Schwerin, 20. März 2023 – Die Zeiträume, in denen die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ohne invasive Zahnbehandlungen auskommen, werden immer länger. Insbesondere im mittleren Alter ist ein Anstieg der therapiefreien Zeiten zu verzeichnen. Am längsten sind die Intervalle ohne Behandlungen an Zähnen, Wurzeln und Zahnfleisch aber bei jungen Erwachsenen. Das geht aus dem aktuellen Zahnreport der BARMER hervor. „Die Zahngesundheit der Menschen im Nordosten wird immer besser. Das hat auch mit dem beginnenden Wandel von einer therapiegeprägten hin zur präventionsgeprägten Zahnmedizin zu tun“ sagt Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der BARMER in Mecklenburg-Vorpommern. Dieser Wandel sei zwar noch lange nicht vollzogen, aber die Richtung auf dem Weg dorthin stimme.
Prävention vor Intervention
Den Analysen im BARMER Zahnreport zufolge kommen Zwanzigjährige in Mecklenburg-Vorpommern im Schnitt rund dreieinhalb Jahre ohne Eingriffe durch den Zahnarzt oder die Zahnärztin aus. Im Vergleich der Jahre 2012 und 2020 ist dieser Zeitraum sogar noch um zwei Monate angewachsen. Einen noch deutlicheren Anstieg der therapiefreien Zeit zeigen die Daten bei 40-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern. Diese kamen im Jahr 2012 durchschnittlich etwas mehr als 11 Monate ohne invasive Zahntherapie aus. Im Jahr 2020 betrug die therapiefreie Dauer bereits über 15 Monate, ein Anstieg um über 36 Prozent. Auch bei Personen im Alter von 60 Jahren wachsen die Intervalle, in denen keine Eingriffe an den Zähnen notwendig sind. Durchschnittlich 12 Monate dauerten sie im Jahr 2012, im Jahr 2020 waren es 13 Monate. „Der Wandel hin zu einer nachhaltigen Zahnmedizin sollte konsequent weiterverfolgt werden, denn Prävention muss Vorrang vor Intervention haben“, sagt BARMER-Landeschef Kutzbach.
Drei Viertel gehen regelmäßig zur Kontrolle
Einfluss auf den Wandel der Zahnheilkunde von Kuration zur Prävention haben aus Sicht von Kutzbach neben Zahnärztinnen und Zahnärzten auch die Versicherten. Inanspruchnahmeverhalten und eigene Bemühungen zum Erhalt der Mundgesundheit seien wesentliche Faktoren und Teil der individuellen Gesundheitskompetenz. Der BARMER Zahnreport stellt hierzu fest, dass in Mecklenburg-Vorpommern mehr Menschen regelmäßig zum Zahnarzt gehen als in den meisten anderen Bundesländern. Insgesamt 73,8 Prozent der Versicherten waren 2020 mindestens einmal beim Zahnarzt oder der Zahnärztin. Die höchste Quote hat Sachsen (74,4 Prozent). Am wenigsten waren die Menschen aus dem Saarland (62,5 Prozent) beim Zahnarzt. „Jährliche Kontrolluntersuchungen sind wichtig. Denn umso früher Zahnerkrankungen festgestellt werden, desto besser lassen sie sich behandeln“, sagt Henning Kutzbach. Nicht ohne Grund gebe es Bonusprogramme der Krankenkassen, mit denen die lückenlose Zahnvorsorge belohnt wird.
Geschlechterunterschiede bei Zahngesundheit
Was der BARMER Zahnreport auch offenbart ist, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Demnach sind Männer die meiste Zeit des Lebens deutlich öfter langfristig therapiefrei als Frauen. Erst ab dem Alter von 70 Jahren kehrt sich das Geschlechterverhältnis um. „Frauen nehmen offenbar mehr zahnärztliche Leistungen in Anspruch als Männer“, stellt Henning Kutzbach fest. Was nicht bedeute, dass Frauen schlechtere Zähne hätten. Das Gegenteil könnte der Fall sein, da Männer schon ab dem Alter von 25 Jahren kontinuierlich mehr Zähne verlieren als Frauen. „Geschlechtersensible Medizin ist auch in der Zahnheilkunde sicher ein Thema. In Zukunft gilt es, verstärkt auf genderspezifische Zugänge und Anreize zu setzen, um die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern verringern zu können“, so Kutzbach.
Weitere Ergebnisse aus dem Zahnreport:
Im Jahr 2020 haben in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 633.000 Frauen zahnärztliche Leistungen in Anspruch genommen, bei den Männern waren es über 556.000. Demnach waren 77,5 Prozent der Frauen im Nordosten wenigs¬tens einmal beim Zahnarzt, bei den Männern hingegen 70,7 Prozent.
Bei Babys und Kleinkindern bis zum Ende des vierten Lebensjahres liegt die In¬anspruchnahme bei 44,4 Prozent. Demnach fand bei mehr als jedem zweiten Kind dieser Altersgruppe keine zahnärztliche Untersuchung statt. Im Jahr 2013 fiel die Inanspruchnahme mit 35 Prozent noch deutlich geringer aus. Seitdem ist ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen, was auch auf die Einführung von zwei weiteren kostenlosen Früherkennungsuntersuchungen im Kleinkindalter zu¬rückzuführen ist.
In der Altersgruppe der Fünf- bis Neunjährigen waren 79 Prozent mindestens ein¬mal beim Zahnarzt. In den letzten fünf Jahren ist die Inanspruchnahme dieser Al¬tersgruppe zwar nur leicht, jedoch kontinuierlich zurückgegangen. So waren im Jahr 2015 noch 80,3 Vorschul- und Schulkinder beim Zahnarzt, im Jahr 2018 wa¬ren es 79,8 Prozent. Bei den Zehn- bis 14-Jährigen ist der Rückgang noch deutlicher: Im Jahr 2020 haben 81,3 Prozent wenigsten einmal zahnärztli¬che Leistungen in Anspruch genommen. Im Jahr 2015 lag dieser Wert noch bei 85 Prozent, im Jahr 2018 bei 83,2 Prozent.
Kieferorthopädische Leistungen wurden vor allem von Kindern und Jugendlichen in Anspruch genommen. Die höchste Inanspruchnahme gab es bei den Zehn- bis 14-Jährigen (41,2 Prozent). Dabei lag der Anteil der Mädchen mit einer kieferorthopädischen Behandlung mit 45,7 Prozent deutlich höher als bei den Jungen mit 37,0 Prozent.