In fast keinem anderen Bundesland gehen die Menschen seltener zum Zahnarzt als in Rheinland-Pfalz. Die Saarländer sind sogar Schlusslicht bei den Zahnarztbesuchen. Das zeigt der Zahnreport 2016 der Barmer GEK, der in Zusammenarbeit mit der Dresdner Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und Agenon Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Gesundheitswesen erstellt wurde.
"Demografisch lassen sich die Unterschiede nicht erklären. Die Ergebnisse im Zahnreport werden in einer entsprechend der Geschlechts- und Altersstruktur der deutschen Bevölkerung standardisierten Form präsentiert", berichtet Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer GEK in Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Im Jahr 2014 haben 67,9 Prozent der Rheinland-Pfälzer einen Zahnarzt aufgesucht. Damit lagen sie unter dem Bundesdurchschnitt von 71,3 Prozent und deutlich hinter dem Spitzenreiter Sachsen, wo 78,1 Prozent der Menschen zum Zahnarzt gingen. Noch seltener fanden sich nur die Saarländer (64,8 Prozent), Hamburger und Bremer (je 66,8 Prozent) bei ihrem Zahnarzt ein. . Im Vergleich zum Jahr 2013 blieb der Anteil der Rheinland-Pfälzer (67,4 Prozent) und Saarländer (63,5 Prozent), die einen Zahnarzt besuchten, fast unverändert. Innerhalb von Rheinland-Pfalz und dem Saarland gibt es dagegen deutliche Unterschiede. Am häufigsten gingen in Rheinland-Pfalz die Bewohner der Landkreise Mainz-Bingen und Cochem-Zell (je 69,8 Prozent) zum Zahnarzt. Schlusslichter sind die kreisfreie Stadt Pirmasens (61,7 Prozent) und der Eifelkreis Bitburg-Prüm (63,2 Prozent). Im Saarland gingen die Bewohner des Saarpfalz-Kreises (66,4 Prozent) und des Landkreises Saarlouis (65,9 Prozent) am häufigsten zum Zahnarzt. Schlusslichter sind in dieser Kategorie der Landkreis Neunkirchen (63,0 Prozent) und der Regionalverband Saarbrücken (63,7 Prozent).
Zahnvorsorge-Leistungen: Rheinland-Pfalz weit hinten
Es gibt weitere Anhaltspunkte dafür, dass Rheinland-Pfälzer und Saarländer im Vergleich mit den Bewohnern anderer Bundesländer eher Zahnarztmuffel sind. Prophylaxe-Leistungen nahmen 2014 nur 48,0 Prozent (Bundesdurchschnitt: 52,7 Prozent) der Rheinland-Pfälzer in Anspruch. Lediglich in Niedersachsen, Bremen und dem Saarland (46,9 Prozent) taten dies noch weniger Menschen.
Nur 31,1 Prozent (Bundesdurchschnitt: 33,9 Prozent) der rheinland-pfälzischen Kinder im Alter von zweieinhalb bis sechs Jahren erhielten eine zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen. Schlechter schneiden nur Nordrhein-Westfalen, Bremen und das Saarland (25,2 Prozent) ab. Besorgniserregend auch: Bloß 61,8 Prozent (Bundesdurchschnitt: 64,5 Prozent) der Sechs- bis unter 18-jährigen Rheinland-Pfälzer nahmen an der Individualprophylaxe teil. Das bedeutet Platz neun von 15 der in dieser Kategorie untersuchten Bundesländer. Das Saarland (57,8 Prozent) liegt in diesem Fall auf dem vorletzten Platz hinter Bremen.
Positiv: Vergleichsweise wenig Karies in Rheinland-Pfalz
"Rheinland-Pfalz fällt im Ländervergleich in einer Kategorie positiv auf", berichtet Kleis. So haben nur 25,1 Prozent (Bundesdurchschnitt: 28,7 Prozent) der Menschen im Land eine Zahnfüllung erhalten. Nur in Bremen und dem Saarland war dies bei weniger Zahnarztpatienten der Fall. Da ein gefüllter Zahn oft vorher von Karies befallen war, ist der Anteil der Versicherten mit mindestens einer Füllung auch ein Indikator für das Auftreten von behandlungsbedürftiger Karies. Bei den unter 18-Jährigen ist Rheinland-Pfalz sogar Spitzenreiter. Nur 13,6 Prozent der Minderjährigen erhielten im Jahr 2014 eine Zahnfüllung.
"Werden Karies und andere Zahnerkrankungen früh festgestellt und rechtzeitig behandelt, können viele Zähne erhalten werden", sagt Kleis. Mindestens einen Zahn gezogen bekommen haben 9,0 Prozent der Rheinland-Pfälzer. Das entspricht genau dem Bundesdurchschnitt und führt zu Platz neun im Ländervergleich. Auf Platz zwei im bundesweiten Vergleich liegt das Saarland, wo 14,7 Prozent eine Zahnfüllung erhielten.
Zahnersatz: Überdurchschnittliche Zuzahlungen in Rheinland-Pfalz
Überdurchschnittlich hoch sind die Zuzahlungen der rheinland-pfälzischen Versicherten für Zahnersatz. Die Ausgaben für den sogenannten Eigenanteil lagen in Rheinland-Pfalz bei 962 Euro (Bundesdurchschnitt: 904 Euro) je Versichertem. Das Saarland liegt mit 853 Euro je Versichertem unter dem Bundesdurchschnitt. Bei Spitzenreiter Bayern lag die Höhe der Zuzahlungen bei durchschnittlich 1.132 Euro. Am billigsten kamen die Versicherten in Sachsen-Anhalt weg, wo die Zuzahlungen im Schnitt 628 Euro betrugen.
Dazu sagt Kleis: "Als gesetzliche Krankenkasse fordert die Barmer GEK eine deutliche Stärkung der Regelversorgung, das heißt der zahnmedizinisch notwendigen, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Zahnersatz." Es sei wichtig, dass Patienten ihre Entscheidung gut informiert treffen. Vorzüge und Nachteile der Regelversorgung, aber auch Alternativen sollten transparent dargestellt werden.
Patienten wählen oft die teurere, aber nicht bessere Zahnversorgung
Beispielhaft nennt die Landesgeschäftsführerin die häufigste Form der Zahnersatzversorgung, die Zahnkrone: "Zur metallischen Vollkrone oder teilverblendeten Krone gibt es derzeit keine gleichwertige Alternative. Dennoch entscheiden sich bei weitem die meisten Patienten gegen diesen Weg." Zahnärzte sollten ihre Patienten objektiv informieren, was der Stand der Zahnmedizin ist. Offenbar würden immer mehr Menschen teurere, aber nicht unbedingt bessere Alternativen wählen. "Von der Wahl der konkreten Versorgung hängt die zahnärztliche Vergütung ab. Auch dies könnte ein Einflussfaktor sein", sagt Kleis.
Zugleich spricht sich Kleis dafür aus, die Forschung in der Zahnmedizin im Blick zu behalten. So würden Patienten mit zahnlosem Unterkiefer in der Regelversorgung mit einer schleimhautgetragenen Totalprothese versorgt. Zahnmedizinisch sei dies aber nur die zweitbeste Lösung. "Viele der vor allem betroffenen Älteren klagen unter anderem über mangelnden Halt und schmerzhafte Druckstellen. Mehr Komfort bieten Implantate, also künstliche Zahnwurzeln, und darauf gestützter fester Zahnersatz." Es sei an der Zeit, dass die Implantatlösung bei zahnlosen Unterkiefern Teil der Regelversorgung werde.
Weitere Informationen, Grafiken und Statements zum Zahnreport gibt es unter: www.barmer-gek.de/547080.