In Niedersachsen haben rund 40 Prozent der 17-jährigen Mädchen keine ausreichende HPV-Impfung erhalten, obwohl diese von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen wird. In Bremen liegt der Wert sogar bei fast 55 Prozent.
Bei den Jungen bis 17 Jahren liegt der Anteil ohne entsprechenden Schutz in Niedersachsen bei rund 72 Prozent, in Bremen sogar bei 83 Prozent. Diese Erkenntnisse stammen aus dem aktuellen BARMER Arzneimittelreport, der auf einer Analyse der Versichertendaten basiert.
„Das humane Papillomavirus ist für die Hälfte aller virusbedingten bösartigen Tumore und nahezu in allen Fällen von Gebärmutterhalskrebs die Ursache. Eine HPV-Impfung schützt effektiv vor dieser Krebserkrankung und kann Leben retten“, betont Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Niedersachsen.
Massiver Rückgang der Impfquote nach der Corona-Pandemie
Umso alarmierender sei, dass die Rate der jährlich Geimpften bundesweit zum Ende der Corona-Pandemie hin massiv eingebrochen sei. Vor allem vom Jahr 2021 zum Jahr 2022 habe die Impfaktivität nachgelassen. In diesem Zeitraum sei die Rate bei den Mädchen und jungen Frauen beispielsweise in Niedersachsen um 24 Prozent, bei den Jungen und jungen Männern sogar um rund 33 Prozent gesunken. Ein möglicher Grund für diesen Rückgang könnte ein mangelndes Bewusstsein über die Bedeutung der HPV-Impfung sein.
Auch Jungen profitieren von der Schutzwirkung der HPV-Impfung
Gebärmutterhalskrebs zählt zu den häufigsten Tumorerkrankungen bei Frauen. Die Ursache für diesen Krebs ist fast immer eine HPV-Infektion, die mit einer Impfung vermieden werden kann. HPV-bedingte Krebsarten wie Anal- oder Rachenkrebs können auch bei Jungen und Männern auftreten, wenn auch seltener als bei Frauen. Darüber hinaus können auch beim männlichen Geschlecht sehr unangenehme Genitalwarzen entstehen. Außerdem sind Jungen und Männer potenzielle Überträger des Virus und können mit der Impfung nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Partnerinnen und Partner schützen. „Seit 2018 empfiehlt die STIKO die HPV-Impfung auch für Jungen und junge Männer. Eltern sollten diese Möglichkeit wahrnehmen und ihre Kinder unabhängig vom Geschlecht bereits ab dem Alter von neun Jahren impfen lassen“, erklärt Sander.
Kinderärzte übernehmen zentrale Rolle bei der HPV-Impfung
Laut dem BARMER-Arzneimittelreport hat sich das Impfverhalten der beteiligten Ärztinnen und Ärzte in den vergangenen Jahren geändert. Im Jahr 2015 führten Kinderärzte 50,6 Prozent der Erstimpfungen bei Mädchen durch. Bis 2022 stieg dieser Anteil auf 68,1 Prozent. Im Vergleich dazu blieb der Anteil der Hausärzte konstant, die etwa jede sechste Erstimpfung vornahmen. Bei Gynäkologen hingegen sank der Anteil von 32,7 Prozent im Jahr 2015 auf 18,2 Prozent im Jahr 2022. "Die Empfehlung des Robert Koch-Instituts aus dem Jahr 2014, die HPV-Impfung bereits ab dem neunten Lebensjahr durchzuführen, hat die Rolle der Kinderärzte weiter gestärkt. Sie sind mittlerweile die primären Ansprechpartner für HPV-Impfungen bei Jungen und Mädchen", so Sander.
Zusätzliche Früherkennungsuntersuchung bis zehn Jahre sinnvoll
Um die Akzeptanz und Sensibilität für die HPV-Impfung zu steigern, hält die BARMER die Einführung einer zusätzlichen Kindervorsorgeuntersuchung im Alter von neun bis zehn Jahren (U10) für sinnvoll. Diese Untersuchung könnte gezielt genutzt werden, um den Impfstatus zu überprüfen und Eltern über die Bedeutung der HPV-Impfung zu informieren. „Ein Erinnerungssystem für nicht und unvollständig HPV-Geimpfte kann zusätzlich dazu beitragen, die Impfquote zu erhöhen. Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) könnte hierbei sehr hilfreich sein, um ungeimpfte Kinder zu identifizieren und rechtzeitig über die Impfung zu informieren“, sagt Sander.