Im Juni fand in Ludwigshafen der Digitalgipfel der Bundesregierung statt, der zum Ziel hatte, den digitalen Wandel der Gesellschaft voranzutreiben. Die Vernetzung im Gesundheitswesen war in diesem Jahr ein wichtiges Thema, denn hier herrscht großer Aufholbedarf. Dabei eröffnen sich bei der Behandlung von Patienten ganz neue Chancen, etwa für die Verbesserung der Diagnostik und Therapie aber auch für die Sicherstellung einer hochwertigen und flächendeckenden Versorgung.
In strukturell schwachen Regionen, wo Spezialisten rar sind, schließen digitale Programme bereits Versorgungslücken: Onlinebasierte Gesundheitstrainings wie PRO MIND, das die Barmer in Kooperation mit der Leuphana-Universität Lüneburg anbietet, bieten Patienten mit psychischen Beschwerden evidenzbasierte Hilfestellung und überbrücken die Wartezeit auf einen Therapieplatz. Ausgehend von einer validen Analyse der psychischen Gesundheit, erhält der Nutzer sein Gesundheitsprofil und individualisierte Maßnahmen zur Verbesserung und Erhaltung der psychischen Gesundheit. Dabei kann der niedrigschwellige und anonyme Zugang zum zeit- und ortsunabhängigen Angebot sogar einen nützlichen Vorteil gegenüber der konventionellen Therapie bedeuten.
„Dreh- und Angelpunkt ist die elektronische Patientenakte“
Auch andere eHealth-Methoden aus den Bereichen Dokumentation und Kommunikation können einen Beitrag zur Qualitätssteigerung leisten. So ermöglicht das Barmer-Telekonsil-Verfahren „PädExpert“ Kinderärzten die Online-Konsultation eines fachärztlichen Pädiaters, zum Beispiel eines Kinderrheumatologen, um dessen Expertenwissen schnell verfügbar zu machen.
Die Zukunft der Medizin ist digital. Grafik: neyro, fotolia.com
Zur Regel im deutschen Gesundheitswesen gehören telemedizinische Programme jedoch noch nicht. Um die digitale Vernetzung zu intensivieren, kommt es vor allem auf die reibungslose Kommunikation zwischen den Akteuren an. Barmer Landesgeschäftsführerin Dunja Kleis sagt: „Dreh- und Angelpunkt ist die elektronische Patientenakte.“ Sie ermöglicht einen direkten und schnellen Zugriff auf wichtige medizinische Daten des Patienten. Auf diese Weise wird die interdisziplinäre Versorgung der Patienten optimiert beziehungsweise vielfach erst ermöglicht.
Höchste Sensibilität beim Umgang mit Versichertendaten
Allerdings ist im Gesundheitswesen höchste Sensibilität beim Umgang mit Versichertendaten notwendig. Deshalb ist es wichtig, dass alle Beteiligten zur Einhaltung der hohen Sicherheitsstandards der Telematik-Infrastruktur verpflichtet werden. Sie bildet die Grundlage für die Vernetzung der IT-Systeme und muss als alleinige Kommunikationsplattform gestärkt werden. Entscheidend dafür ist ihr zügiger bundesweiter und sektorenübergreifender Ausbau. Um die Akzeptanz zu stärken, sollte sie für zusätzliche digitale Anwendungen geöffnet werden, ein einheitlicher Standard muss dabei die Interoperabilität der verschiedenen Systeme gewährleisten.
Die Barmer beteiligt sich seit Jahren an Projekten zur Digitalisierung und setzt auf die Zusammenarbeit mit Start-ups sowie die Beteiligung am Earlybird-Health-Tech-Fonds, der speziell für Investitionen in die Medizintechnologie eingerichtet worden ist. Mit dem Beitritt zum Bundesverband Internetmedizin möchte die Barmer die Regeln und Standards des wachsenden Marktes mitbestimmen. Denn bei den derzeit auf dem Markt befindlichen Angeboten gibt es oftmals noch Mängel in Bezug auf Qualität und Nachhaltigkeit. Sicherheit vor kriminellen Angriffen auf hochsensible Daten und der Schutz der Privatsphäre sind eine große Herausforderung. Für die Verbraucher ist es oft schwierig, Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Anbieter zu beurteilen. Qualitätsstandards für gesundheitsbezogene Informationen wären hilfreich und könnten das Vertrauen in die neuen Medien stärken. Oberstes Ziel muss ein echter Nutzen für die Patienten sein, ohne dass diese die Hoheit über ihre Gesundheitsdaten verlieren.