Therapieabbrüche durch eine sektorenübergreifende Versorgung reduzieren und die Behandlungsqualität weiter verbessern sind Ziele, die Barmer GEK und zwei Krankenhäuser in Westfalen-Lippe mithilfe von zwei Modellvorhaben verfolgen. Der Gesetzgeber sieht vor, dass in jedem Bundesland ein Modellvorhaben zur Versorgung psychisch kranker Menschen durchgeführt wird (§ 64b SGB V). Die Barmer GEK beteiligt sich in NRW gleich an zwei Vorhaben zur Weiterentwicklung der Behandlung von psychisch Kranken.
Therapieabbrüche durch eine sektorenübergreifende Versorgung reduzieren und die Behandlungsqualität weiter verbessern sind Ziele, die Barmer GEK und zwei Krankenhäuser in Westfalen-Lippe mithilfe von zwei Modellvorhaben verfolgen. Der Gesetzgeber sieht vor, dass in jedem Bundesland ein Modellvorhaben zur Versorgung psychisch kranker Menschen durchgeführt wird (§ 64b SGB V). Die Barmer GEK beteiligt sich in NRW gleich an zwei Vorhaben zur Weiterentwicklung der Behandlung von psychisch Kranken.
Konstante Bezugsperson für Patienten
Seit Januar 2014 läuft am St. Marien-Hospital Hamm das Modellvorhaben "Integrative Psychiatrie Hamm (IPH)". Dabei erhalten Patienten für die gesamte Behandlungsdauer einen Arzt als konstante Bezugsperson − egal ob sie nach einem stationären Aufenthalt teilstationär oder ambulant am Krankenhaus weiterbehandelt werden. "Patienten brauchen sich von Therapiebeginn bis -ende nur auf einen Behandler einzustellen. Sie können in Ruhe ein Vertrauensverhältnis aufbauen und sich auf ihre Genesung konzentrieren. IPH soll damit Therapieabbrüchen entgegenwirken", sagt Axel Stauch, Leiter des Krankenhaus-Kompetenz-Center Westfalen-Lippe der Barmer GEK. Die Betreuung im häuslichen Umfeld (Home Treatment) durch eine aus dem Krankenhaus vertraute Person ergänzt das Angebot. Vertragspartner sind sowohl alle gesetzlichen als auch privaten Krankenversicherungen.
Gesundheitsministerium fördert Studie zur Erfolgskontrolle
IPH wird wissenschaftlich evaluiert und mit der Regelversorgung verglichen. Erste Ergebnisse werden für 2016 erwartet. Zusätzlich untersucht in einer vom Gesundheitsministerium und dem Landeszentrum Gesundheit NRW geförderten Studie die Universität Witten/Herdecke über 20 Monate die Ergebnisse aus IHP. Geprüft wird der Erfolg für Patienten, Angehörige und medizinisches Personal. "Das Modell ist ein wichtiger Schritt zu einer sektoren- und professionsübergreifenden Versorgung. Mit der wissenschaftlichen Auswertung leisten wir eine direkte Investition in die Zukunft einer passgenauen, patientenorientierten Versorgung", erklärte Gesundheitsministerin Barbara Steffens am 11. März in einer Pressemitteilung.
Psychiater kommt zum Hausbesuch: PINAH
Das Modellvorhaben "PINAH (Psychiatrie integrativ aus einer Hand)" der LWL Universitätsklinik Bochum soll die ambulante Versorgung psychisch Kranker stärken. Nach Bedarf sucht medizinisches, therapeutisches oder pflegerisches Fachpersonal den Patienten nach seiner stationären oder teilstationären Behandlung zu Hause auf. Patienten können nach Bedarf stundenweise in die Klinik kommen, ohne dort zu übernachten. Auch ohne (Tagesklinik-)Platz ist eine individuelle Therapie möglich — genauso intensiv wie im stationären Rahmen und so lange wie nötig. "In der Regelversorgung hakt oftmals der Übergang von der stationären bzw. teilstationären in die ambulante Behandlung. Kommt es nach der Entlassung aus der Klinik zu einer Krise, ist die Folge ein Drehtüreffekt. Patienten müssen dann erneut stationär behandelt werden", sagt Stauch. Patienten können jederzeit in eine stationäre oder teilstationäre Behandlung wechseln. Nachts und am Wochenende stehen mobile Krisen- und Notfallteams bereit. Stauch: "Patienten profitieren von der Therapie aus einer Hand, etwa in ihrem gewohnten Lebensumfeld. Kurzum: Der behandelnde Psychiater macht auch Hausbesuche."
Nachgefragt und auf den Punkt
Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der Barmer GEK
Welche neuen Ansätze stecken hinter IPH und PINAH?
Im Vordergrund steht hier die individuelle Betreuung von Patienten mit psychischen Erkrankungen. Unsere beiden Modelle setzen bei den sogenannten Schnittstellen an: Sie helfen, den Übergang von teil- und vollstationärer Behandlung im Krankenhaus zur ambulanten Therapie zu erleichtern. Die Patienten haben stets denselben Arzt als Ansprechpartner − in der Klinik und zu Hause. Dies sorgt für Kontinuität in der Therapie und trägt zum Erfolg bei.
Warum sind diese Schnittstellen so wichtig?
Für Patienten ist es vielfach belastend, wenn sie sich nach einem Krankenhausaufenthalt an einen neuen Ansprechpartner gewöhnen müssen. Folge kann etwa ein Therapieabbruch sein. Stationär behandelte Menschen erholen sich oft besser, wenn sie stundenweise im häuslichen Umfeld leben und das Erlebte mit einem Bezugstherapeuten besprechen können.
Was bringen beide Projekte für die Therapie der Zukunft?
Unser Ziel ist es, dass jeder psychisch kranke Mensch künftig eine flexible Versorgung bekommt - und zwar dort, wo sie nötig ist. Das kann in der Klinik oder zu Hause sein. Durch eine stärkere Vernetzung des ambulanten und stationären Sektors machen wir neue Gestaltungsräume in der Versorgung aus. Die Ergebnisse aus den Projekten zeigen uns, wie die Therapie für jeden einzelnen Patienten bedarfsgerecht gestaltet werden kann. Das sind wichtige Schritte hin zu einer personalisierten psychiatrischen Therapie.
PEPP
Das "pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik" (PEPP) soll unter anderem das Leistungsgeschehen transparenter machen. Nach Kritik aus den Fachverbänden soll PEPP nun als krankenhausindividuelles Budgetsystem ausgestaltet werden. Außerdem soll die sektorenübergreifende Versorgung im häuslichen Umfeld der Patienten (Home Treatment) gestärkt werden.
Die Barmer GEK begrüßt die Beibehaltung des Grundsatzes von mehr Transparenz und Leistungsorientierung. Die Stärkung der sektorenübergreifenden Behandlung ist ein wichtiges Signal. Dafür setzt die Barmer GEK weiterhin auf eine sachgerechte Umsetzung von PEPP und auf vertragspartnerschaftliche Lösungen mit den Krankenhäusern.
Umsetzungsstand
Seit Beginn der Umsetzungsphase 2013 haben 237 der 615 psychiatrischen und psychosomatischen Fachkrankenhäuser und -abteilungen bundesweit auf PEPP umgestellt. In NRW wenden 64 von 119 Einrichtungen das neue Entgeltsystem an.