Hannover, 14. November 2019 – Emotionale Erschöpfung lässt sich zu 20 Prozent auf digitale Überlastung zurückführen. Das ist eines der Kernergebnisse einer Studie zu gesundheitlichen Effekten des digitalen Wandels der Universität St. Gallen im Auftrag der Barmer. Vorgestellt wurde sie heute beim Barmer-Unternehmerforum in Hannover. „Der digitale Wandel bietet viele Chancen, bringt aber auch Risiken mit sich. Es wird deshalb immer wichtiger für Unternehmen und Führungskräfte, Start-ups und Co-Worker, klare Spielregeln zu finden, wie sich digitales Arbeiten und Gesundheit in Einklang bringen lassen“, so Barmer-Vorstandsmitglied Dr. Mani Rafii zu den 150 Gästen des Forums aus Wirtschaft und Politik im hannoverschen Cavallo. Diskutiert wurde dabei eine Reihe höchst aktueller Fragen. Digital arbeiten und gesund leben – ist das miteinander vereinbar? Führt die moderne Kommunikation auch zu neuen Belastungen? Wirken sich flexible Arbeitszeiten positiv auf die Zufriedenheit aus? Und wie gehen Beschäftigte mit mehr Autonomie und Eigenverantwortung um?
Repräsentative Längsschnittstudie
Im Auftrag der Barmer erstellte die Universität St. Gallen eine repräsentative Längsschnittstudie, die Professor Dr. Stephan Böhm vom Center for Disability and Integration der Universität St. Gallen vorstellte. Befragt wurden dabei 8.000 Beschäftigte, die auf der Arbeit digitale Technik nutzen. Demnach gibt es bei 28 Prozent der Befragten Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben, wenn sie auch in ihrer Freizeit Smartphone, Tablet und PC nutzen. Von denjenigen, die dies nicht machen, klagen lediglich 18 Prozent über diese Konflikte. „Dass sich 26 Prozent aller Beschäftigten unter anderem durch den Einsatz digitaler Technologien nervös und gestresst fühlen, zeigt, wie wichtig ein betriebliches Gesundheitsmanagement ist. Unternehmen sollten dies im Sinne der Belegschaft und im eigenen Interesse ausbauen, damit die Digitalisierung die Arbeit erleichtert und nicht zur Belastung führt“, sagte Rafii.
Alter schützt vor emotionaler Erschöpfung
Ausgelöst wird emotionale Erschöpfung laut der Studie durch die ständige Erreichbarkeit, die Menge an zu verarbeitenden Informationen und den technologischen Anpassungsdruck. Jüngere Beschäftigte nehmen diese Belastungen stärker wahr als ältere Beschäftigte. So fühlen sich 31 Prozent der 18- bis 29-Jährigen, 28 Prozent der 30- bis 39-Jährigen und 25 Prozent der 40- bis 50-Jährigen emotional erschöpft. Bei den 50- bis 59-Jährigen sind es hingegen nur 19 Prozent und bei den über 60-Jährigen nur noch sieben Prozent.
Flexible Arbeitsbedingungen können der Gesundheit dienen
Laut Studie haben 46 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise flexible Arbeitszeiten und -bedingungen, die auch durch die Digitalisierung möglich sind. Dies könne gesundheitsförderlich wirken und die Erschöpfung bei den Beschäftigten reduzieren. Dank flexibler Arbeitszeiten habe sich auch der Präsentismus bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verringert. So seien im Jahr 2018 nur noch 63 Prozent der Beschäftigten krank zur Arbeit gegangen, 14 Prozentpunkte weniger als zwei Jahre zuvor. „Die Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit ist wichtig und zu begrüßen. Auf der anderen Seite nimmt durch flexible Arbeit und Digitalisierung generell auch die digitale Überlastung zu“, so Studienautor Böhm. So hätten 15 Prozent der Befragten angegeben, sich digital überlastet zu fühlen. Daher sei es notwendig, Chancen und Risiken zu berücksichtigen und den Einsatz digitaler Technologien ein gesundes Maß zu begrenzen. Zentral sei die Einführung teambasierter Digitalisierungsspielregeln.