Hannover, 6. September 2018 – Bei der Barmer sind seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes am 10. März vergangenen Jahres bundesweit knapp 6.600 Anträge auf die Kostenübernahme Cannabishaltiger Arzneimittel eingegangen, rund 2.100 davon konnten bewilligt werden. Das geht aus einer Auswertung der Kasse hervor. Insgesamt wurden in Niedersachsen 336 Anträge gestellt, 155 genehmigt. In Bremen wurden lediglich zehn Anträge gestellt, vier davon bewilligt – der niedrigste Wert im Bund. „Wir erwarten, dass Mediziner Cannabis weiterhin als Medikament sehr bewusst einsetzen, nach sorgfältiger Abwägung für jeden Fall individuell“, so Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Niedersachsen und Bremen.
Nutzen oft nicht erwiesen
In Anbetracht der Fallzahlen warnt die Barmer vor übertriebenen Erwartungen. Häufig ist der Nutzen von Cannabis nicht erwiesen. „Um Cannabis als Medizin ist ein Hype entstanden, der nur im Einzelfall berechtigt ist. Cannabis-haltige Arzneimittel dürfen seit dem letzten Jahr bei vielen Erkrankungen verordnet werden, auch wenn deren Wirkung wissenschaftlich nicht hinlänglich erwiesen ist. Knapp 31 Prozent aller Cannabis-Verordnungen wurden von Ärztinnen und Ärzten aus dem neurologisch/nervenärztlichen und psychiatrischen Fachgebiet ausgestellt. „Bei Schmerzen etwa sollte Cannabis möglichst nur als Ergänzung zu bewährten Konzepten wie der multimodalen Schmerztherapie zum Einsatz kommen“, so Sander, mit Blick auf Analysen, wonach im Jahr 2017 mehr als die Hälfte der Cannabis-Verordnungen bei Schmerzen ausgestellt worden sei. Es liege kein klarer Nachweis vor, dass Cannabis bei Tumor-, Skelett- und Muskelschmerzen wirke.
Cannabis-Blüten kaum dosierbar und unverhältnismäßig teuer
Laut Auswertung betrugen die Gesamtkosten der Barmer für Cannabis-Präparate bundesweit rund acht Millionen Euro. Dabei gab es große Kostendifferenzen. „Während etwa im Mai 2018 die Ausgaben für Fertigarzneimittel und Rezepturen im Schnitt zwischen 350 und 721 Euro je Cannabis-Patienten betrugen, beliefen sie sich bei Cannabis-Blüten auf 1.708 Euro“, sagt Sander. Cannabis-Blüten sind nicht nur unverhältnismäßig teuer, sondern in der Praxis auch kaum dosierbar, da es verschiedene Sorten, Stärken und Verabreichungsformen gibt. Blüten sollten daher nicht zum Einsatz kommen, zumal es alternative Cannabis-Präparate mit vergleichbarer Wirksamkeit gibt.