Werden Abrechnungsdaten der Krankenkassen konsequent in Behandlungsprozesse einbezogen, kann das Leben retten. Dieser Überzeugung ist die BARMER angesichts der Ergebnisse aus dem Projekt „AdAM“.
Mehr Sicherheit bei der Verordnung von Medikamenten
Mit dieser „Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management“ werden behandlungsrelevante Informationen automatisch bereitgestellt, wodurch Ärztinnen und Ärzten das sichere Verordnen von Medikamenten und Therapie-Entscheidungen erleichtert werden. „Es konnte nachgewiesen werden, dass durch Anwendung dieses digital unterstützten Versorgungskonzeptes die Sterblichkeit von Polypharmazie-Patientinnen und -Patienten bis zu 20 Prozent geringer ist“, sagt Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Niedersachsen und Bremen. Die Sicherheit für Patientinnen und Patienten steige massiv, zugleich gebe es eine spürbare Arbeitserleichterung für Arztpraxen und Apotheken. „Es ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Erkenntnisse aus derlei Projekten abgeleitet und in die Regelversorgung überführt werden müssen, ganz gleich in welchem Bundesland sie durchgeführt wurden“, fordert Barmer-Landeschefin Sander. Nicht ohne Grund gebe es mittlerweile auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Transferempfehlung für „AdAM“ in die Regelversorgung.
Sicherheit ohne zusätzlichen Aufwand
Heike Sander spricht beim Projekt „AdAM“, das in der Region Westfalen-Lippe umgesetzt worden ist, gar von einem Meilenstein in der Versorgung der besonders gefährdeten Gruppe der Polypharmazie-Patientinnen und -Patienten, zu der etwa jeder vierte Versicherte gehöre. Bei diesen Menschen, die regelmäßig fünf oder mehr verschiedene Arzneimittel einnehmen, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich Wirkstoffe gegenseitig beeinflussen. Das bringe Gefahren mit sich. „Ohne vollständige Kenntnis der aktuellen Medikation und Vorgeschichte der Patientinnen und Patienten wird die Arzneimitteltherapie zu einem unkalkulierbaren Risiko“, sagt Sander. Beim Verordnen von Medikamenten seien verschiedenste Informationen relevant, trotzdem würden sie Ärztinnen und Ärzten nur selten vollständig und ohne Zeitverzögerung zur Verfügung stehen. Dieses Problem lasse sich einfach lösen, indem Abrechnungsdaten digital, strukturiert und automatisiert bereitgestellt und in den Behandlungsprozess einbezogen werden. „Mit AdAM wurde erstmals nachgewiesen, dass die Nutzung von Routinedaten der Krankenkasse eine bessere Behandlung von Patienten ermöglicht und sogar Todesfälle vermeiden kann. Eine wirklich sichere Arzneimitteltherapie kann nur durch digitale Unterstützung gelingen“, ist Sander überzeugt. Wichtig sei, dass dabei kein zusätzlicher Aufwand für die Leistungserbringenden oder die Patientinnen und Patienten entsteht.
Politischer Wille und Akzeptanz
„Angesichts der Fülle der zu beachtenden Daten immer die bestmögliche Medikamententherapie zu verordnen, ist mit den bisherigen Prozessen der Routineversorgung kaum möglich. Krankenkassendaten sind so offensichtlich nutzenstiftend, dass sie für eine sichere und effektivere Versorgung angewendet werden müssen“, so Heike Sander abschließend. Sie wünsche sich in Sachsen eine aktive Diskussion in Politik und Gesundheitswesen, um aus gemeinschaftlicher Überzeugung Fortschritte zu erzielen für die Versorgung der Menschen im Land. Dazu brauche es neben politischem Willen und Akzeptanz bei Leistungserbringenden auch standardisierte Schnittstellen zwischen Praxis- und Krankenhaussoftware sowie eine Erweiterung der Zweckbestimmung der Abrechnungsdaten der Krankenkasse zur Unterstützung von Behandlungsprozessen.