Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland, erläutert ihre Sicht auf die dringend nötige sektorenübergreifende Ausrichtung des Gesundheitswesens.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP das Ziel einer stärkeren sektorenübergreifenden Ausrichtung des Gesundheitssystems festgehalten. Vorgesehen war etwa die gemeinsame Planung ambulanter und stationärer Leistungen, also von medizinischen Leistungen in der Arztpraxis und im Krankenhaus, und eine sektorengleiche Vergütung für ambulant erbringbare Leistungen. Nach dem Aus der Ampelkoalition im Bund werden diese Ziele nicht mehr in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können. Die neue Bundesregierung wird den Aufbau sektorenübergreifender Strukturen zügig in Angriff nehmen müssen, auch wenn die jüngst verabschiedete Krankenausreform die Einführung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen vorsieht. Doch das reicht noch nicht aus.
Schwachstellen des sektoral gegliederten Systems sind bekannt
Wir kennen die Schwachstellen unseres sektoral gegliederten Systems sehr genau und dürfen die daraus entstehenden Nachteile für die medizinische Versorgung der Bevölkerung und für die Effizienz unseres Gesundheitssystems nicht länger in Kauf nehmen. Viele Maßnahmen für eine sektorenübergreifende Versorgung lassen sich zwar auch auf Landesebene und vor allem durch die gemeinsame Selbstverwaltung regeln. Der Gesetzgeber muss aber die Rahmenbedingungen auf Bundesebene setzen. Nur so können einheitliche und hohe Qualitätsstandards für die Versorgung der Bevölkerung garantiert werden. Auch muss der Gesetzgeber den regionalen Partnern Freiräume eröffnen, indem er für einen begrenzten Zeitraum gesetzliche Restriktionen für Pilotprojekte lockert, zum Beispiel für den Aufbau regionaler Versorgungszentren.
Idee für modulares Vergütungssystem sektorenübergreifender Leistungen liegt vor
Dringend angegangen werden muss von der neuen Bundesregierung auch eine sektorengleiche Vergütung. Leistungen, die sowohl im niedergelassenen Bereich als auch im Krankenhaus erbracht werden können, dürfen nicht unterschiedlich vergütet werden. Die Barmer hat die Idee für ein modulares Vergütungssystem für sektorenübergreifende Leistungen entwickelt, bei dem Leistungserbringer eine einheitliche Basisvergütung für eine Leistung erhalten, gleich ob sie in der Praxis oder im Krankenhaus erbracht wurde. Diese kann durch Zuschläge wegen unterschiedlicher Schweregrade einer Erkrankung oder beispielsweise für eine notwendige kurzstationäre Überwachung ergänzt werden. Gegebenenfalls können auch Vorhaltekosten für eine medizinische Einrichtung damit finanziert werden. Bei der Entwicklung eines Vergütungssystems will die Barmer auf jeden Fall Anreize setzen, mehr Leistungen ambulant zu erbringen. Die medizinisch-technische Entwicklung lässt das zu.