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Kreidezähne bei Kindern: NRW ist laut Barmer-Report trauriger Spitzenreiter

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Düsseldorf, 24. Juni 2021 – Mindestens 450.000 Kinder in Deutschland haben sogenannte Kreidezähne, die behandelt werden müssen. Das entspricht rund acht Prozent aller Sechs- bis Zwölfjährigen, die unter gelblich oder bräunlich verfärbten, porösen und beim Putzen schmerzenden Zähnen leiden. Das geht aus dem aktuellen Zahnreport der Barmer hervor, der sich im Schwerpunkt mit der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), umgangssprachlich Kreidezähne genannt, befasst hat. Im bundesweiten Vergleich ist die Belastung von Kindern durch MIH in Nordrhein-Westfalen am größten. Der Anteil der Kinder mit Kreidezähnen liegt in NRW bei 10,2 Prozent – das entspricht rund 115.000 Kindern in der Altersgruppe zwischen sechs und zwölf Jahren. „Diese Zahlen sind besorgniserregend“, sagt Heiner Beckmann, Landesgeschäftsführer der Barmer in NRW. „Nach Karies sind die Kreidezähne die bedeutendste Zahnerkrankung bei Kindern.“ Zu den regionalen Unterschieden und somit zur traurigen Spitzenposition von NRW liegen den Autoren der Studie von der Technischen Universität in Dresden noch keine Erkenntnisse vor. „Diese Unterschiede können wir noch nicht plausibel erklären“, so Beckmann. „Aus Sicht der Wissenschaftler dürfen diese aber auch nicht überinterpretiert werden.“

Kinder mit Kreidezähnen haben häufiger Antibiotika bekommen

Bei der Ursachenforschung für das Phänomen der Kreidezähne steht die Medizin ohnehin noch am Anfang. Den Autoren des Barmer-Reports ist es aber nun gelungen, einen Zusammenhang zwischen einer MIH-Erkrankung und der Gabe von Antibiotika nachzuweisen. In der Analyse der Abrechnungsdaten hat sich gezeigt, dass Kinder mit Kreidezähnen in den ersten vier Lebensjahren häufig angewendete Antibiotika bis zu etwa zehn Prozent mehr verschrieben bekämen als Gleichaltrige ohne Kreidezähne. „Die Verordnung von Antibiotika steht in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Auftreten von Kreidezähnen. Allerdings ist noch unklar, wie dieses Zusammenwirken genau funktioniert. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich“, so der Barmer-Landeschef. In der Regel würden die Kreidezähne in den Zahnarztpraxen bei Kindern ab einem Alter von sechs Jahren diagnostiziert. Die Mediziner gehen davon aus, dass die ersten bleibenden Backen- und Schneidezähne bereits vor dem Durchbruch erkrankt sind. Daher sei eine Prävention nahezu unmöglich, so Beckmann. Auch die Faktoren Ernährung und Mundhygiene haben nach Ansicht der Autoren keinen Einfluss auf Kreidezähne.

Rückgang bei Antibiotikagabe seit einigen Jahren

„Vor dem Hintergrund, dass Antibiotika Einfluss auf die Bildung von Kreidezähnen haben können, muss erneut auf deren verantwortungsvollen und indikationsgerechten Einsatz hingewiesen werden“, sagt Heiner Beckmann. „Antibiotika sind ohne jeden Zweifel segensreich. Doch die Prämisse lautet, so viel wie nötig und so wenig wie möglich.“ Unabhängig vom Thema Kreidezähne sei man bei der Antibiotikamenge bereits auf einem guten Weg. So habe sich die verordnete Antibiotikagabe bei Kindern bis fünf Jahren zwischen 2005 und 2019 mehr als halbiert. Im vergangenen Jahr sei die Menge noch einmal deutlich gesunken, wohl auch deswegen, weil die Abstands- und Hygieneregeln während der Corona-Pandemie zu weniger sonstigen Infektionen geführt hätten.

Mädchen sind laut Report häufiger betroffen als Jungen

Neben der Ursachenforschung hat der Barmer-Zahnreport eine Bestandsaufnahme zum Phänomen der Kreidezähne gemacht. Betroffen sind demnach häufiger Mädchen als Jungen. Zwischen den Jahren 2012 bis 2019 hatten 9,1 Prozent der Mädchen und 7,6 Prozent der Jungen eine so schwere Form der Kreidezähne, dass sie in zahnärztlicher Behandlung waren. Darüber hinaus bekommen Kinder vergleichsweise selten Kreidezähne, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt noch sehr jung oder schon älter als 40 Jahre alt war. Barmer-versicherte Mütter haben dagegen gut doppelt so häufig Kinder mit Kreidezähnen, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt zwischen 30 und 40 Jahre alt waren. „Obwohl Kreidezähne so häufig auftreten, steht die Forschung dazu noch am Anfang. Wir haben in unseren Analysen verschiedene Zusammenhänge gefunden. Die zugrundeliegenden Mechanismen und Kausalitäten können mit Abrechnungsdaten allein allerdings nicht aufgeklärt werden“, sagt Prof. Dr. Michael Walter, Autor des Barmer-Zahnreports und Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden. „Dazu bedarf es weiterer Forschung. In Kenntnis der Ursachen könnten zukünftig dann auch endlich präventive Maßnahmen möglich werden.“

Barmer will die Forschung weiter unterstützen

Die Barmer hat das Phänomen der Kreidezähne als große Belastung im Bereich der Zahngesundheit im Blick. „Da davon auszugehen ist, dass erkrankte Zähne ein Leben lang behandelt werden müssen, ist die Belastung für die Betroffenen groß“, so Heiner Beckmann. „Zudem unterstreichen die nicht zu unterschätzenden Folgekosten die gesundheitsökonomische Dimension von MIH.“ Daher werde die Barmer weitere Analysen auf diesem Gebiet vornehmen und die Forschung unterstützen.

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Tobias Klingen
Pressesprecher Barmer Nordrhein-Westfalen
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