Harald Terpe und René Domke
STANDORTinfo für Mecklenburg-Vorpommern

"Was wäre Ihr Programm als Gesundheitsminister?"

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Am 26. September entscheiden die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes neben der Bundestagswahl auch, welche Partei(en) Mecklenburg-Vorpommern regieren werden. Bündnis 90/Die Grünen MV und FDP MV können darauf hoffen, in der neuen Legislaturperiode an der Regierung beteiligt zu sein. Denn laut aktuellen Umfragen würden 6 Prozent der Menschen im Nordosten die Grünen wählen, 7 Prozent die Liberalen. Wenn sich die Umfragewerte zur Landtagswahl bestätigen, dann gelänge beiden Parteien der Sprung ins Parlament. 

Grund genug, um bei den beiden Spitzenkandidaten Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) und René Domke (FDP) nachzufragen, wie sie die Gesundheitsversorgung in Mecklenburg-Vorpommern zukunftsfähig gestalten würden. Terpe führt  gemeinsam mit seiner Parteikollegin Anne Shepley die Landesliste an. Auch Domke geht als Spitzenkandidat seiner Partei in die Landtagswahl. Wir haben beiden Kandidaten drei Fragen gestellt:

1. Was können wir aus der Pandemie lernen?

Wir waren schlecht auf die Pandemie vorbereitet und die heraufziehenden Wahlkämpfe haben stringente Entscheidungen behindert. Was brauchen wir:
* ein effektives Frühwarnsystem, was von den nationalen Verantwortlichen rechtzeitig Ernst genommen wird.
* eine aktualisierte Pandemieplanung mit klaren Entscheidungsstrukturen und schnelleren Entscheidungen
* aufeinander abgestimmte digitale Melde- und Informationsstrukturen
* national und international verbindliche Entscheidungen zu Materialvorhaltungen und gesicherten schnell aktivierbaren Lieferwegen
* mehr gesunden Menschenverstand und eine verantwortlich agierende Bevölkerung, weniger Hysterie und weniger Fehlinformationen etc.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem ist. Die Chancen des medizinischen und digitalen Fortschritts müssen wir nutzen und das Gesundheitssystem an die demographische Entwicklung und an mögliche zukünftige Pandemien anpassen.
 

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass hinsichtlich der Digitalisierung im Gesundheitsbereich noch erheblicher Nachholbedarf besteht. Wir Freie Demokraten wollen die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch klare und transparente Rahmenbedingungen voranbringen. Dazu benötigen wir offene Standards, Interoperabilität und Datensicherheit. Die Vernetzung zwischen allen Gesundheitsakteuren sowie Patientinnen und Patienten muss digital ausgestaltet sein.
 

Wir Freie Demokraten wollen darüber hinaus die Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen jederzeit gewährleisten. Dazu sind Maßnahmen zu ergreifen, die das Ziel haben, die Herstellung von Arzneimitteln nach Deutschland oder die EU zurück zu verlagern. Im Mittelpunkt stehen dabei der Abbau von Bürokratiepflichten, die Prüfung von Investitionsbezuschussungen für Produktionsstätten, sowie die Prüfung von Zuschüssen zur Gewährung der Versorgungssicherheit.
 

Auch zeigte sich, dass das Robert-Koch-Institut politisch unabhängig arbeiten muss. Die Präsidentin oder der Präsident und ein neu zu schaffender Vorstand sollen in fachlichen Fragen weisungsunabhängig sein. Der Staat muss auf pandemische Notlagen mit verhältnismäßigen Maßnahmen reagieren können. Dazu bedarf es einer klaren rechtlichen Definition. Das RKI darf keine politikabhängige Behörde sein, sondern ist nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank zu einer unabhängigen Institution umzuwandeln.  

2. Wie kann man Qualität in der Gesundheitsversorgung mit Wohnortnähe verbinden?

Ein garantierter barrierefreier Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle und Qualität in der Gesundheitsversorgung dürfen sich nicht ausschließen. Um diesem Grundsatz gerecht zu werden, bietet die Entwicklung von Strukturen einer Sektorenübergreifenden, regionalspezifischen Gesundheitsversorgung gute Voraussetzungen. Es geht dabei um eine integrative vernetzte medizinische Primärversorgung, die die medizinischen Fachberufe einbindet. Der regionalspezifische Ansatz eröffnet die Möglichkeiten den jeweiligen Bedarf besser zu erfassen und andere regionale Besonderheiten, wie Mobilität u.a.m. zu berücksichtigen. Versichertengerecht gilt es die telemedizinischen und digitalen Entwicklungen verantwortungsvoll zu erschließen.

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass jede Patientin und jeder Patient die beste Versorgung erhält. Dafür muss die Gesundheitsversorgung künftig umfassend, regional und patientenzentriert gedacht werden.

Wir wollen die künstliche Sektorenbarriere zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich konsequent abbauen und die Verzahnung und Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickeln. Den Rettungsdienst wollen wir modernisieren und die Notfallversorgungsstrukturen bedarfsgerechter und vernetzter gestalten. Integrierte Gesundheitszentren sollen dabei unterstützen, die regionale Grundversorgung mit ambulanten und kurzstationären Behandlungen zu sichern.

Die Bedürfnisse des ländlichen Raums mit seiner besonderen Versorgungsstruktur sollen durch entsprechende Programme berücksichtigt werden. Wir lassen uns weiterhin vom Grundsatz „ambulant vor stationär“ leiten. Die gesetzlichen Vergütungsregelungen erschweren es derzeit, Behandlungsmethoden aus dem Krankenhaus in den ambulanten Sektor zu überführen. Für die Dauer der Entscheidungsverfahren muss die stationäre Vergütung erhalten bleiben, damit keine Patientin und kein Patient unversorgt bleibt.  

3. Falls Sie nach der Landtagswahl Gesundheitsminister würden, was wäre Ihr Programm für die ersten 100 Tage?

Für jeden, der Verantwortung für das Gesundheitsressort übernimmt, gilt sich bezüglich der Gesundheitsversorgung mit den per Gesetz vorgesehenen Akteuren abzustimmen und dabei den Verpflichtungen des Landes nachzukommen. Erfahrungsgemäß hilft „100-tägiger Aktionismus“ wenig, weil für die sinnvolle Organisation und Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung mit hoher Qualität Vertrauen unter den beteiligten Akteuren gesichert werden muss. Ein wichtiger Impuls bündnisgrüner Gesundheitspolitik soll die unter 2 beschriebene Strukturentwicklung werden.

Das 100-Tage-Programm eines liberalen Gesundheitsministers würde mit der Einsetzung einer Task Force mit dem Auftrag, die Entbürokratisierung des Gesundheitswesens voranzutreiben, beginnen. Bürokratie- und Berichtspflichten würde ich bepreisen. Bezahlen soll sie dann künftig derjenige, der sie anfordert. Seit Jahren klagen sämtliche Akteure im Gesundheitswesen über zunehmende bürokratische Auflagen, die nicht zu einer Verbesserung der Versorgung führen. Im Gegenteil: Es bleibt weniger Zeit für die Patientinnen und Patienten.

Das 100-Tage-Programm besteht zudem aus mehreren Bestandsaufnahmen: Wie sieht die Versorgungslage im ländlichen Raum aus? Wie können zumutbare Wege zu Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern garantiert werden? Wie können medizinische Fachkräfte im Land gewonnen werden? Wie lässt sich der digitale Fortschritt einsetzen, um die Nachteile eines Flächenlands auszugleichen, z.B. mit Telemedizin, elektronischem Rezept oder digitaler Sprechstunde, ohne dass der Anspruch auf den persönlichen Kontakt verloren geht?

Ein weiterer Punkt wäre die nachhaltige Verbesserung der Investitionsfinanzierung für maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.

In den Fokus nehmen würde ich zudem die psychische Gesundheit. Konkret würde ich daran arbeiten, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu reduzieren, den Ausbau von Therapieplätzen zu fördern, die Prävention und Aufklärung zu stärken sowie die Ausbildung der psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten weiterzuentwickeln.
 

Außerdem spreche ich mich für ein liberales Sterbehilfegesetz aus. Es soll klar regeln, unter welchen Voraussetzungen Menschen Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen und leisten dürfen. Es muss auch die Möglichkeit geben, ein letal wirkendes Medikament zu erhalten. Voraussetzung muss sein, dass der Wunsch frei und eigenverantwortlich sowie im Vollbesitz der geistigen Kräfte gebildet wurde. Für mich gilt das Selbstbestimmungsrecht auch am Lebensende.
 

Mehr zu den beiden Spitzenkandidaten: 

Dr. Harald Terpe

Beruf/Tätigkeit: Arzt
Kreisverband: Rostock
Mitglied seit: 2006 (Mitglied bei Bündnis 90 seit 1990)
Funktionen/Mandate: Mitglied der Bürgerschaft HRO seit 1990 bis jetzt (mit Unterbrechung von 1994-1999 und 2017-2019) zunächst als Fraktionsvorsitzender, dann als Präsidiumsmitglied; Mitglied des Deutschen Bundestages von 2005- 2017, temporäre Mitarbeit im Landesvorstand
Geburtsjahr: 1954
Wohnort: Rostock
Familienstand: geschieden
Kinder: 6
(weiteres) bündnisgrünes Engagement: Ortsbeirat Warnemünde,
ehrenamtliches Engagement: Ärztekammer Mecklenburg Vorpommern

Wir Bündnisgrüne haben gemeinsam in Mecklenburg Vorpommern von Beginn an engagiert unsere gesellschaftspolitischen Ziele vertreten, oft bei viel Gegenwind. Zusammen zu stehen, hat uns geholfen und macht uns auch zukünftig stark. Je mehr wir das tun, desto überzeugender werden wir zum solidarischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft beitragen und den Grundgesetzgegnern von rechts mit "grüner" Innen- und Rechtspolitik trotzen können.

Bezüglich der Lösung der drängenden Zukunftsfragen, wie der Klimakrise, der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Gestaltung einer diskriminierungsfreien Teilhabegesellschaft haben wir Kernkompetenz. Uns wird zugetraut, die Konfliktlösungsansätze in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu formulieren.

Ich stehe für unseren ganzheitlichen Politikansatz mit der Erfahrung aus jahrelanger Mitarbeit in den Arbeitskreisen "Wirtschaft und Soziales" und "Bildung, Familie und Gesundheit" sowie als Entwicklungspolitiker und Bioethiker.

Quelle: gruene-mv.de

René Domke

René Domke ist 49 Jahre alt, in der Hansestadt Wismar geboren und bis heute dort zuhause. Nach dem Abitur schloss er das Studium als Diplom-Finanzwirt an der Fachhochschule Kiel ab und arbeitet seit 1991 in der Finanzverwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, seit 2014 im höheren Dienst. 2002 wurde René Domke Kreisvorsitzen der der Jungen Liberalen Mecklenburg-Nordwest und trat im gleichen Jahr in die FDP ein. Im Jahr 2006 wurde er zum ersten Mal in die Bürgerschaft in Wismar gewählt, seit 2014 in den Kreistag Nordwest-Mecklenburg. Seit 2013 ist René Domke der Vorsitzende der Freien Demokraten in Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied im Bundesvorstand seiner Partei.