Letzten Sonntag fand die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag statt. Die Barmer unterbreitet in ihren gesundheitspolitischen Positionen Vorschläge für die Gesetzgebung der kommenden Legislaturperiode. Zwar bietet das deutsche Gesundheitssystem den Patienten eine medizinische Versorgung auf hohem Niveau, dennoch weist es bedeutende strukturelle Defizite auf, die zu Einbußen bei der Qualität der Versorgung führen oder aber die Wirtschaftlichkeit mindern.
Gut zusammenarbeiten: Versorgung sektorübergreifend gestalten
Bislang fehlt es an überzeugenden Konzepten, wie Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte patientenorientiert und aufeinander abgestimmt ihre Zusammenarbeit verbessern können. Es braucht offene Grenzen zwischen den Versorgungssektoren, damit die Patientenversorgung optimal abgestimmt ist. Denn die Behandlung endet nicht mit der Entlassung aus dem Krankenhaus.
Kommende Reformen müssen bereits bei der Bedarfsplanung ansetzen. Würde der Bedarf an medizinischen Leistungen in Zukunft sektorübergreifend geplant, könnte Fehlversorgung vermieden und erhebliche Verbesserungen im Sinne der Patienten erreicht werden. Um die professionenübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern, sollten sich Leistungserbringer in regionalen Versorgungsverbünden vernetzen.
Vom Krankenhaus um die Ecke zum Krankenhaus der besten Qualität
Deutschland hat zu viele Krankenhäuser, darunter leiden Qualität und Wirtschaftlichkeit. Dies zeigt sich in einem deutlichen Qualitätsgefälle zwischen den Kliniken. Routine und Erfahrung bei der stationären Leistungserbringung führen zu weniger Todesfällen und Komplikationen. Deshalb sollten seltene und schwere Erkrankungen künftig in Kompetenzzentren behandelt werden. Also dort, wo die besten Spezialisten mit größtem Wissen über die Erkrankung arbeiten. Wenn das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen schlechte Qualität attestiert, muss eine Schließung von Abteilungen oder ganzen Krankenhäusern eine mögliche Konsequenz sein.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Modernste Technik hilft beim Gesundwerden. Sie spart Patienten lange Wege und Wartezeit, beschleunigt Diagnosen und Behandlungen. Auch wenn die Telemedizin die klassische ärztliche Versorgung nicht ersetzen kann: Für die Sicherstellung einer hochwertigen und flächendeckenden medizinischen Versorgung bietet sie ein großes Potenzial. Das ist eine Chance, die verantwortungsvoll genutzt werden muss. Voraussetzung ist, dass der Schutz von Daten der Versicherten gewährleistet ist und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt bleibt.
Wichtig ist die Vereinbarung einheitlicher technischer Standards, damit Ärzte mit Versicherten schnell und reibungslos kommunizieren können. Hierzu sollte die Telematikinfrastruktur zügig bundesweit ausgebaut werden. Damit keine Parallelstrukturen entstehen, sollte sie die alleinige Plattform darstellen.
Faire Wettbewerbsbedingungen schaffen
Der Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen soll einen fairen Wettbewerb ermöglichen. Doch genau das ist nicht gewährleistet. Es zeigt sich dringender Handlungsbedarf beim sogenannten morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Er ist der Schlüssel, nach dem die Gelder aus dem Gesundheitsfonds an die einzelnen Kassen verteilt werden. Die Dynamik, mit der die Deckungsbeiträge der einzelnen Kassen auseinanderlaufen, ist rasant. Das System wird zunehmend instabiler und bildet keine stabile Finanzierungsgrundlage mehr. Es zeichnet sich bereits jetzt eine deutliche Spreizung der individuellen Zusatzbeitragssätze der Kassen ab, die auch in Mängeln des Morbi-RSA begründet ist.
Bundesweite und regionale Kassen müssen gleich behandelt werden. Durch die Einführung einer Versorgungsstrukturkomponente müssen regionale Angebots- und Kostenstrukturen berücksichtigt werden. Zugleich sollten die Kosten für Patienten, die an besonders seltenen Krankheiten leiden, durch einen Hochrisikopool zwischen den Krankenkassen ausgeglichen werden. Grundsätzlich muss der Morbi-RSA nach Auffassung der Barmer regelmäßig evaluiert werden.