Fedor Ruhose ist Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung. Die Redaktion der STANDORTinfo sprach mit ihm über aktuelle pflegepolitische Themen.
Als nur eines von drei Bundesländern unterstützt Rheinland-Pfalz Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner nicht finanziell bei der Begleichung von Pflegeheiminvestitionskosten. Warum?
Treiber der Kostendynamik bei den Pflegekosten sind derzeit nicht die Entgelte für Investitionsausgaben, sondern für pflegebedingte Aufwendungen. Der Bundesgesetzgeber hat deshalb zum Jahresbeginn reagiert und Leistungszuschläge zur Begrenzung des Eigenanteils an pflegebedingten Aufwendungen geschaffen. Diese gelten natürlich auch in Rheinland-Pfalz. Mit Blick auf die Förderung von Investitionskosten ist überdies zu berücksichtigen, dass die Entgelte für Investitionsaufwendungen in Rheinland-Pfalz noch unterhalb des Bundesdurchschnitts liegen. Laut aktuellem Bericht der Bundesregierung werden Investitionsaufwendungen bei vollstationärer Dauerpflege in größerem Umfang im Übrigen nur von drei Ländern gefördert. Rheinland-Pfalz steht hier also keineswegs abseits.
Beim Kampf gegen die Personalnot in der Pflege setzt das Saarland auf eine Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe. Welche Strategie verfolgt Rheinland-Pfalz bei der Gewinnung von Personal für die Pflege und bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege?
In Rheinland-Pfalz führen wir seit Jahren die Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative Pflege durch. Ein wichtiger Schwerpunkt ist dabei die Steigerung der Auszubildendenzahlen. Im Schuljahr 2021/22 konnte die Zahl der Auszubildenden in der Pflege so bereits um über fünf Prozent gesteigert werden. Weitere Handlungsfelder sind die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe, die Optimierung des Personaleinsatzes, der Ausbau von ambulanten Versorgungssettings, die Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen und die Gewinnung und Integration von ausländischen Pflegekräften. Dazu gehört etwa die Begleitung ausländischer Fachkräfte durch den Anerkennungsprozess durch eine Beratungsstelle, die durch das Land gefördert wird. Darüber hinaus werben wir mit öffentlichkeitswirksamen Kampagnen wie „Wer Pflegt bewegt“ für Berufe in der Pflege. Im neuesten Update unserer Fachkräfteinitiative ist außerdem das Handlungsfeld „Digitalisierung in der Pflege“ neu hinzugekommen. Den Ausbau der digitalen Infrastrukturen an Pflegeschulen wollen wir weiter vorantreiben, eine digitale Bildungsoffensive in der Pflegeausbildung starten und die verstärkte Nutzung von digitalen Anwendungen in der Pflege unterstützen.
Im rheinland-pfälzischen Koalitionsvertrag von SPD, GRÜNEN und FDP kündigen die Parteien an, Modellprojekte zu prüfen, die zur Entlastung von pflegenden Angehörigen im Alltag beitragen. Wie weit ist diese Prüfung und um welche Modellprojekte handelt es sich?
Die Entlastung pflegender Angehöriger ist uns ein wichtiges Anliegen. Die landesrechtlich anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag tragen erheblich zur Entlastung in der häuslichen Pflege bei. Nach der Änderung der Landesverordnung im Herbst 2020 entwickeln sich derzeit besonders die neuen Mini-Angebote in der Hauswirtschaft sehr dynamisch. Zusätzlich testen wir mit Modellprojekten, wie der Aufbau von weiteren Angeboten zur Unterstützung im Alltag nachhaltig gelingen kann. Nicht zuletzt geht es um die Gewinnung neuer professioneller Anbieter, sowie um den Auf- und Ausbau einer regelhaften sowie unbürokratischen und bürgerschaftlichen Angebotsstruktur wie etwa der Nachbarschaftshilfe. Um die Interessenslage zu erkunden, haben wir bereits erste Gespräche mit möglichen Trägern geführt. Weitere Gespräche sind in Planung.
Mitunter ist von einer gefühlten Verschlechterung der Pflegequalität in rheinland-pfälzischen Pflegeheimen zu hören. Wie schätzen Sie dort die jüngste Entwicklung der Pflegequalität ein?
Die Pflege hat während der Corona-Pandemie Enormes geleistet, auch und gerade in den Pflegeeinrichtungen. Eine Verschlechterung der Pflegequalität kann ich daher nicht durchgängig feststellen. Natürlich gibt es einzelne Einrichtungen, bei denen es auch in früheren Zeiten immer wieder zu Mängeln gekommen ist. Die Ursachen sind vielfältig, zum Teil sind sie auch auf Personalengpässe in den Einrichtungen zurückzuführen. Eine hohe Fluktuation beim Personal und der verstärkte Einsatz von Leasingkräften können die Pflegequalität negativ beeinflussen. Aber auch die Belastungen durch die Corona-Pandemie machen sich durch Erschöpfung und Überlastung des Personals bemerkbar. Gute Pflege ist daher eng verknüpft mit guten Rahmenbedingungen für gesundes Arbeiten in der Pflege.