Schwerin, 21.03.2019 – Ein innovatives Präventionsprojekt für (teil-)stationäre Pflegeeinrichtungen kommt nun auch nach Mecklenburg-Vorpommern: Therapeutische Videospiele sollen den Alltag von Senioren bereichern und ihre Lebensqualität steigern. Über Körperbewegungen können pflegebedürftige Menschen mit der MemoreBox auf einfache Art und Weise ihr Gedächtnis und ihre Beweglichkeit trainieren. Unter der Schirmherrschaft von Sozialministerin Stefanie Drese wurde das Projekt heute in Schwerin vorgestellt.
Die Barmer stattet in diesem Jahr vier Einrichtungen im Land mit der MemoreBox aus. „Die Menschen werden immer älter. Das ist eine gute Nachricht! Wir stellen uns dabei die Frage: Wie kann es gelingen, beim Älterwerden jung zu bleiben? Die Trainingsprogramme der MemoreBox fördern die körperlichen und geistigen Fähigkeiten, bringen Menschen zusammen, nehmen auf Entdeckungsreisen mit und sind auf spielerische Art und Weise herausfordernd“, sagte Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der Barmer in Mecklenburg-Vorpommern, bei der Vorstellung im AWO Seniorenhaus Schelfwerder in Schwerin.
Sozialministerin übernimmt Schirmherrschaft
Egal ob die Sonntagsfahrt mit dem Motorrad, ein Ausflug auf die Kegelbahn oder ins Tanzlokal – das, worauf viele Pflegebedürftige aufgrund ihrer Mobilitätseinschränkungen manchmal viele Jahre verzichten mussten, ist plötzlich mit innovativen Spielen wieder erlebbar. „Ich bin sehr angetan von der Idee. Moderne Technik und Älterwerden schließen sich nicht aus. Derartig innovative Projekte können für die Zukunft der Gesundheitsförderung in der stationären Pflege beispielhaft sein. Das gemeinsame Spielen fördert zudem das Sozialleben und das Zusammengehörigkeitsgefühl“, sagte Schirmherrin Stefanie Drese, Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Positive Ergebnisse der ersten Modellphase
Im Rahmen eines zweijährigen Modellvorhabens hat die Barmer den praxisnahen Einsatz der MemoreBox in Berliner und Hamburger Pflegeeinrichtungen erprobt und einer wissenschaftlichen Begleitung unterzogen. „Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Spiele eine präventive und gesundheitsförderliche Wirksamkeit erzielen konnten. Die Stand- und Gangsicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde gestärkt, Motorik-, Ausdauer und Koordinationsfähigkeiten haben sich verbessert“, erklärte Kutzbach. Videospiele in Alten- und Pflegeheimen sind eine echte Bereicherung. „Menschen jeden Alters haben einen natürlichen Spieltrieb“, so der Barmer-Landeschef.
Ausbau des Projektes
Die guten Ergebnisse aus der ersten Modellphase waren für die Barmer Anlass, die digitalen Gesundheitstrainings in Pflegeeinrichtungen in allen Bundesländern einzusetzen. In den nächsten Monaten werden 100 ausgewählte Pflegeinrichtungen, darunter vier aus Mecklenburg-Vorpommern, an der zweiten Projektphase beteiligt. „Neu ist, dass geschlechtsspezifische Aspekte aufgenommen wurden. Neben der Spielfigur ,Paul' kann jetzt auch ,Anna' als Charakter gewählt werden, die durch das Spiel führen. Damit greifen wir aktiv die Wünsche der Seniorinnen und Senioren und eine Empfehlung der Nationalen Präventionskonferenz auf“, erklärte Kutzbach. Darin heißt es unter anderem, dass bei der Planung und Erbringung von Präventions- und Gesundheitsförderungsleistungen auch geschlechterbezogene Aspekte zu berücksichtigen sind.
Anne-Katrin Otto, Leiterin des AWO Seniorenhauses Schelfwerder, freut sich, dass ihre Einrichtung eine MemoreBox erhält: „Das Konzept hat uns überzeugt, weil durch das Projekt die Erlebniswelten der Senioren und Seniorinnen und unserer Pflege- und Betreuungskräfte miteinander verschmelzen können. Zum einen tauchen die Senioren in die digitale Welt ein. Zum anderen können die Pflegekräfte zusammen mit den Senioren in die Vergangenheit reisen, da viele Elemente der MemoreBox, wie beispielsweise die Musik, die Senioren in vergangene Tage zurückversetzen.“
Wissenschaftliche Entwicklung und Begleitung Die MemoreBox wurde vom Hamburger Digital Health Start-up RetroBrain R&D entwickelt. „Wir möchten mit den therapeutischen Videospielen Freude bereiten und gleichzeitig die körperliche und geistige Fitness fördern“, so Jens Brandis, Projektmanager Key Account bei der RetroBrain R&D GmbH. Die Humboldt-Universität zu Berlin, die seit 2016 die präventiven und gesundheitlichen Aspekte des Videospielens mit der MemoreBox für Seniorinnen und Senioren in Berlin und Hamburg auswertet, wird das bundesweite Präventionsangebot mit weiteren Partnern auch in der zweiten Phase wissenschaftlich begleiten.
Hintergrund
Die Spielekonsole MemoreBox des Digital Health Start-ups RetroBrain R&D GmbH wurde von erfahrenen Experten aus Wissenschaft, pflegerischer Praxis und Spieleentwicklung konzipiert. Die MemoreBox kann an jeden Fernseher angeschlossen und mit Hilfe einer Kinect-Kamera über Gestensteuerung bedient werden. Es handelt sich um eine Zusammenstellung von therapeutischen Gesundheitstrainings, wie z. B. Tanzen, Singen, Kegeln, Tischtennis, Motorrad- oder Briefträgerfahren, die durch Bewegung, Spiel und Spaß die präventiven und gesundheitsfördernden Fähigkeiten der Seniorinnen und Senioren stärken können. Die Trainings integrieren verschiedene therapeutisch-präventiv-rehabilitativ wirksame Elemente, die unter anderem aus Erkenntnissen der Geriatrie, der Neuropsychologie sowie der Physio- und Musiktherapie entwickelt wurden. Die MemoreBox wird neben dem aktuellen Pilotprojekt u. a. bereits an der Charité Berlin (gefördert durch die Stiftung Charité) und am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (gefördert durch die Freie und Hansestadt Hamburg) wissenschaftlich evaluiert.
Das Projekt
Die Barmer und das Digital Health Start-up RetroBrain R&D GmbH starten in die zweite Pilotphase. Gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule Berlin, der Charité Universitätsmedizin Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin werden bundesweit 100 ausgewählte (teil-)stationäre Pflegeeinrichtungen bei der Umsetzung des Präventionsangebotes im Pflegealltag wissenschaftlich begleitet. Es werden die präventiven und gesundheitsfördernden Möglichkeiten der MemoreBox, auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität, körperliche Bewegung, den Erhalt kognitiver Fähigkeiten und genderrelevante Aspekte von Seniorinnen und Senioren untersucht. Hierbei sollen die positiven Ergebnisse der ersten Evaluation durch die Humboldt-Universität zu Berlin überprüft und weitere Fragestellungen aus der Verhaltens- und Verhältnisprävention im Pflegealltag vertieft werden, um digitale Präventionslösungen nachhaltig zu etablieren. Die wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojektes in Hamburg und Berlin lieferte Hinweise, dass die Nutzung der MemoreBox positive Effekte auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität der teilnehmenden Seniorinnen und Senioren hat. Es zeigte sich eine Stärkung der geistigen Leistungsfähigkeit, der Stand- und Gangsicherheit, der Motorik-, Ausdauer- und Koordinationsfähigkeit. Darüber hinaus konnten die soziale Einbindung, Interaktion und Kommunikation positiv gefördert werden als auch das subjektive Schmerzerleben, welches durch das regelmäßige Spielen verringert wurde.
Die RetroBrain R&D GmbH entwickelt seit 2014 therapeutisch-präventiv wirksame Videospiele für gesunde und von Demenz, Parkinson und Schlaganfall betroffene Seniorinnen und Senioren. Das interdisziplinäre Team entwickelte und etablierte als erstes die Digital Health Lösung MemoreBox. Diese Spielekonsole gilt seit 2015 als „a benchmark in the therapeutic gamification industry“ (LIFT Basel).