In Deutschland leiden rund 3,25 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen ohne direkten Bezug auf ein Organ, davon rund 163.000 in Rheinland-Pfalz und 45.000 im Saarland. Das sind 4,1 Prozent der Versicherten in Rheinland-Pfalz und 4,5 Prozent im Saarland. Zu dem Volksleiden hat die Barmer GEK in ihrem Arztreport erstmals gesicherte Zahlen auf Basis von 8,6 Millionen Versichertendaten aus dem Jahr 2014 vorgelegt.
Damit leiden in Rheinland-Pfalz in etwa so viele Menschen an dauerhaften Schmerzen wie im Bundesschnitt, der bei 4 Prozent liegt. Am häufigsten sind mit 5,8 Prozent die Menschen in Brandenburg betroffen. Die niedrigsten Raten wurden in Bremen (2,9 Prozent), Hamburg (3,1 Prozent), Nordrhein-Westfalen (3,5 Prozent) und Baden-Württemberg (3,5 Prozent) ermittelt.
Regionale Unterschiede in Rheinland-Pfalz und dem Saarland
In den rheinland-pfälzischen Kreisen und Städten ist die Zahl von Schmerzpatienten unterschiedlich hoch. Während in Neustadt an der Weinstraße mit 6 Prozent und im Kreis Südliche Weinstraße mit 5,6 Prozent die höchsten Diagnoseraten dokumentiert wurden, lagen die niedrigsten Werte mit 2,8 Prozent der Bevölkerung im Kreis Mainz-Bingen und 3,2 Prozent in Mainz deutlich darunter. Deutlich sind die Unterschiede auch im Saarland. Während der Kreis Merzig-Wadern mit 6,4 Prozent die höchste Diagnoserate aufweist, lagen die niedrigsten Werte mit 3,4 Prozent der Bevölkerung im Kreis St. Wendel und 3,7 Prozent im Saarpfalz-Kreis deutlich darunter.
Chronische Schmerzen werden in allen Altersgruppen deutlich häufiger bei Frauen dokumentiert, wobei die Zahl der Betroffenen mit dem Alter ansteigt. Bundesweit waren in der Gruppe der über 80-Jährigen im Jahr 2014 etwa 9,3 Prozent der Männer und 15,2 Prozent der Frauen betroffen. Bei den über 90-Jährigen lag die Diagnoserate bei rund 10 Prozent der Männer und knapp 16 Prozent der Frauen.
Kampf gegen chronischen Schmerz als nationales Gesundheitsziel
Dass die Bekämpfung chronischer Schmerzen angesichts von Millionen Betroffenen in Deutschland zu einem nationalen Gesundheitsziel werden sollte, fordert deshalb Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der BARMER GEK in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. "Viele Patienten erleben eine Odyssee bis ihnen geholfen werden kann", sagt Kleis. Es fehle an einer Vernetzung zwischen den medizinischen Fachgebieten.
"Wir brauchen eine durchgängige Versorgungskette, beginnend beim Hausarzt als Lotsen, über eine ambulante Schmerztherapie bis hin zu einer multimodalen Schmerztherapie im Krankenhaus für Patienten mit besonders schwerwiegenden Krankheitsverläufen", betont Kleis. Chronischer Schmerz sei eine eigenständige Erkrankung, die sehr spezifisch behandelt werden müsse. "Betroffene bekommen 70 Prozent mehr Medikamente als gleichaltrige Patienten. Damit muss man bei Schmerzpatienten zweifellos gehäuft mit Nebenwirkungen und unerwünschten Wechselwirkungen rechnen", sagt die Landesgeschäftsführerin.
Hausärzte als Lotsen
Kleis setzt auf die Hausärzte als Lotsen: "Wenn Patienten mit akuten Schmerzen in eine Praxis kommen, ist es das erste Ziel, sie von diesen Schmerzen zu befreien. Sind die Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich, kann der Hausarzt am besten einschätzen, welche weiteren Therapieschritte zu welchem Zeitpunkt nötig sind." Nötig sei, dass schnell überwiesen werde und ein strukturiertes Behandlungskonzept über die verschiedenen Arztdisziplinen hinweg verfolgt würde. Für niedergelassene Ärzte besteht die Möglichkeit der Fortbildung zum spezialisierten Schmerztherapeuten. Bisher gibt es davon 79 in Rheinland-Pfalz und 17 im Saarland.
Die multimodale Schmerztherapie bei schweren Verläufen chronischer Schmerzerkrankungen verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und gilt als besonders erfolgversprechend. Es werden mehrere Fachdisziplinen einbezogen, darunter Ergotherapie und Psychotherapie. In Rheinland-Pfalz haben im Jahr 2014 bezogen auf 100.000 Einwohner 115 Patienten eine multimodale Schmerztherapie erhalten, im Saarland waren es 76 je 100.000 Einwohner. Bundesweit erhielten 75 Patienten je 100.000 Einwohner eine multimodale Schmerztherapie.
Dennoch ist die Versorgung mit multimodaler Schmerztherapie besonders unter Qualitätsgesichtspunkten nicht ausreichend sichergestellt. "Natürlich lassen sich die dafür notwendigen Rahmenbedingungen nicht von heute auf morgen schaffen", bemerkt Kleis. Es gehe dabei in erster Linie um die Qualität und Effektivität der Behandlung. "Wir unterstützen daher die Bemühungen der medizinischen Fachgesellschaften, verbindliche Qualitätskriterien für die multimodale Schmerztherapie im Krankenhaus zu entwickeln", sagt Kleis. Weitere Informationen, Grafiken und Statements zum Arztreport gibt es unter: www.barmer-gek.de/546800.