Joseph Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ist unter anderem Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit im rheinland-pfälzischen Landtag. Die Redaktion der STANDORTinfo befragte ihn zu aktuellen gesundheitspolitischen Themen.
Herr Winkler, Sie sind gelernter Krankenpfleger und kennen die Personalknappheit im Pflegebereich vermutlich aus eigener Erfahrung. Was halten Sie von der Idee, beim Kampf gegen die Personalnot in der Pflege wie das Saarland auf eine Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe zu setzen?
Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Beratungsstelle für die Anerkennungen ausländischer Berufsabschlüsse in den Gesundheitsfachberufen, die aus Landesmitteln gefördert wird. Die deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe wurde im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege von den Ländern gegründet und kann auch von allen Ländern genutzt werden. In NRW wird zum Beispiel demnächst eine Zweigstelle gegründet. Auch rheinland-pfälzische Unternehmen nutzen bereits die Angebote. Zusätzliche Strukturen in Rheinland-Pfalz sind nicht notwendig.
Als nur eines von drei Bundesländern unterstützt Rheinland-Pfalz Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner nicht finanziell bei der Begleichung von Pflegeheiminvestitionskosten. Warum?
Der ursprünglich zugedachte Zweck der investiven Förderung von Pflegeeinrichtungen, eine zahlenmäßig ausreichende Angebotsstruktur sicherzustellen, ist bezogen auf die vollstationäre Pflege erreicht. Es fehlt in Rheinland-Pfalz nicht an Pflegeplätzen, sondern an Pflegekräften. Die Zahl der Pflegekräfte weist aber keinen Zusammenhang zur investiven Förderung der Pflegeeinrichtungen auf. Darüber hinaus zeigt sich die gegenwärtige Kostendynamik landes- und bundesweit in erster Linie bei den Pflegesätzen sowie den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung, nicht bei den Entgelten für Investitionsaufwendungen. Laut aktuellen Daten des Verbands der Ersatzkassen liegen die rheinland-pfälzischen Entgelte für Investitionsaufwendungen unterhalb des Bundesdurchschnitts. Eine umfassende flächendeckende Wirkung durch investive Förderung wird laut dem letzten Bericht der Bundesregierung über die investive Förderung von Pflegeeinrichtungen lediglich in vier Ländern erzielt. Neben den drei Ländern, die überhaupt nicht investiv fördern, steht somit eine Reihe an Ländern, die mit begrenztem Mitteleinsatz selektiv fördert.
In ihrem Programm zur letzten Landtagswahl hatten sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für mehr Kooperationen und Spezialisierung der Krankenhäuser zum Nutzen der Patientinnen und Patienten ausgesprochen. Welche Fortschritte hat Rheinland-Pfalz unter der rot-grün-gelben Landesregierung mit Blick auf dieses Ziel seit Übernahme der Regierungsgeschäfte vor rund zwei Jahren gemacht?
Wir haben in dieser Frage zunächst abgewartet, wie sich die neue Bundesregierung positioniert. Nun liegen seit dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz am 10. Juli dieses Jahres die Eckpunkte für eine bundesweite Krankenhausstrukturreform vor, die gerade auch dies vorsieht, nämlich mehr Kooperationen und Spezialisierung der Krankenhäuser. Die Reform ist der Zukunftsplan für unsere Krankenhauslandschaft und vor allem eine Lebensversicherung für kleine bedarfsgerechte Krankenhäuser in ländlichen Räumen. Uns Grünen ist wichtig, dass diese Häuser eine Perspektive erhalten und sie künftig eine wichtige Rolle in der sektorenübergreifenden Versorgung vor Ort spielen können. Zentrales Element der Reform ist eine neue Form der Finanzierung. Zukünftig werden die Krankenhäuser einen Teil ihrer Vergütung unabhängig von den Fallzahlen erhalten. Aus dieser so genannten Vorhaltefinanzierung wird künftig ein großer Teil der Krankenhauseinnahmen bestehen. Das hilft insbesondere kleinen Häusern im ländlichen Raum, die durch das bisherige Finanzierungssystem immer weiter zu einer Steigerung der Zahl an Patientinnen und Patienten gezwungen wurden. Durch das Element der Vorhaltefinanzierung entlasten wir die Häuser von diesem ökonomischen Druck und geben ihnen eine Zukunftsperspektive und den Bürgerinnen und Bürgern Versorgungssicherheit. Zusätzlich wird es überregionale Krankenhäuser geben, die sich auf bestimmte Leistungen spezialisieren. Dazu werden bundeseinheitliche Leistungsgruppen definiert, denen jeweils Anforderungen an Personal und Ausstattung hinterlegt sind. So können die Patientinnen und Patienten sich darauf verlassen, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort behandelt werden. In Rheinland-Pfalz werden wir den durch den Bund vorgegebenen Rahmen mit der Anpassung des Landeskrankenhausplans und dem Landeskrankenhausgesetz voraussichtlich bis 2026 umsetzen.
In der laufenden Legislaturperiode will die Landesregierung das Krankenhausgesetz novellieren und Regelungen zu Qualität und Patientensicherheit aufnehmen. Welchen Einfluss haben die Pläne von Bunddesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf dieses Vorhaben?
Da wir diese Pläne über die Gesundheitsministerkonferenz maßgeblich mit beeinflusst haben, werden wir diese natürlich wie bereits gesagt in der Novellierung unseres eigenen Landesgesetzes umsetzen und zugrunde legen. Es war höchste Zeit, dass es hier bundeseinheitliche Vorgaben gibt, die in allen 16 Bundesländern gleichermaßen gelten.