Saarbrücken, 8. Mai 2020 – Noch nie sind Beschäftigte im Saarland öfter wegen Leiden am Muskel-Skelett-System wie zum Beispiel Rückenschmerzen krankgeschrieben gewesen als im Jahr 2019. Das zeigen repräsentative Auswertungen der Barmer. Die Krankenkasse hat dafür die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen von 54.000 bei ihr versicherten Erwerbspersonen mit Wohnsitz im Saarland anonymisiert ausgewertet und auf die Erwerbspersonenstruktur des Landes hochgerechnet. „Schon mit kleinen Maßnahmen können Firmen dazu beitragen, die Häufigkeit von Rückenleiden oder Gelenkproblemen bei ihren Mitarbeiten zu senken“, sagt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Laut Barmer-Erhebung blieb jeder saarländische Beschäftigte rechnerisch 4,6 Arbeitstage wegen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems der Arbeit fern (2018: 4,3 Tage). Das entspricht einer Zunahme von 15 Prozent im Vergleich zum Jahr 2013 (4,0 Tage) und ist der höchste Wert unter den westdeutschen Bundesländern. Am häufigsten stellten Ärzte dabei die Diagnosen „Rückenschmerzen“ und „Bandscheibenschaden“. Die meisten Tage von Arbeitsunfähigkeit wegen Muskel-Skelett-Krankheiten wurden im Landkreis St. Wendel gezählt (5,1 Tage), die wenigsten im Regionalverband Saarbrücken (4,2 Tage). Im Vergleich der Bundesländer weist Sachsen-Anhalt den Höchst- (5,0 Tage) und Hamburg den Tiefstwert (3,0 Tage) auf bei den Arbeitsunfähigkeitstagen wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen.
Muskel-Skelett-Erkrankungen: Hauptursache von Krankschreibungen
Muskel-Skelett-Erkrankungen waren im Saarland die Hauptursache für Krankschreibungen. Hohe Werte weist das Saarland aber auch bei den Krankschreibungen wegen psychischer Leiden auf (4,3 Tage, Bund: 3,6 Tage). In keinem anderen Bundesland wurden mehr Arbeitsunfähigkeitstage wegen seelischer Erkrankungen erfasst. Die häufigsten diagnostizierten psychischen Leiden waren Depressionserkrankungen. Die meisten Tage von Arbeitsunfähigkeit wegen seelischer Krankheiten im Saarland wurden im Regionalverband Saarbrücken (4,8 Tage) registriert, die wenigsten im Landkreis Merzig-Wadern (4,0 Tage). Im Vergleich aller 413 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland landete der Regionalverband Saarbrücken auf Platz 17.
Barmer-Landesgeschäftsführerin Kleis sagt: „Rückenschmerzen sind eine Volkskrankheit, für die es vielfältige Gründe gibt. Die genaue Ursache der Beschwerden bleibt aber meist ungeklärt.“ Mit Blick auf das Saarland sei interessant, dass die Medizin neben körperlichen Faktoren für Rückenschmerzen auch Depressionen als mögliche Ursache benennt: „Gerade bei Rückenbeschwerden hängen körperliche und psychische Faktoren eng zusammen. Geistig-seelische Prozesse sind selten die alleinige Ursache der Beschwerden, aber beeinflussen den Verlauf der Rückenschmerzen vermutlich stärker als körperliche Faktoren.“ Psychische Faktoren könnten Rückenschmerzen verstärken oder lindern.
Arbeitszufriedenheit und Rückenbeschwerden hängen oft zusammen
Nach den Worten von Kleis kann auch sehr schwere körperliche Arbeit ein Risiko für Rückenbeschwerden darstellen. Meist ist dies aber nicht der entscheidende Faktor. Viele Studien zeigen, dass die Zufriedenheit bei der Arbeit und mit dem Arbeitsplatz eng mit dem Auftreten oder Wahrnehmen von Rückenschmerzen zusammenhängen. „Unsicherheit, Zukunftsängste und ungelöste Probleme am Arbeitsplatz fördern die Entwicklung chronischer Rückenschmerzen. Dagegen schützen ausreichende Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume bei der Arbeit, ein gutes Betriebsklima sowie die Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte vor chronischen Beschwerden“, erläutert Kleis. Für die Rückengesundheit seien auch häufige Haltungs- und Belastungswechsel am Arbeitsplatz wichtig.
Mehr als jeder zweite Tag (55,6 Prozent) von Arbeitsunfähigkeit ging im Jahr 2018 auf das Konto von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (22,2 Prozent), seelischen Leiden (20,8 Prozent) und Atemwegserkrankungen (12,6 Prozent). Über alle Krankheiten hinweg war jeder Beschäftigte im Saarland 20,7 Tage arbeitsunfähig (2018: 21,1 Tage, Bund: 18,2 Tage) zuhause. Im Durchschnitt meldete sich jede Erwerbsperson in dem Bundesland 1,3 Mal krank. Knapp sechs von zehn Beschäftigten (57,1 Prozent) im Saarland meldeten sich mindestens einmal arbeitsunfähig (2018: 59,6 Prozent, Bund: 54,3 Prozent). Der Krankenstand lag bei 5,7 Prozent (2018: 5,8 Prozent, Bund 5,0 Prozent). „Das bedeutet, dass an einem durchschnittlichen Kalendertag von 1.000 Beschäftigten im Saarland 57 arbeitsunfähig gemeldet waren“, erklärt Kleis.