Düsseldorf, 28. Januar 2022 – Beschäftigte aus Branchen der sogenannten Lieferkette sind weitaus länger arbeitsunfähig als Mitarbeitende anderer Branchen in Nordrhein-Westfalen. So sind Beschäftigte von Post- und Zustelldiensten im Schnitt 32,42 Tage pro Jahr krankgeschrieben – dieser Wert liegt knapp 80 Prozent über dem branchenübergreifenden NRW-Index von 18,01. Weitere Bereiche der Lieferkette, in denen die Beschäftigten gesundheitlich stark belastet sind: „Fahrzeugführung Straßenverkehr“ (30,07 AU-Tage), „Verkauf Lebensmittel“ (26,53) und „Lagerwirtschaft“ (25,72). Diese Daten gehen aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Barmer hervor. Im Berufsatlas des Reports wurden die Arbeitsunfähigkeitsdaten aus dem Jahr 2020 von Mitarbeitenden aus 26 Branchen miteinander verglichen.
Der Rücken und die Psyche machen Zustellern zu schaffen
„Bei den AU-Daten der Beschäftigten von Post- und Zustelldiensten ist auch auffällig, dass sie weitaus länger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig sind als Mitarbeitende anderer Branchen“, ergänzt Heiner Beckmann, Landesgeschäftsführer der Barmer in NRW. So seien Beschäftige der Zustellbranche im Schnitt 5,73 Tage pro Jahr wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig – der branchenübergreifende Wert liege in NRW bei 3,91. „Neben der körperlich starken Belastung haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offenbar auch mit Stress und Termindruck zu kämpfen.“ Die körperlich hohe Belastung zeige sich im Bereich der Zusteller bei den Muskel-Skelett-Erkrankungen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Schnitt 10,92 Tage wegen Rückenproblemen und anderen Erkrankungen arbeitsunfähig – dieser Wert liegt rund 170 Prozent über der NRW-Zahl von 3,99.
Dem Personal in der Pflege geht es nicht gut
Ebenfalls gesundheitlich stark belastet sind laut Barmer-Report die Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege. Altenpflegerinnen und -pfleger fallen im Schnitt 31,39 Tage pro Jahr aus, bei Krankenpflegerinnen und -pflegern sind es 28,43 Tage. „Dem Pflegepersonal geht es nicht gut. Diese Situation dürfte durch die Corona-Pandemie noch einmal verschärft worden sein“, sagt Heiner Beckmann. Schon im Pflegereport 2020 habe die BARMER nachgewiesen, dass NRW-weit jährlich etwa 5.700 Pflegekräfte wegen Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung fehlen – bundesweit seien es rund 26.000.
Psychischer Druck bei Erzieherinnen und Erziehern spürbar
Aus dem Berufsatlas wird ebenso deutlich, dass auch Erzieherinnen und Erzieher deutlich mehr gesundheitliche Probleme haben als Mitarbeitende in anderen Berufen. Beschäftige in der Kinderbetreuung und -erziehung sind 2020 laut Report im Schnitt 26,24 Tage krankgeschrieben gewesen. „Auch hier ist ein psychischer Druck erkennbar“, sagt der Barmer-Landeschef. Erzieherinnen und Erzieher lägen bei den psychischen Erkrankungen mit 6,62 AU-Tagen sogar knapp über dem Wert in der Krankenpflege (6,30). „In dieser Auswertung sprechen wir über Zahlen von 2020. Angesichts der medialen Berichterstattung und den Aussagen aus den Kommunen Ende letzten und Anfang dieses Jahres, dürfte das Problem in Kitas und anderen Einrichtungen noch größer werden“, sagt Heiner Beckmann.
NRW zeigt im Vergleich zum Bund keine Auffälligkeiten
Bei den Daten zur Arbeitsunfähigkeit aller Erwerbstätigen liegt NRW etwa auf dem Niveau der Bundeszahlen. Beschäftigte in NRW waren 2020 laut Auswertung 18,01 Tage arbeitsunfähig gemeldet (Bund: 17,96). Im Vergleich zu 2019 bedeuten diese Zahlen leichte Rückgänge von 0,4 Prozent (NRW) bzw. 1,5 Prozent (Bund). In der Analyse der Diagnosen der Arbeitsunfähigkeit setzt sich der stetige Anstieg der psychischen Erkrankungen fort. 2020 waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in NRW im Schnitt 3,91 Tage wegen einer psychischen Erkrankung dienstunfähig. Im Vergleich zu 2019 (3,85) fällt der Anstieg jedoch moderater aus als der von 2019 zu 2018 (3,47). „Mutmaßlich waren die psychischen Probleme wegen der Pandemie in 2020 größer. Womöglich haben aber einige Bürgerinnen und Bürger aus Angst vor einer Infektion den Weg zum Arzt gescheut“, so der Landesgeschäftsführer.
Übersicht Krankentage der Erwerbstätigen in 2020 in Kreisen/Städten
Gelsenkirchen: 23,20
Herne: 22,62
Bochum: 20,35
Dortmund: 20,34
Mönchengladbach: 19,91
Duisburg: 19,72
Kreis Euskirchen: 19,36
Kreis Viersen: 19,11
Essen: 18,82
Wuppertal: 18,76
NRW: 18,01
Krefeld: 17,92
Kreis Coesfeld: 17,25
Leverkusen: 16,65
Hochsauerlandkreis: 16,52
Stadt Aachen: 16,40
Münster: 15,64
Düsseldorf: 15,33
Bielefeld: 15,33
Köln: 15,15
Bonn: 13,86
Neben diesem Ranking von 20 ausgewählten Kreisen bzw. Städten können Sie auf Anfrage auch Zahlen zu anderen Regionen in NRW bekommen.
Daten von bundesweit etwa 3,8 Millionen Versicherten
Im Rahmen des Gesundheitsreports hat das Barmer Institut für Gesundheitsforschung (bifg) die Daten von rund 3,8 Millionen erwerbstätigen Versicherten in Deutschland ausgewertet. In NRW handelt es sich um rund 933.000 Beschäftigte, die bei der Barmer versichert sind. Dies entspricht etwa 13 Prozent der rund sieben Millionen Sozialversicherungsbeschäftigten in Nordrhein-Westfalen.
Weitere Kennzahlen und Daten können Sie auf der Homepage des Instituts abrufen: Kennzahlen zur Arbeitsunfähigkeit in unterschiedlichen Berufsgruppen (bifg.de)