Die Sektoren der gesundheitlichen Versorgung dürfen nicht länger von einer künstlichen Grenze getrennt werden. Das forderte Barmer-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Christoph Straub in Wiesbaden. Die Barmer Landesvertretungen Hessen und Rheinland-Pfalz/Saarland hatten zum mittlerweile dritten gemeinsamen Länderforum eingeladen, um mit Expertinnen und Experten über Wege und Chancen einer besseren Koordination und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zu diskutieren.
Bruchstellen und Informationsverlust an den Schnittstellen
Mit seiner Forderung steht Prof. Dr. Straub nicht allein. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe kam kürzlich mit folgender Botschaft nach Frankfurt: Die Zusammenarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen muss besser werden. Für den Barmer Vorstandsvorsitzenden ist die sektorenübergreife und am Patientennutzen ausgerichtete Versorgung deshalb eine der bestimmenden Herausforderungen der Gesundheitspolitik in der kommenden Wahlperiode. Noch immer behindern die Schnittstellen der Sektoren oft eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Versorgung, so Straub. In der Praxis führe dies zum Beispiel zum Verlust wichtiger Informationen und verzögere notwendige Behandlungen. Medizinische Versorgung sektorenübergreifend zu organisieren beginne bei einer übergreifenden Bedarfsplanung und schließe ein, dass die fachärztliche ambulante Versorgung und die stationäre Grund- und Regelversorgung im Schnittstellenbereich gleich vergütet werden.
Mit Dr. Gerald Gaß (Vorsitzender Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz), Prof. Dr. Ferdinand Gerlach (Vorsitzender des Sachverständigenrates), Bettina Müller (MdB im Ausschuss für Gesundheit) sowie Dr. Eckhard Starke (stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Hessen) diskutierten auf dem Podium Gäste aus der Praxis, Wissenschaft und Politik. Von bereits guten Versorgungskonzepten aus Hessen und Rheinland-Pfalz/Saarland wurde berichtet. Doch Einigkeit bestand im Wesentlichen darin, dass es sich dabei meistens um nicht abgestimmte Einzelmaßnahmen oder um rein regionale Insellösungen handele. Für alle Akteure bleibe der Druck, Veränderungen in der Gesundheitsversorgung endlich in Angriff zu nehmen. Denn die Schere zwischen einer medizinischen Überversorgung in Metropolregionen und einer Unterversorgung im ländlichen Raum klaffe immer weiter auseinander.
Doppelbelastungen im System vermeiden
Mit einem Blick auf Rheinland-Pfalz und dem Saarland gerichtet meinte Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer Rheinland-Pfalz/Saarland:“ Das Angebot der medizinischen Versorgung muss besser aufeinander abgestimmt werden. Das ist der Schlüssel für die Lösung aktueller und künftiger Versorgungsfragen. Die Ressourcen im Gesundheitswesen sind knapp. Darum müssen Doppelbelastungen des Systems vermieden werden.“
Martin Till, Leiter Verträge der Barmer in Hessen, verwies auf verschiedene Ansätze und Initiativen sektorenübergreifender Kommunikation und Versorgung in seinem Bundesland. Seit mehreren Jahren unterstütze der Hessische Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung das interdisziplinäre Zusammenwirken von Gesundheits- und Pflegeberufen sowie die Entwicklung regionalspezifischer Versorgungskonzepte.
Beide Landesvertreter betonten: Auch wenn vieles in den bundesrechtlichen Regelungsbereich fällt, gibt es auf den Landesebenen und in den Regionen zahlreiche Ansatzpunkte für sektorenübergreifende Planungsprozesse und Versorgungskonzepte. Die entsprechenden Landesgremien müssen dieses Engagement flankieren. „Lokale Zukunftswerkstätten“ wie in Rheinland-Pfalz oder die hessischen „Gesundheitskonferenzen“ könnten hier wertvolle Impulse setzen. Bei der Krankenhausplanung wünschten sie sich, dass für eine sektorenübergreifende Versorgung die entsprechende Perspektive eingenommen werden muss. So könnten die ambulanten Versorgungsstrukturen bei der Bemessung des Versorgungsbedarfs miteinbezogen werden.