Der Pflegenotstand in Niedersachsen wird sich nach neuesten Hochrechnungen der Barmer verschärfen. Bis zum Jahr 2030 wird es im Land demnach fast 650.000 Pflegebedürftige geben und 2050 werden es über 800.000 sein, so die Ergebnisse im aktuellen Pflegereport der Krankenkasse. „Die Analysen zeigen einen alarmierenden Zukunftstrend und die Zeit drängt. Bereits heute fehlen Pflegekräfte. Es müssen rasch die Weichen für eine verlässliche und qualitativ hochwertige Pflege gestellt werden“, sagt Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Niedersachsen. Aus Sicht der Barmer müsse der bereits bestehende Arbeitskräftemangel in der Pflege weiter entschlossen bekämpft werden. Im Fokus müsse dabei insbesondere die Ausbildung stehen. Mit der seit 2020 einheitlichen Pflegeausbildung und dem Wegfall des Schulgeldes seien bereits wichtige erste Schritte getan. „Es muss allerdings weiter gezielt für die Ausbildung in der Pflege geworben werden“, so Heike Sander. Eine angemessene Bezahlung sei hier nur ein Schritt. Ebenso wichtig seien bessere Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern.
Finanzielle Überforderung Pflegebedürftiger vermeiden
Entscheidend sei, dass Pflege qualitativ hochwertig und gleichzeitig bezahlbar bliebe. Ein wichtiger Baustein dabei sei, dass das Land Niedersachsen seiner gesetzlichen Pflicht nachkommt, die Investitionskosten zu übernehmen. Bereits dadurch würde eine Entlastung bei den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen erreicht werden. Denn bisher stellen die Pflegeheime die Investitionskosten in der Regel den Bewohnerinnen und Bewohnern in Rechnung. „Das führt nicht selten zur finanziellen Überforderung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. Viele Menschen haben dafür weder eine ausreichende Rente noch entsprechendes Vermögen“, betont Sander. Das wiederum führe zu zusätzlichen Belastungen der Kommunen und Landkreise, die dann Sozialhilfe leisten müssen.
Pflegende Angehörige und deren Belange mitdenken
Entsprechend der laut Barmer-Pflegereport steigenden Zahl an Pflegebedürftigen wird auch die Zahl der pflegenden Angehörigen anwachsen. Schätzungen zufolge werden rund drei Viertel der pflegebedürftigen Menschen von ihren Angehörigen versorgt. Deren Zahl dürfte demnach in Niedersachsen bei aktuell weit über 300.000 liegen. „Mehr als 40 Prozent der pflegenden Angehörigen sind im erwerbsfähigen Alter. Diese Menschen sind ein unverzichtbarer Pfeiler des Pflegesystems. Sie müssen frühzeitig unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden. Unter dem Aspekt des allgemeinen Fachkräftemangels ist die Gesundheit pflegender Angehöriger auch in der Arbeitswelt ein wichtiges Thema“, so Heike Sander. „Generell muss in unserer immer älter werdenden Gesellschaft der Gesundheitsförderung eine zunehmende Bedeutung zukommen“, betont Sander. Präventionsangebote, Gesundheitsförderung und die individuelle Gesundheitskompetenz seien zentrale Stellgrößen, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, allen Menschen ein aktives, selbstständiges und selbstbestimmtes Leben sowie Lebensqualität auch im Alter zu bewahren.
Weiteres Material zum Pflegereport unter www.barmer.de/p017580