen ist so eine wunderbare Blaupause entstanden, die für die weitere und für eine vernünftige Krankenhausplanung zur Verfügung steht.“
Digitalisierung als Motor effizienter Versorgungsstrukturen
Digitale Anwendungen haben laut Christoph Günther, Geschäftsführer des Awesome Technologies Innovationslabors, das Potenzial, die Kommunikation und Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten und Kliniken zukünftig weiter zu verbessern. Nach seinen Angaben hat die vom Land Hessen geförderte TeleCOVID--Covid App seines Start-up-Unternehmens in der Pandemie ein Netz aus rund 80 hessischen Krankenhäusern bei der Behandlung und Verlegung von Patientinnen und Patienten vernetzt und koordiniert. „Mit dem Projekt TeleCOVID-Covid Hessen konnten wir zeigen, wie sich Krankenhäuser großflächig vernetzen lassen. Die App, welche in enger Zusammenarbeit mit Fachärzten entwickelt wurde, ist schnell, einfach und kostengünstig in jedem Haus einsetzbar. Mit knapp 80 beteiligten Häusern verschiedener Träger ist in Hessen ein einmaliges Netzwerk in der Tele-Intensivmedizin entstanden. Das Projekt zeigt deutlich, wie die Digitalisierung zur Stärkung der Versorgungsnetzwerke im Land beitragen kann", erklärte Günther.