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Pflegereport der Barmer

Viele Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen sind vermeidbar

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Mehr als 300.000 Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen wären in Nordrhein-Westfalen jährlich potenziell vermeidbar, wenn Patientinnen und Patienten besser versorgt würden. Dafür müsste allerdings ihr individueller pflegerischer und medizinischer Bedarf stärker berücksichtigt werden. „Die Ergebnisse des aktuellen Barmer-Pflegereports legen nahe, dass im pflegerischen Bereich Versorgungslücken bestehen“, sagt João Rodrigues, Landesgeschäftsführer der Barmer in NRW. Im Fokus der Analyse standen unter anderem sogenannte pflegeheim-sensitive Krankenhausfälle (PSK). Damit bezeichnet man Krankenhausaufenthalte, die bei einer entsprechenden Versorgung im pflegerischen Setting beziehungsweise durch den niedergelassenen Bereich potenziell vermeidbar sind. „Hier sprechen wir zum Beispiel von Harnwegsinfektionen. Diese entstehen womöglich, wenn ein Katheter nicht in ausreichender Anzahl und Form gewechselt wird“, ergänzt Rodrigues. Aus dem Report geht ferner hervor, dass die potenziell vermeidbaren Fälle 36 Prozent aller Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen in Nordrhein-Westfalen ausmachen.

Die Zahl der Pflegebedürftigen, die im Krankenhaus behandelt werden, steigt laut Barmer-Report in NRW seit Jahren stetig an. Während der Anteil der pflegebedürftigen Patientinnen und Patienten mit einem Klinikaufenthalt an allen Krankenhausfällen 2017 noch 16,6 Prozent betragen hat, lag er 2022 schon bei 25,5 Prozent.

Mit Blick auf Reformen ist es aus Sicht der Barmer-Analysten unabdingbar, dass der Pflegeberuf eine neue Bedeutung bekommen muss: Pflegefachkräfte sollten verstärkt Aufgaben übernehmen dürfen, die derzeit noch ausschließlich in den Händen von Ärztinnen und Ärzten liegen. „Diese Form der Delegation von ärztlichen Aufgaben kann zu einer besseren Versorgung beitragen“, so der Landeschef der Barmer. Im Rahmen der Entwicklung des neuen Pflegekompetenzgesetzes habe das Bundesgesundheitsministerium bereits gute Ansätze geliefert. „Mit der Aufwertung des Pflegeberufes können wir einerseits eine bessere pflegerische Versorgung erreichen und andererseits den Pflegeberuf attraktiver gestalten, um mehr junge Menschen für das Berufsbild zu interessieren.“

Die Autoren des Pflegereports haben sich außerdem damit befasst, dass ein Krankenhausaufenthalt häufig der Startpunkt einer Pflegebedürftigkeit ist. „Bei 25 Prozent der rund 250.000 Menschen in NRW, die 2022 pflegebedürftig geworden sind, ist ein Krankenhausaufenthalt in einen zeitlichen Zusammenhang zu setzen“, sagt João Rodrigues. Deutlich werde zudem, dass der Krankenhausaufenthalt dieser sogenannten inzident Pflegebedürftigen mit durchschnittlich 14 Tagen länger ist als bei Menschen ohne Pflegebedürftigkeit mit durchschnittlich sieben Tagen. Patientinnen und Patienten, die bei ihrer Einweisung in eine Klinik bereits pflegebedürftig sind, würden im Schnitt elf Tage stationär behandelt. „Die Organisation der Pflege aus dem Krankenhaus heraus stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Dieser Organisationsaufwand kann den Aufenthalt im Krankenhaus also verlängern“, sagt der Landesgeschäftsführer der Barmer.

Um hier Abhilfe zu schaffen, sollten Kliniken die Kranken- und Pflegekassen regelhaft und frühzeitig über Entlassungen aus dem Krankenhaus informieren, so Rodrigues. Ein Baustein hierfür sollte künftig der digitale Datenaustausch über die elektronische Patientenakte sein. „Mit Blick auf eine kurzfristige und erfolgreiche Suche nach einer Einrichtung seitens der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen ist NRW indes schon auf einem guten Weg“, ergänzt der Landeschef der Krankenkasse. „Die Landesregierung befindet sich hier mit dem Portal www.heimfinder.de seit 2020 in einer lobenswerten Vorreiterrolle.“