Ausschnitt einer Person mit Tabletten in der Hand
Pressemitteilung der BARMER in Mecklenburg-Vorpommern

BARMER Arzneimittelreport: Schmerzmitteltherapie oft unnötig riskant

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Hagenow, 30. November 2023 – Patientinnen und Patienten in Mecklenburg-Vorpommern bekommen häufig für sie ungeeignete Schmerzmittel verordnet. Das geht aus dem Arzneimittelreport 2023 der BARMER hervor. Er untersucht die medikamentöse Schmerztherapie von ambulant behandelten BARMER-Versicherten ab 18 Jahren ohne Tumordiagnose. Demnach hat in Mecklenburg-Vorpommern etwa jeder dritte Erwachsene (34,8 Prozent) dieser Personengruppe im Jahr 2021 mindestens ein Schmerzmedikament ambulant verordnet bekommen. Hochgerechnet entspricht das 427.000 Menschen im Land. Bedenklich dabei ist, dass beispielsweise rund 14.600 Versicherten trotz Herzinsuffizienz nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac verschrieben wurden. Dabei raten medizinische Leitlinien davon ab, da auch ein nur kurzer Einsatz von Schmerzmedikamenten die Leistung des Herzens deutlich verschlechtern kann. Durch eine inadäquate Schmerzmitteltherapie kann es sowohl zu vermehrten Krankenhausaufenthalten als auch zur Steigerung des Sterberisikos kommen. „Gerade die Kombination vermeintlich harmloser Schmerzmittel kann fatale Folgen haben. Die meist durch mehrere Ärztinnen und Ärzte verordnete Therapie ist ohne digitale Unterstützung kaum mehr überschaubar“, sagt Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der BARMER in Mecklenburg-Vorpommern. Er fordere den konsequenten und verbindlichen Einsatz digitaler Helfer in der Arzneimittel-Versorgung, um den Überblick über die Gesamtmedikation und alle Neben- und Wechselwirkungen zu behalten.

Riskante Medikamenten-Kombinationen gerade bei Älteren

Der Arzneimittelreport zeigt, dass Frauen in Mecklenburg-Vorpommern je nach Altersgruppe zehn bis 25 Prozent häufiger als Männer Schmerzmittel¬Verordnungen erhalten. Darüber hinaus ist die Verordnungshäufigkeit von Schmerzmitteln deutlich altersabhängig: Bei den Versicherten ab 80 Jahren hat mindestens jeder Zweite eine entsprechende Verordnung bekommen. Insbesondere bei den hoch-betagten Menschen kann dies schnell zu Problemen führen. So sollten Betroffene mit eingeschränkter Nierenfunktion NSAR nicht einnehmen, weil diese zu plötzlichem Nierenversagen führen könnte. Aus dem Arzneimittelreport geht allerdings hervor, dass der Anteil an Patientinnen und Patienten mit Niereninsuffizienz, die Schmerzmittel einnehmen, in der Altersgruppe der 80-Jährigen dreißigmal höher ist als bei den unter 65-Jährigen. Dies ist umso bedenklicher, da der Report das tatsächliche Ausmaß der Schmerzmitteleinnahme nicht komplett abbilden kann. Denn Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac und Co. sind auch rezeptfrei erhältlich. Behandelnden Ärztinnen und Ärzten fehlt die Kenntnis über diese Medikamenteneinnahme, wenn Patienten nicht berichten, dass sie rezeptfreie Präparate einnehmen. „Risiken der Selbstmedikation dürfen gerade bei Schmerzmitteln nicht unterschätzt werden. Sichere Selbstmedikation ist daher ein wichtiges Thema, bei dem die BARMER im Rahmen ihrer elektronischen Patientenakte eCare ihre Versicherten patientenspezifisch unterstützt“, sagt Kutzbach. 

Anteil erwachsener Versicherter aus MV mit mindestens einer Schmerzmittel-Verordnung

Multimodale Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen 

Aus dem Arzneimittelreport der BARMER geht weiter hervor, dass verhältnismäßig viele Menschen in Mecklenburg-Vorpommern langfristig mit Schmerzmitteln behandelt werden. Dabei wird die kontinuierliche Behandlung mit Schmerzmedikamenten über einen Zeitraum von mindestens 91 Tagen als Langzeittherapie definiert. Im Ergebnis erhielten im Jahr 2021 eine entsprechende Langzeittherapie 5,1 Prozent der Männer, was hochgerechnet 31.000 Personen entspricht. Bei den Frauen waren es 7,3 Prozent beziehungsweise hochgerechnet 45.000 Personen. „Bei einer Langzeittherapie mit Schmerzmitteln ist es umso wichtiger, Neben- und Wechselwirkungen aller Medikamente zu überblicken“, sagt Dr. Kay Niemier, Leiter des Rücken- und Schmerzzentrums an den LUP-Kliniken. Es bestehe die Gefahr von Magen- und Darmblutungen, Nierenschäden sowie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Chronische Rückenschmerzen seien ein Erkrankungsbild, bei welchem meist langfristig Schmerzmittel zum Einsatz kämen. Dabei gebe es keinen eindeutigen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass allein NSAR oder Opioide als Schmerzmittel bei chronischen Rückenschmerzen Linderung bringen. „Gerade im Verhältnis einer höchstens geringen Wirksamkeit von Schmerzmitteln bei chronischen Rückenschmerzen sind die potenziellen Nebenwirkungen zu hoch“, so Dr. Niemier. Mittel der Wahl sei stattdessen eine interdisziplinär-multimodale Schmerztherapie, welche verschiedene Elemente wie etwa Sport- und Psychotherapie sowie spezielle Schmerzbehandlung beinhaltet.

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