Am 27. März wählen die Saarländerinnen und Saarländer einen neuen Landtag. Die STANDORTinfo hat Dr. Magnus Jung, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im saarländischen Landtag, zu den gesundheitspolitischen Zielen seiner Partei im Saarland befragt.
Dr. Magnus Jung. Foto: Oliver Wagner
Die SPD im Saarland hat angekündigt, sich in der neuen Legislaturperiode noch stärker um die Themen Gesundheit und Pflege kümmern zu wollen. Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf im Saarland?
Der Pflegenotstand ist das wichtigste Problem, das wir lösen müssen, um auch in Zukunft eine gute Versorgung von kranken und alten Menschen sichern zu können. Hinzu kommt der Fachkräftemangel bei Ärzten und anderen Berufen im Gesundheitsbereich. Die Krankenhauslandschaft müssen wir stabilisieren, indem wir ausreichend Investitionsmittel zur Verfügung stellen und die Krankenhausplanung verbessern. Wir wollen weitere Krankenhausschließungen verhindern und auch zukünftig ohne private Krankenhausträger auskommen. Die Grenzen zwischen dem stationären und ambulanten Bereich müssen überwunden werden und die Qualität und Patientensicherheit müssen im Vordergrund stehen. Viele wichtige Weichenstellungen müssen im Bund erfolgen, zum Beispiel eine grundlegende Reform der Krankenhausfinanzierung. Insgesamt brauchen wir mehr Geld für die Pflege, und zwar ohne die Pflegebedürftigen zusätzlich zu belasten. Hier ist die Solidargemeinschaft gefordert.
Die Ausstattung mit Ärzten und Pflegekräften ist in Deutschland im internationalen Vergleich gut, allerdings resultiert durch unsere kleinteiligen medizinischen Versorgungsstrukturen letztlich ein Personalmangel. Inwiefern muss die saarländische Politik dies bei ihren künftigen Entscheidungen berücksichtigen?
Der Fachkräftemangel ist nicht nur auf eine kleinteilige Versorgungsstruktur zurückzuführen. In der Pflege muss sich für die Beschäftigten viel verbessern: die Bezahlung, die Arbeitsbelastung und die Wertschätzung im Arbeitsalltag. Vieles weitere kommt dazu, zum Beispiel die Verbesserungen in der Ausbildung, eine Personalbemessung nach PPR 2.0 und insgesamt ein Aufwuchs beim Pflegepersonal. Dafür wollen wir eine „Konzertierte Aktion Pflege im Saarland“ einrichten, um bis 2030 mindestens 4.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Pflege effektiv zu besetzen. Das ist ein Kraftakt, der nur gemeinsam gelingt. Die Landesregierung muss zukünftig die Verantwortung für diesen Prozess übernehmen. Es müssen auch mehr ausländische Pflegekräfte besser und schneller in die Pflege integriert werden. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass wir ausreichend Ärztinnen und Ärzte haben. Wir müssen genug ausbilden und gute Arbeitsbedingungen vorhalten. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch hier von großer Bedeutung.
Durch den medizinischen Fortschritt können immer mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden. Welcher Handlungsbedarf entsteht aus Ihrer Sicht hieraus mit Blick auf eine bessere Abstimmung bei der Planung der ambulanten und stationären Versorgung?
In der der sektorenübergreifenden Versorgung ist eine der größten Veränderungen im Gesundheitsbereich zu erwarten und zu erhoffen. Es liegt am Bund, ob hier schnell ein Durchbruch gelingt. Der Koalitionsvertrag der Ampel gibt Anlass für Optimismus. Die Frage der Finanzierung sektorenübergreifender Leistungen muss zunächst geregelt werden, dann muss die Planung dies aufgreifen. Niemand sollte Angst vor Veränderungen haben, denn in erster Linie geht es darum, was für die Patientinnen und Patienten das Beste ist. Und weil es um die Patienten geht, müssen sich die Strukturen anpassen. Die Politik darf dies nicht nur fordern, sondern muss bei der Finanzierung mitgehen. Die Digitalisierung kann dazu zusätzliche Instrumente bereitstellen. Aber auch dies muss über die Grenzen eines Anbieters oder Trägers hinaus geplant und finanziert werden. Es fehlt insgesamt nicht an Ideen, sondern an der Umsetzung und am Willen zur Veränderung. Dafür wird sich die SPD einsetzen.
Rund jeder fünfte Euro, den Pflegeheimbewohner für ihren Platz im Heim bezahlen, entfällt auf die Investitionskosten. Die Landesregierung könnte durch eine Übernahme dieser Kosten die Pflegebedürftigen spürbar entlasten. Wird das Saarland künftig in eine umfängliche Förderung einsteigen?
Die Entlastungen der Pflegebedürftigen ist ein wichtiges Ziel. Die Pflegeversicherung muss dafür grundsätzlich verändert werden – von einer Teilkaskoversicherung zu einer echten Vollversicherung. Die Finanzierung des Pflegerisikos muss in unserem Sozialstaat insgesamt neu geregelt werden. Die Beteiligung der Länder muss dabei im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Dies betrifft auch eine Beteiligung des Saarlandes an den Investitionskosten. Für die SPD ist auch wichtig, dass alle Versicherten tatsächlich die Leistungen bekommen, die ihnen tatsächlich zustehen. Dafür wollen wir die Unabhängige Patientenberatung an den Pflegestützpunkten ausbauen und eine echte Wohnberatung ermöglichen. Prävention muss alltagsorientiert umgesetzt werden. Es geht also nicht nur um die Finanzierung von Leistungen, sondern um eine sinnvolle Entwicklung von Leistungen und Angeboten.